Rohöl erholt – aber noch weit vom Jahreshoch entfernt
Der DAX hängt momentan fest. Das Börsenbarometer notiert heute einmal mehr fast unverändert zum Vortag. Mittlerweile läuft der Index seit mehr als zwei Monaten seitwärts. Zum Glück gibt es noch andere Anlageklassen, in denen aktuell etwas mehr los ist. Zum Beispiel am Ölmarkt.
In den ersten beiden September-Wochen vollzog der Ölpreis eine Korrektur von rund zwölf Prozent. Erst zur Wochenmitte stabilisierte sich die Notierungen, anschließend ging es wieder nach Norden. In den letzten drei Tagen zog der Rohstoff deutlich an. Am Freitagnachmittag kostet ein Barrel Öl der Nordseesorte Brent 43,15 US-Dollar. Der Preis für die amerikanische Sorte WTI liegt bei 41,27 Dollar je Barrel (159 Liter).
In der folgenden Abbildung ist die Entwicklung des Öls der Nordsee-Sorte Brent seit 2019 dargestellt (in US-Dollar je Barrel, Candlestick-Chart auf Tagesbasis):
Verantwortlich für den Anstieg der letzten Tage waren überraschend gute Konjunkturdaten aus China, welche eine anhaltende Erholung nach der Corona-Krise signalisieren. Auch aus den USA kamen zuletzt eher positive Daten, was die Nachfrage nach Öl vergrößert. Zudem profitiert der Ölpreis generell von der schwächeren Tendenz des US-Dollars.
Corona-Krise dämpft den weltweiten Ölverbrauch
Generell ist die Lage am Ölmarkt derzeit allerdings durchwachsen. Die Corona-Krise schlug natürlich massiv auf die Notierungen durch. Von rund 60 Dollar im Februar ging es bis auf 15 Dollar abwärts (siehe Abbildung oben).
Mittlerweile erholte sich der Energieträger wieder deutlich, dennoch ist das Öl noch weit vom Niveau vor der Corona-Krise entfernt. In der Spitze der bisherigen Erholungsbewegung kostete ein Barrel (159 Liter) 46 Dollar.
US-Energiebehörde senkt die Prognose
Die Frage die sich unweigerlich stellt: Wie weit wird sich der Ölpreis in Home-Office-Zeiten und angespannter Wirtschaftslage überhaupt erholen? Wie entwickelt sich die Corona-Pandemie und welche Folgen ergeben sich für die globale Konjunktur? Trotz der Wirtschaftsbelebung in weiten Teilen der Erde bleibt der Bedarf nach dem Energieträger relativ schwach. Dies bestätigte kürzlich auch die US-Energiebehörde EIA, welche in ihrem Monatsbericht die Prognose für die globale Ölnachfrage für 2020 und auch für das nächste Jahr erneut senkte.
Indien im Blickpunkt
Neben den großen bekannten Belastungsfaktoren steht auch Indien mehr und mehr im Fokus des Ölmarktes. Denn der drittgrößte Öl-Importeur der Welt leidet momentan stark unter der Corona-Krise - deutlich mehr als andere Länder der Erde. Die Wirtschaft brach im zweiten Quartal um über 20 Prozent ein und eine Besserung der dortigen Lage ist nur zögerlich in Sicht. Die fehlende Nachfrage nach dem Schmierstoff der Wirtschaft belastet den Kurs.
BP äußert sich skeptisch zur Entwicklung des Öls
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch eine Aussage des Öl-Konzerns BP. Während die meisten Analysten - und erst recht die Opec sowie die Öl-Konzerne selbst - von einem langfristig steigenden Ölpreis sprechen, äußerte sich BP pessimistisch.
BP erwartet trotz der nachlassenden Reisebeschränkungen und der teilweisen Normalisierung des öffentlichen Lebens kaum eine anhaltende Erholung des Ölpreises. In den kommenden Jahren werde das vermehrte Arbeiten im Home-Office zu einer generell niedrigeren Nachfrage führen, hieß es seitens des Unternehmens.
BP führt darüber hinaus ein Szenario auf, in welchem der Höhepunkt der Öl-Nachfrage bereits im Jahr 2019 erreicht wurde. Insgesamt gesehen drängt sich derzeit ein Investment in Öl nicht auf, das Chance-Risiko-Verhältnis passt für mich nicht. Auf nextmarkets.com verfolge ich die Entwicklung und gebe mögliche Trading-Ideen bekannt.