Siemens: Logistiksparte vor Verkauf? ++ Teamviewer: Größere Übernahmen möglich ++ Coinbase: Krypto-Handelsplatz will an die Börse

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Zwei Wochen vor dem Ende der Brexit-Übergangsphase lässt ein Handelsabkommen zwischen Großbritannien und der EU noch immer auf sich warten. Eine Hängepartie über die Weihnachtstage scheint nicht ausgeschlossen. Die Verhandlungen sollten am Freitag fortgesetzt werden.

Nach einem Telefonat mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen teilte der britische Premier Boris Johnson am Donnerstagabend mit, ein Scheitern sei nun „sehr wahrscheinlich“, sollte die EU ihre Position nicht wesentlich ändern. Der britische Unterhändler David Frost schrieb auf Twitter: „Fortschritt scheint blockiert und die Zeit wird knapp.“

Gleichzeitig ließ die Londoner Seite aber auch erkennen, dass sie bei den beiden schwierigsten Feldern bereits Zugeständnisse gemacht habe oder diese noch möglich sein könnten. Beim Thema fairer Wettbewerb habe man sich „alle Mühe gegeben, um berechtigten Forderungen der EU entgegenzukommen“, hieß es in der Mitteilung. Bei der Fischerei könne man aber nicht über längere Zeit eine Situation akzeptieren, in der Großbritannien den Zugang zu seinen Fischgründen nicht kontrollieren könne. Der Einschub „über längere Zeit“ wurde als Zeichen möglicher Kompromissbereitschaft gedeutet.

Von Kommissionsseite hatte es nach dem Telefonat geheißen, es habe „substanziellen Fortschritt“ gegeben. Trotzdem bestünden noch „große Differenzen“, vor allem beim Thema Fischerei. Sie zu überbrücken sei „sehr herausfordernd“.

Ob die vom Europaparlament geforderte Einigung schon an diesem Sonntag erreicht werden kann, schien zweifelhaft. Nur wenn der Vertrag bis dahin fertig sei, könne man ihn noch in diesem Jahr ratifizieren, hatte die Parlamentsspitzen am Donnerstag erklärt.

Der britische Staatsminister Michael Gove sprach hingegen von der Möglichkeit, bis nach Weihnachten weiter zu verhandeln. In dem Fall könnte ein mögliches Abkommen zunächst ohne Ratifizierung durch das EU-Parlament vorläufig angewendet werden. Das Europaparlament lehnt dies ab.

Das britische Unterhaus tagte am Donnerstag ein letztes Mal vor der Weihnachtspause. Die Regierung hat jedoch angekündigt, die Abgeordneten zurückzubeordern, sollte ein Deal zustande kommen. Man sei zuversichtlich, dass die Zeit ausreichen werde, um die notwendige Gesetzgebung durchs Parlament zu bringen, sagte ein Sprecher Johnsons.

Sitzungen an Weihnachten oder anderen Feiertagen über den Jahreswechsel kämen nicht in Frage – und eine außerordentliche Sitzung müsse 48 Stunden im Voraus angekündigt werden. Damit bleiben nur noch wenige Tage für die Ratifizierung übrig, entweder unmittelbar vor Weihnachten oder kurz vor Silvester.

DaxLeitindex startet leicht schwächer in den Handelstag

Am sogenannten „Hexensabbat“, dem großen Verfallstag an den Terminbörsen, hat der in dieser Woche bislang sehr starke Dax leicht schwächer eröffnet. Zuletzt gab der Leitindex um 0,20 Prozent auf 13 639,68 Punkte nach. Marktbeobachter sprachen von einer Pause nach dem jüngsten Höhenflug, der am Vortag recht nah an das Rekordhoch von 13 795 Punkten aus dem Februar geführt hatte.

Auf Wochensicht zeichnet sich aktuell für den Dax ein Plus von vier Prozent ab. Vor einer Woche war das Barometer noch fast unter die runde Marke von 13 000 Zählern gerutscht. Weiter in Rekordhöhen bewegt sich der MDax der mittelgroßen Werte mit einem Plus von bislang 0,13 Prozent auf 30 243,49 Zähler. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 sank um 0,25 Prozent.

Anleger warten nun auf Fortschritte in den Gesprächen über den Brexit, auf ein neues US-Konjunkturpaket und den Start der Impfungen in der Europäischen Union.

Siemens: Logistik-Geschäft auf dem Prüfstand

Der Industriekonzern Siemens prüft Insidern zufolge einen Verkauf seines Logistikgeschäfts. Das Unternehmen diskutiere mit Beratern Optionen für den Bereich für Sortiertechnik für Briefe, Pakete, Gepäck und Luftfracht, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg am Donnerstagabend unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen berichtet. Auf Tradegate zeigte die Aktie sich wenig bewegt.

Siemens steckt seit einiger Zeit in einem groß angelegten Umbau. Zuletzt waren die Münchener mit der Abspaltung ihres Energiegeschäfts einen großen Schritt vorangekommen. Die Konzentration aufs Kerngeschäft Digitalisierung schreitet voran.

Ein Verkauf der Logistikaktivitäten käme nun zu einer Zeit, in der die Logistikbranche boomt. Vor allem die Corona-Krise hatte den Online-Handel angetrieben. Vor Weihnachten kommen Logistikanbieter beim Sortieren und Liefern von Päckchen und Paketen kaum hinter. Sie dürften in den kommenden Monaten und Jahren weiter viel Geld in Technik stecken.

Teamviewer: Der Spezialist für Software zur Fernwartung und für Videokonferenzen setzt bei seiner Expansion weiterhin auf Übernahmen. Nach der Stärkung des Bereichs Augmented Reality durch den Kauf von Ubimax sieht Konzernchef Oliver Steil das Unternehmen in einem Interview mit der „Börsen-Zeitung“ (Freitag) erst einmal mit Blick auf Kunden im Bereich Fertigung und Logistik gut verankert. „Wir investieren signifikant in eigene Entwicklung. Ich will aber nicht ausschließen, dass wir im nächsten Jahr die eine oder andere Akquisition angehen, um unsere Plattform an den Rändern zu erweitern“, sagte der Manager.

Kleinere Übernahmen könnten dabei laut dem Finanzchef Stefan Gaiser auch gestemmt werden, ohne die Verschuldungsquote wieder zu steigern. Grund sei die starke Entwicklung des Mittelzuflusses (Cashflow). So profitierte Teamviewer in den vergangenen Monaten stark von der Corona-Krise und den dadurch bedingten Trend zum Home Office. Die Verschuldung wurde laut Gaiser daher schneller reduziert als geplant. Daher und angesichts der Cashflow-Entwicklung kann sich der Manager auch die Übernahme größere Ziele vorstellen.

Kurz & knapp:  

Coinbase: Die größte US-Handelsplattform für Krypto-Währungen wie Bitcoin bereitet einen Börsengang vor. Das in San Francisco ansässige Unternehmen gab am Donnerstag bekannt, einen entsprechenden Antrag bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereicht zu haben. Damit sind die Weichen für die erste Premiere einer großen Bitcoin-Börse am öffentlichen Kapitalmarkt erfolgt. Wann genau es soweit sein soll und wie viel Geld Coinbase erlösen will, ist allerdings noch unklar. Dem Tech-Blog „Techcrunch“ zufolge wurde das 2012 gegründete Unternehmen bei seiner letzten Finanzierungsrunde von Investoren mit rund acht Milliarden Dollar bewertet. Der Kurs der größten und ältesten Kryptowährung Bitcoin hatte am Vortag erstmals die Marke von 20.000 Dollar durchbrochen und schnellte seither weiter nach oben auf mittlerweile mehr als 23.000 Dollar.

Sony/CD Projekt: Wegen technischer Mängel nimmt die Sony-Tochter Sony Interactive Entertainment das Computerspiel „Cyberpunk 2077“ bis auf weiteres aus dem Playstation Store. Nach Diskussionen mit CD Projekt S.A., dem Entwickler des Rollenspiels, biete man ab sofort allen Spielern, die „Cyberpunk 2077“ im Playstation Store gekauft haben, eine vollständige Rückerstattung an, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Nutzer hatten sich über mehrere Softwarefehler beklagt. Man sei stets bestrebt, eine hohe Kundenzufriedenheit zu gewährleisten, erklärte das Unternehmen seine Entscheidung, das Spiel aus dem Digitalshop zu nehmen und Käufer auf Wunsch zu entschädigen.

Daimler: Der Stuttgarter Autobauer zieht die Konsequenz aus dem wirtschaftlichen Niedergang Brasiliens in den letzten Jahren und beendet die Produktion von Pkw der Stammmarke Mercedes-Benz in dem Land. Die schon länger schwierige wirtschaftliche Situation Brasiliens sei durch die Corona-Krise noch verschlimmert worden, was zu einem Rückgang der Verkaufszahlen von Oberklasse-Pkw geführt habe, teilten die Stuttgarter am Donnerstagabend mit. Im Zuge des laufenden Konzernumbaus und dem Streben nach einer bestmöglichen Kapazitätsauslastung sei daher entschieden worden, die Pkw-Produktion in Brasilien auslaufen zu lassen. Betroffen seien 370 Angestellte.

Fedex: Der florierende Paketversand verhalf amerikanischen Logistik-Konzern in der Corona-Krise im jüngsten Geschäftsquartal zu deutlich mehr Umsatz und Gewinn. Wegen der Ungewissheiten aufgrund der Pandemie gab der Konzern aber keine Prognosen für das laufende Geschäftsjahr 2020/21 ab. Die Deutsche Post zählt zu den Gewinnern der Krise und profitiert vom boomenden E-Commerce-Geschäft. Die Aktien des Bonner Dax-Konzerns haben sich seit ihrem Corona-Tief im März mehr als verdoppelt. Das vor etwas mehr als fünf Wochen erreichte Rekordhoch von 43,50 Euro bleibt in Reichweite.

Redaktion onvista / dpa-AFX

Foto: Robert Fruehauf / Shutterstock.com

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