Libra: Alles Wichtige zu Facebooks Mega-Krypto-Projekt – Wird der Libra-Coin eine globale Währung?
Mark Zuckerberg will die Finanzwelt umkrempeln: Facebook hat eine neue globale Währung erschaffen, ein Bezahlsystem, welches die Art und Weise, wie sich Geld hin und her bewegt, verändern soll. Die Kryptowährung mit dem Namen Libra basiert ähnlich wie der Bitcoin auf der Blockchain-Technologie, soll aber ohne Kursschwankungen auskommen. Das Unternehmen baut dafür ein Konsortium aus dutzenden verschiedenen Partner-Konzernen auf, um das Libra-Ökosystem zu realisieren. Der Libra-Coin soll darin so einfach versendet werden können, wie heute Textnachrichten oder Fotos.
Der Libra-Coin – Alle wichtigen Infos
Einführung und Herkunft: Die Einführung der neuen digitalen Währung ist für das erste Halbjahr 2020 geplant. Sie wird von einer gemeinnützigen Organisation, der Libra Association, mit Sitz in Genf, Schweiz, betrieben. Ihr Ziel ist es laut Facebook, allgemein zugänglich, stabil und sicher zu sein.
Technologie: Der Libra-Coin ist eine Kryptowährung, die auf einer “permissioned” Blockchain laufen wird. Das bedeutet, dass ein paar Dutzend Nodes bestimmen, welche Transaktionen gültig sind. Die Notes, also die „Transaktionsüberprüfungsknoten“ werden von den Firmen betrieben, die Teil des Libra-Konsortiums sind.
„Es basiert auf einer sehr skalierbaren, hocheffizienten Blockchain, die viele tausend Transaktionen pro Sekunde ausführen kann. Und es wird durch Bankeinlagen und Staatsanleihen wie den US-Dollar abgesichert, sodass die Volatilität gering ist “, sagt Anchorage-Präsident und Mitbegründer Diogo Monica (Anchorage ist Teil des Konsortiums). „Der Verband hat so viele große Akteure, die bereits Beziehungen haben, was das Henne-Ei-Problem der Adoption löst.“
Preis: Bisherige Blockchain-Währungen wie Bitcoin sind für ihre massiven Kursschwankungen berüchtigt – das ist etwas, was Facebook bei Libra unbedingt vermeiden wollte. Deshalb wird Libra in vollem Umfang durch einen Reservefonds mit verschiedenen Währungen wie Dollar, Euro und Yen gedeckt sein. „Wenn zum Beispiel jemand Libra für 100 Euro kauft, fließen diese 100 Euro in die Reserve“, heißt es seitens Facebook.
Die Libra Association werde zudem festlegen, in welchem Verhältnis Währungen und Wertpapiere wie Anleihen in der Reserve gehalten werden, um für einen stabilen Kurs zu sorgen. Somit fällt Libra am ehesten in den Bereich „Stable Coins“. Diese Art von Coins sind eins zu eins mit einer normalen Währung gedeckt.
Herstellung: Auch wird Libra anders als der Bitcoin nicht von „Minern“ erstellt, sondern muss bei Mitgliedern des Konsortiums oder auf Handelsplattformen erworben werden. Libra Coins kommen in den Umlauf, wenn Vermögenswerte der Libra Reserve hinzugefügt werden. Sie werden zerstört, wenn diese Vermögenswerte wieder entnommen werden.
Adaption: Der Libra-Code wird „Open Source“ sein. Das heißt, dass jeder einen Dienst oder eine App erstellen kann, der bzw. die die Währung verwendet. Die Wallets, die für die Nutzung des Dienstes entwickelt wurden, sind interoperabel, sodass Sie Geld von der Calibra-Wallet von Facebook an jedes andere System senden können, das Libra akzeptiert.
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Wie verwendet man die Währung?
Für Verbraucher soll es einfach sein, das Geld zwischen Libra und anderen Währungen zu tauschen und Transaktionen damit auszuführen. So soll man Libra-Überweisungen zum Beispiel direkt in Facebooks Chatdiensten WhatsApp und Messenger ausführen können. Mit einer Verknüpfung zum Bankkonto sollen Libra auch direkt auf dem Smartphone in andere Währungen umgetauscht werden können.
Zur Aufbewahrung und Nutzung von Libra werden verschiedene Anbieter digitale Brieftaschen, sogenannte Wallets, aufsetzen können. Facebook will nur einer von vielen Wallet-Anbietern sein, dafür gründete das Online-Netzwerk die Tochterfirma Calibra. „Facebook und Calibra werden keine besonderen Rechte oder Vorteile haben, obwohl wir den gesamten Quellcode für die Blockchain und die Transaktionen geschrieben haben“, heißt es. Facebook steht insbesondere nach dem Skandal um Cambridge Analytica unter massivem Druck, den Datenschutz zu verbessern.
Nutzer können in dem Libra-System unter Pseudonymen agieren und mehrere Zugänge haben. „Transaktionen enthalten keine Verbindung zur Identität der Nutzer in der realen Welt“, hieß es in einem Papier.
Calibra-Wallet: Facebooks Calibra ist eine digitale Geldbörse (Wallet), die als eigenständige App verfügbar und in Messenger und WhatsApp integriert sein wird. Laut Facebook soll es jedem möglich sein, Geld kostenlos auf seinem Telefon zu speichern und es den Menschen zu ermöglichen, Libra-Coins auf der ganzen Welt ohne Gebühren für Verbraucher sicher zu senden und zu empfangen, obwohl Facebook „sehr niedrige“ Gebühren für Händler in Betracht zieht.
In der Anfangszeit dürfte das Digitalgeld vor allem für Überweisungen zwischen verschiedenen Währungen eingesetzt werden. Damit würde Libra mit Diensten wie Western Union oder Moneygram konkurrieren, die für internationale Überweisungen hohe Gebühren verlangen. Die Vision sei aber, Libra schließlich zu einem vollwertigen Zahlungsmittel für alle Situationen zu machen.
Das brisante Thema Datenschutz und Regulierung
Facebook werde keinen Zugang zu den Transaktionsdaten haben, versicherte der für das Projekt zuständige Facebook-Manager David Marcus. Verbraucher interagieren nicht mit der Libra Association, sondern nur über eine digitale Geldbörse oder einen Betreiber mit Libra. Für Personen, die Libra nicht über eine Kreditkarte oder ein digital verknüpftes Konto digital erwerben können, erwartet Marcus, dass Unternehmen in Schwellenländern Standorte schaffen, an denen Libra gegen Bargeld eingetauscht werden kann.
Die Ankündigung erfolgt, nachdem Facebook mit einer Reihe von Datenschutzproblemen konfrontiert wurde, die echte Fragen darüber aufwerfen, ob die Menschen der sozialen Plattform ihre Finanzinformationen anvertrauen. Laut Marcus ist es deshalb so wichtig, dass Facebook nicht die Kontrolle über die Währung hat.
„Es klingt vielleicht sehr kontrovers, aber es gibt keinen besseren Weg, um die Entwicklung unseres Denkens zu demonstrieren, was wir kontrollieren sollen und was wir nicht kontrollieren sollen und können“, sagte Marcus. „Ein Netzwerk, mit dem Milliarden von Menschen Geld auf der ganzen Welt bewegen können, sollte nicht von uns kontrolliert werden können.“
Die übliche Regulierung – also zum Beispiel Maßnahmen gegen Geldwäsche – werde auf Ebene der Wallets greifen, sagte Marcus. „Wir haben mit Regulierern rund um die Welt gesprochen.“ Für Unternehmen, die Gründungsmitglieder der Libra-Allianz werden wollen, wurde eine Hürde gesetzt: Sie müssen einen Marktwert von mindestens einer Milliarde Dollar oder mehr als 20 Millionen Kunden haben. Mitglieder müssen mindestens zehn Millionen Dollar investieren.
Wer ist Teil des Ökosystems?
Um das große Ziel einer digitalen Vollwährung zu erreichen, hat Facebook eine Allianz geschmiedet, die Libra Association. Diese Allianz und nicht Facebook soll das Digitalgeld verwalten. Unter den aktuell 28 Mitgliedern sind die Finanzdienstleister Visa, Mastercard, Paypal und Stripe – was die Integration in Bezahlsysteme erleichtern dürfte.
Mit an Bord sind unter anderem auch Vodafone und Ebay, die Reisebuchungs-Plattform Booking.com sowie der Musikstreaming-Dienst Spotify und die Fahrdienst-Vermittler Uber und Lyft. Beteiligte Risikokapital-Investmentunternehmen haben Erfahrung mit digitalen Zahlungen: Andreessen Horowitz, Breakthrough Initiatives, Ribbit Capital, Thrive Capital und Union Square Ventures. Gemeinnützige und akademische Organisationen an Bord sollen Menschen helfen, die keinen Zugang zum Bankgeschäft haben: Creative Destruction Lab, Kiva, Mercy Corps und Women’s World Banking. Und vier Blockchain-Unternehmen sind beteiligt: Anchorage, Bison Trails, Coinbase und Xapo Holdings.
Zum Libra-Start im Jahr 2020 hoffe er auf mehr als 100 Mitglieder, sagte Marcus. Facebook werde keine Sonderrolle in der Organisation haben. Facebook lässt keinen Zweifel daran, dass Libra am Ende eine globale Währung werden soll, mit der man genauso wie mit dem heutigen Geld alles und überall kaufen kann – egal, ob online oder in einem Laden. Zugleich schränkte Marcus ein: „Ich denke, dass jede neue Währung viel Zeit brauchen wird, um so groß zu werden wie eine existierende nationale Währung einer großen Volkswirtschaft.“ Ein Grund dafür sei, dass in der entwickelten Welt die Bezahlwege bereits mit den heutigen Möglichkeiten gut eingespielt seien. „Zumindest in den nächsten zehn Jahren werden wir alle noch unsere Gehälter bekommen und Steuern zahlen in der Währung der Länder, in denen wir leben.“ Zugleich gebe es aber auch Länder mit hoher Inflation und schlecht ausgebauten Banksystemen – und dort könne eine Digitalwährung wie Libra eine viel größere Rolle spielen, „weil sie eine Lösung für viele Probleme bieten kann“. In China wird Libra nicht verfügbar sein.
Der Unterschied zu Bitcoin
Die bekannteste Blockchain-Währung Bitcoin ist anders organisiert: Bei ihr werden die Einheiten durch mathematische Berechnungen auf den Computern der Nutzer generiert – „geschürft“, wie es im Fachjargon heißt. Dabei ist die Gesamtzahl der Bitcoin, die produziert werden können, beschränkt. Und die Berechnungen dafür werden immer komplexer. Inzwischen braucht man Hochleistungscomputer, um Bitcoin zu erstellen, daher schürfen derzeit vor allem kommerzielle „Minining-Farmen“. Das steigert den Energieverbrauch und das knappe Angebot kann für Preis-Sprünge sorgen. In der Spitze kostete ein Bitcoin Ende 2016 bis zu 20.000 Dollar – dann folgte der Einbruch. Inzwischen arbeitete sich der Bitcoin auch dank Gerüchten über Facebooks Pläne wieder an die Marke von 9000 Dollar vor.
Bei einer Blockchain werden verschlüsselte Daten über Transaktionen aneinandergereiht und an verschiedenen Orten gespeichert. Durch einen Abgleich würden eventuelle Änderungen auffallen, was für Sicherheit sorgt. Facebook sei es bei seinem System gelungen, bekannte Probleme der Technologie wie Langsamkeit zu lösen. Bei Libra komme es auch nicht zu dem hohen Energieverbrauch wie bei Bitcoin. „Wir haben eine Blockchain entwickelt, die sich an die Anforderungen von Milliarden Menschen anpassen kann“, sagte Marcus. Facebook entwickelte für das System auch eine neue Programmiersprache mit dem Namen Move.
Marcus war vor seinem Wechsel zu Facebook Chef des Bezahldienstes Paypal. Beim Online-Netzwerk war er zunächst für den Chatdienst Messenger verantwortlich, bis ihn Zuckerberg mit dem Blockchain-Projekt betraute.
(onvista/dpa-AFX)
Titelfoto: Gil C / Shutterstock.com
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