Rohstoffmärkte: Goldrally schwächt sich langsam ab, Ölpreis kämpft um Erholung, Industriemetalle überraschend robust

onvista · Uhr

Die Goldpreis-Rally scheint ein Ende gefunden zu haben – zumindest vorerst. Nachdem eine Feinunze gestern zu 1.719 US-Dollar gehandelt wurde, kann sich der Goldpreis heute leicht auf 1729 Dollar erholen, vor einem Monat waren es jedoch in der Spitze fast 1.766 US-Dollar. In Euro war der Preis im Mai sogar auf ein Allzeithoch von über 1.600 Euro geklettert. Gold-ETCs werden aber weiter gekauft, wie Mobeen Tahir von WisdomTree meldet. „Wir haben eine starke Nachfrage nach Gold gesehen, Hintergrund ist die Unsicherheit bezüglich der globalen wirtschaftlichen Erholung und die Gefahr einer zweiten Infektionswelle.“

Immer neue Rekordbestände bei Xetra-Gold

Der Bestand von Xetra-Gold hat abermals neue Hochs erreicht und liegt aktuell bei knapp 220 Tonnen. Xetra-Gold bleibt zudem Umsatzspitzenreiter an der Börse Frankfurt. Anleger setzen außerdem auf den Invesco Physical Gold, den Xtrackers Physical Gold mit und ohne Währungsabsicherung, den WisdomTree Physical Gold, den Gold Bullion Securities und den WisdomTree Physical Swiss Gold Individual Securities.

Geopolitische Risiken als Preistreiber

Nach Ansicht von Dora Borbély von der DekaBank ist ein Ende der „glänzenden Zeiten“ nicht absehbar. „Selbst nach der akuten Corona-Krise wird es lange Jahre dauern, bis die Notenbanken wieder die geldpolitischen Zügel straffen, und wahrscheinlich noch länger, bis die Staaten ihre Schulden abbauen“, erklärt die Analystin. Jüngst hätten geopolitische Risiken durch die Zuspitzung des Konflikts zwischen den USA und China als Preistreiber für Gold wieder an Bedeutung gewonnen.

Silber profitiert von Einsatz in Industrie

Der Silberpreis, der seit dem März-Tief von 11 auf 19 US-Dollar gestiegen war, hat sich auf hohem Niveau stabilisiert. Aktuell wird die Feinunze zu 17,45 US- Dollar gehandelt. Laut Tahir profitiert Silber von der Korrelation zu Gold. „Außerdem erhält Silber zusätzliche Unterstützung durch die verbesserten Aussichten für Industriemetalle – immerhin kommt die Hälfte der Silbernachfrage aus der Industrie.“ An der Börse Frankfurt geht vor allem im Xtrackers Physical Silver (WKN A1E0HS) viel um.

Ölpreis gegenüber Tief fast verdoppelt

Ein sehr hohes Handelsaufkommen gibt es aber auch wieder bei Öl-ETCs, einige der Produkte kommen auf ähnlich hohe Umsätze wie die traditionellen Umsatzspitzenreiter Gold-ETCs. Das hängt wohl auch mit dem wieder deutlich gestiegenen Ölpreis zusammen. Ein Barrel der Nordseesorte Brent kostet aktuell 41 US-Dollar nach dem Tief von knapp 21 US-Dollar Ende April. Laut WisdomTree überwogen bei Öl-ETCs zuletzt aber die Verkäufe. „Nach den hohen Zuflüssen haben Investoren wohl Gewinne mitgenommen, bemerkt Tahir. Umsatzstark sind an der Börse Frankfurt vor allem der WisdomTree WTI Crude, der WisdomTree Brent Crude Oil, der WisdomTree WTI Crude Oil 2x Daily Leveraged und der BNPP WTI Oil.

„Am Ölmarkt herrscht weiter Überangebot“

Die DekaBank erwartet, dass die erreichten Ölpreisniveaus zunächst nicht gehalten werden können, denn am weltweiten Ölmarkt herrsche nach wie vor ein Überangebot. „Zwar sinkt die Ölförderung in den USA, den Opec-Ländern und auch in Russland, aber das Ausmaß des Rückgangs dürfte nicht ausreichen, um den Nachfrageeinbruch auszugleichen“, erklärt Borbély. Auch wenn der Ölverbrauch konjunkturbedingt im zweiten Halbjahr wieder anspringe, dürfte im Jahresdurchschnitt 2020 weniger Rohöl nachgefragt werden als 2019. „Zudem wird es den Ölförderern bei steigenden Preisen zunehmend schwerfallen, sich an die freiwilligen Produktionskürzungen zu halten.“

„Wir erwarten bei Industriemetallen deutliche Preiskorrektur“

Auffällig ist derzeit auch das hohe Interesse an Kupfer-ETCs, der WisdomTree Copper gehört zu den meist gehandelten ETCs an der Börse Frankfurt. Kupfer hat alle Corona-bedingten Verluste wettgemacht und notiert 25 Prozent höher als im Tief Mitte März, wie Barbara Lambrecht von der Commerzbank bemerkt. „Die Marktteilnehmer schauen über die sich aktuell auftürmenden Überschüsse hinweg.“ Auf Dauer würden sich die harten Fakten aber nicht ignorieren lassen. „Wir erwarten weiterhin bei den Industriemetallen eine deutliche Preiskorrektur.“

von Anna-Maria Borse17. Juni 2020, © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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