Siemens Energy: Beobachtungen aus dem Börsenprospekt

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Energieübertragungnetz

Das Listing von Siemens Energy ist ein Großereignis im deutschsprachigen Börsengeschehen. Schließlich entsteht hier nicht nur ein möglicher DAX-Kandidat, sondern auch der weltweit führende auf Energietechnik fokussierte Konzern. Am 7. September wurde der 675 Seiten starke Börsenprospekt veröffentlicht. Hier ist, was mir dabei aufgefallen ist.

Diese Story will das Management von Siemens Energy erzählen

Seit wir wissen, dass Siemens Energy abgespalten und an die Börse gebracht werden soll, war die große Frage, mit welchen Themen das Management seine Aktionäre begeistern will, um die Eigentümer bei der Stange zu halten.

Eine Auswertung der verwendeten Begriffe im englischsprachigen Börsenprospekt könnte uns erste Hinweise darauf geben, welche Schwerpunkte dort ins Rampenlicht gestellt werden:

HäufigkeitSuchbegriffÜbersetzung
344America/United StatesUSA
300China/ChineseChina
261wind powerWindkraft
237digital/digitalizationdigital/Digitalisierung
225efficient/efficiencyEffizienz-
159maintenanceWartung
155decarbonize/decarbonizationdekarbonisieren/Dekarbonisierung
134storageSpeicher
120coalKohle
91hydrogenWasserstoff
78solarSolar-
47electrolyzer/electrolysisElektrolyse(ur)
41natural gasErdgas
14heat recoveryWärmerückgewinnung
6geothermalGeothermie-
4smart gridintelligent aufgerüstetes Stromnetz
3micro-gridInselnetz

Tabelle erstellt vom Autor

Das ist bereits aufschlussreich. Zum Beispiel zeigt sich am unteren Ende eine deutliche Folge der Aufspaltung: Smart Grids spielen bei Siemens Energy nur noch eine untergeordnete Rolle. Bisher arbeitete das Segment in diesem Bereich eng mit Smart Infrastructure zusammen, die über die Vertriebshoheit verfügt. Dieser automatische Zufluss von Aufträgen wird sich in Zukunft schwieriger gestalten, da beide Seiten freier in der Partnerwahl sind.

Weiter oben in der Tabelle sieht man, dass die Betonung unter anderem auf Digitalisierung, Effizienztechnik und Service liegt. Weitere Stichworte wollen wir im Folgenden genauer betrachten.

Hintergründe und Beobachtungen zu einzelnen Stichworten

China und USA

Die Häufigkeit der Nennungen von China und USA belegt, dass Siemens den Anspruch hat, in allen Regionen ein Marktführer zu bleiben. Während in China die Stromversorgung im Mittelpunkt steht, spielt in den USA wohl die Erdgasförderung und -handhabung die wichtigste Rolle. Im Fiskaljahr 2019 machte die Amerika-Region 37 % des Auftragsvolumens aus (davon etwa zwei Drittel USA), während Asien und Australien für 17 % zuständig waren (davon etwa die Hälfte Greater China).

Die große Bedeutung der beiden Großmächte zeigt, dass Siemens Energy in einem sich möglicherweise noch ausweitenden Konflikt zwischen die Fronten geraten könnte. Washingtons kontinuierliche Attacken auf das Pipelineprojekt North Stream II und der Iran-Boykott könnten ein Vorgeschmack dessen sein. Im Risikobericht weist das Management auch klar darauf hin, dass Handelskriege und Protektionismus das Füllen und Abarbeiten des Auftragsbuchs gefährden könnten.

Kohle, Öl und Erdgas

Siemens ist berühmt für seine gigantischen Gas- und Dampfturbinen, die ihren Dienst in fossilen Kraftwerken verrichten. Hinzu kommt weitere Ausrüstung für die Öl-und-Gasindustrie wie etwa Kompressoren oder passende elektrische Infrastruktur. Darauf vertrauen vor allem die europäischen Ölmultis.

Siemens ist bemüht, drei Dinge klarzustellen: erstens, dass das Engagement im fossilen Sektor dank der Effizienzsteigerung zur Dekarbonisierung beiträgt, zweitens, dass es bei den Kohlekraftwerken vor allem um die Wartung geht, und drittens, dass die Technologien immer häufiger auch in industriellen Anwendungen zum Einsatz kommen, insbesondere in der Chemieindustrie und anderen Grundstoffsektoren.

Wasserstoff

Eines der großen Zukunftsthemen im Energiebereich besteht in der Sektorkopplung mittels Wasserstoff. Siemens Energy ist bereits an diversen ambitionierten Pilotprojekten im In- und Ausland beteiligt. Doch wie hoch wird das Thema im Moment tatsächlich gehängt? Die obige Auswertung zeigt, dass das Wort 91-mal im Text auftaucht, und damit deutlich weniger als etwa Kohle.

Auch in der Segmentaufstellung wird der Wasserstoffwirtschaft noch keine Eigenständigkeit zugestanden. Vielmehr fällt der „New Energy Business“ genannte Geschäftsbereich unter Sonstiges, neben den Joint Ventures Voith Hydro, EthosEnergy sowie dem Minderheitsanteil am Indiengeschäft des Konzerns, das aus juristischen Gründen weiterhin von Siemens geleitet wird.

Das „New Energy Business“ beschränkt sich aktuell auf Elektrolyseanlagen und dem weiteren Aufbau von Know-how rund um die Sektorkopplung (Power-to-X). Dabei geht das Management davon aus, dass bei einem Auftrag typischerweise auch andere Segmente im Rahmen von integrierten Gesamtlösungen profitieren.

Auf diese Weise könnte das derzeit noch kleine Geschäft zunehmend ein Türöffner für Großaufträge werden - soweit es gelingt, sich gegen die starke Konkurrenz zu behaupten. Im Prospekt werden NEL, Hydrogenics, McPhy Energy und ITM Power genannt.

Zudem ist die Rede von mehreren chinesischen Spielern, die auf dem Sprung zur Internationalisierung seien. Nichtsdestotrotz kam kürzlich ein erster Auftrag aus China herein. Er könnte den Startschuss für eine größere Bedeutung des Geschäftsbereichs darstellen. Gemeinsam mit dem lokalen Partner State Power Investment Corporation (SPIC) will Siemens Energy die Transition Chinas weg von Kohle und hin zu Erdgas, Wasserstoff und dezentralen Energiesystemen vorantreiben.

Windkraft

Was für mich zunächst eher wie eine Kapitalbeteiligung von Siemens Energy wirkte, hat sich zwischenzeitlich zum Star im Portfolio von Siemens Energy entwickelt. Siemens Gamesa steuert rund 35 % der konsolidierten Umsätze bei, verfügt über ein gut gefülltes Auftragsbuch und gilt als eines der großen Wachstumssegmente.

Während das fossile Geschäft weiter zurechtgestutzt werden soll, investiert Gamesa in seine Expansion. Große Hoffnungen ruhen auf der neuen 14-Megawatt-Turbine, die die Marktführerschaft auf Hoher See langfristig absichern soll. In Verbindung mit den aktuell intensiv erforschten schwimmenden Plattformen eröffnen sich gewaltige Potenziale. Schon innerhalb der nächsten zwei Jahre will Gamesa beginnen, mehrere schwimmende Windfarmen zu Testzwecken hochzuziehen.

Ähnlich wie bei den Elektrolyseanlagen kommt noch hinzu, dass andere Segmente von Siemens Energy sich in Gamesa-Projekte einklinken können. Der Strom der Windfarmen muss schließlich transformiert, übertragen und gespeichert werden.

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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.

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