Merck: Bleibt die Aktie nach den Zahlen auf der Überholspur? – Schon 25 Prozent Zuwachs im laufenden Jahr!
Die Papiere des Pharma- und Spezialchemiekonzerns gehören in diesem Jahr zu den besten Titeln, die der deutsche Leitindex zu bieten hat. Mit einem Plus von mehr als einem Viertel seit Jahresanfang haben sich nur die Aktien von der Deutschen Bank, Infinieon und Delivery Hero besser präsentiert. Morgen – Donnerstag, 12. November – berichtet Merck über den Verlauf seiner Geschäfte im dritten Quartal. Beobachter rechnen mit „starken Zahlen“. Damit könnte die Aktie ihre gute Performance bis zum Jahresende fortsetzen
Corona Pandemie macht sich bemerkbar
Hatte Merck zum Jahresstart noch der Corona-Krise getrotzt, hinterließ die Pandemie im weiteren Verlauf in einigen Geschäftsfeldern Spuren: Im zweiten Quartal ging das Betriebsergebnis des Konzerns zurück, trotz leichter Umsatzzuwächse. Allerdings belebte sich das Geschäft in vielen Bereichen bereits zum Quartalsende im Juni wieder, wie Konzernchef Stefan Oschmann berichtete. Der Vorstand hat daher bereits zur Halbjahresbilanz seinen wenige Monate zuvor gedämpften Ausblick für 2020 wieder etwas angehoben.
Die seit Jahren brummende Laborsparte zeigte sich bisher selbst in der Corona-Pandemie robust. Im ersten Halbjahr war sie der wichtigste Wachstumstreiber im Konzern und profitierte zuletzt von einer steigenden Nachfrage im Zusammenhang mit der Forschung an einem Corona-Impfstoff. Einbußen gab es hingegen in der Pharmasparte. Dort kam etwa das wichtige Geschäft mit Fruchtbarkeitsbehandlungen ins Stottern, weil Praxen und Kliniken zeitweise geschlossen blieben.
Schwer getroffen hat Corona auch Mercks Sparte für Spezialmaterialien, die sich von ihren Wachstumszielen für 2020 komplett verabschieden musste. So leidet das Geschäft mit Farbpigmenten unter der schwachen Nachfrage vor allem aus der Auto- und Kosmetikindustrie. Zudem kämpft Merck wegen asiatischer Konkurrenz schon länger mit Einbußen im Geschäft mit Flüssigkristallen, die etwa für Displays und Smartphones verwendet werden. Im Geschäft mit Halbleitermaterialien, auf das der Konzern sich zunehmend fokussiert, konnte Merck zuletzt aber aufdrehen – und das nicht nur dank der hinzugekauften US-Unternehmen Versum Materials und Intermolecular.
Kommt eine weitere Anhebung der Prognose?
Der Konzern hat zur Quartalsberichterstattung eine weitere Überarbeitung seines Jahresausblicks signalisiert. Der Grund ist ein Sonderertrag, da nach einem gewonnenen Patentstreit mit dem US-Konzern Biogen Rückstellungen in Höhe von 365 Millionen Euro aufgelöst wurden.
Laut der jüngsten Prognose peilt der Konzern für 2020 einen Umsatzanstieg auf 16,9 bis 17,7 Milliarden Euro an. Im Vorjahr hatte Merck Erlöse von 16,2 Milliarden Euro erwirtschaftet. Der bereinigte Betriebsgewinn soll von rund 4,4 Milliarden Euro auf 4,45 bis 4,85 Milliarden Euro klettern. Bei den Zielen sind der Kauf und Verkauf von Unternehmensteilen sowie Wechselkurseffekte ausgeklammert.
Analysten rechnen mit starken Zahlen
Nach Einschätzung von Analysten konnte Merck im dritten Quartal nicht nur seinen Umsatz steigern. Auch das bereinigte Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) dürfte erheblich zugelegt haben. Dies ist zum einen dem von Merck angekündigten Sonderertrag in der Pharmasparte zu verdanken. Analysten wie Falko Friedrichs von der Deutschen Bank sehen als großen Wachstumstreiber daneben wieder einmal die Laborsparte. Diese könnte von der hohen Nachfrage nach Produktionsausrüstung für Corona-Impfstoffe und -Therapien profitiert haben, schätzt der Experte.
Kepler-Experte David Evans traut Merck ein deutlich besseres Zahlenwerk zu als am Markt erwartet. Laut einer vom Unternehmen selbst bereitgestellten Umfrage rechnen Branchenkenner damit, dass Merck seine Erlöse im Berichtszeitraum im Vergleich zum Vorjahresquartal um knapp 9 Prozent auf etwa 4,41 Milliarden Euro gesteigert hat. Beim bereinigten operativen Ergebnis erwarten sie einen deutlichen Sprung von rund 44 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro.
Dabei könnte die Erholung in China dem Konzern im dritten Quartal in die Karten gespielt haben. Der chinesische Markt hat in den vergangenen Jahren für die Südhessen zunehmend an Bedeutung gewonnen und trägt inzwischen wesentlich zum Konzernumsatz bei.
In der Pharmasparte dürften Beobachter vor allem auf die Entwicklung der Multiple-Sklerose-Tablette Mavenclad schauen, einem der aktuell größten Wachstumsbringer des Geschäftsbereichs. Wegen seiner unterdrückenden Wirkung auf das Immunsystem hatten Ärzte in der Corona-Pandemie das Mittel zeitweise seltener verschrieben. Laut Konzernchef Oschmann war aber bereits zu Ende des zweiten Quartals eine Erholung der Umsätze mit der Tablette zu beobachten. Spannend bleibt auch die weitere Entwicklung im Halbleitergeschäft.
Da Merck bereits eine Überarbeitung seiner Jahresprognose in Aussicht gestellt hat, richten sich auch die Experten darauf ein. Die Analysten der Commerzbank etwa glauben, dass der Vorstand seinen Ausblick auf das obere Ende der anvisierten Bandbreite einengen wird. Im Schnitt erwarten Analysten für 2020 einen Jahresumsatz von 17,4 Milliarden und ein bereinigtes Ebitda von 5,1 Milliarden Euro.
Merck-Papiere in Rekordlaune
An der Börse sprang die Merck-Aktie trotz Corona-Pandemie in den vergangenen Wochen von einem Rekordhoch zum nächsten. Die Darmstädter sind an der Börse inzwischen 56 Milliarden Euro wert und übertrumpfen damit weitaus umsatzstärkere Branchengrößen wie BASF und Bayer – die Ludwigshafener brachten zuletzt gut 53 Milliarden Euro auf die Börsenwaage, die Leverkusener gar nur gut 47 Milliarden Euro.
Zwar war der Corona-Crash auch auch für das Merck-Papier eine Zäsur, doch hat es den Schock schon längst wieder verdaut: Vom Tief im März bei rund 76 Euro ging es bis Wochenbeginn auf mehr als 140 Euro und damit den bisher höchsten Stand der 25-jährigen Börsengeschichte nach oben. Das Niveau konnte der Kurs nicht ganz halten und lag zuletzt wieder bei rund 129 Euro.
Damit kostet das Papier aber immer noch rund 25 Prozent mehr als Ende 2019 und ist damit einer der klaren Favoriten im Dax .
Redaktion onvista / dpa-AFX
Foto: Homepage Merck