Steinhoff: Sammelklage wegen Bilanzskandal eröffnet – Aktie rauscht tiefer in die Existenzlosigkeit

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Der Bilanzskandal beim Möbelhändler Steinhoff wird zum Gegenstand einer Sammelklage beim Oberlandesgericht Frankfurt. Als erste Instanz hat das Landgericht Frankfurt mehrere gleich gerichtete Schadenersatzklagen enttäuschter Steinhoff-Aktionäre zusammengefasst und zur Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen dem nächsthöheren Gericht vorgelegt. Die Justiz bestätigte am Donnerstag entsprechende Informationen der Anlegerschutz-Kanzlei Tilp. Diese beschuldigt die niederländische Steinhoff International Holding, den Kapitalmarkt nicht oder nicht rechtzeitig über Unregelmäßigkeiten in der Bilanz informiert zu haben.

Fragwürdige Buchungen mit einem Volumen von 6,5 Milliarden Euro

Die PwC-Buchprüfer hatten im März von systematischen Bilanzfälschungen bei dem Unternehmen berichtet und fragwürdige Buchungen mit einem Volumen von rund 6,5 Milliarden Euro dokumentiert. Gegen den früheren Firmenchef Markus Jooste wird ermittelt. Das Möbelhandelsunternehmen ist an den Börsen in Frankfurt und Johannesburg gelistet. Laut Tilp will Steinhoff über einen Vergleich verhandeln. Es gehe jetzt darum, mit der Sammelklage nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) „Druck auf dem Kessel“ zu halten, erklärte der Tilp-Anwalt Maximilian Weiss.

Zuletzt hatten die veröffentlichten Geschäftszahlen und der Ausblick auf das kommende Jahr weiteres Öl ins Feuer gegossen. Der Skandal hat nämlich tiefe Löcher in die Kasse des Möbelkonzerns gerißen. 2017 steht ein operativer Verlust in Höhe von 3,7 Milliarden Euro in den Büchern. Ein Jahr zuvor war die Welt noch in Ordnung, da lag das operative Ergebnis mit 278 Millionen Euro im Plus. Für 2018 und 2019 rechnet Steinhoff mit einem drastischen Umsatzrückgang.

Der tiefe Fall der Steinhoff-Aktie nach den öffentlich gewordenen Bilanzfälschungen

Der Bilanzskandal hat Steinhoff schwer erschüttert. Seit der Ankündigung der Bilanzunregelmäßigkeiten Ende 2017 wurde der Börsenwert des Unternehmens fast vollständig vernichtet. Mitte Dezember 2015 wagte Steinhoff der Sprung an die Börse. Drei Tage zuvor gab es bereits eine Razzia in der Europa-Zentrale. Diese Vorwarnung störte die Anleger aber zunächst nicht wirklich. Die Aktie schaffte sogar den Sprung über 6 Euro, um danach eine rasante Abwärtsfahrt hinzulegen und zum Pennystock zu verkommen.

2017 kam dann der milliardenschwere Bilanzskandal an die Öffentlichkeit: Eine Gruppe Topmanager hat über Jahre hinweg systematisch Transaktionen generiert, um im großen Stil die Bilanzen zu fälschen. Die Manager haben laut Bericht mit einigen Kollegen und firmenfremden Personen zusammengearbeitet, um die fragwürdigen Transaktionen zu arrangieren. In Deutschland war Steinhoff für die Möbelkette Poco bekannt, die mittlerweile an den Konkurrenten XXXLutz verkauft worden ist.

Aktie fällt und fällt und fällt

Nach der Ankündigung der Sammelklage musste das Wertpapier am Donnerstag ein weiteres Minus von gut 6 Prozent hinnehmen. Damit entfernt es sich weiter von der 10 Cent-Marke und notiert derzeit bei 0,085 Euro je Aktie.

Steinhoff 5-Tageschart (Xetra)

(onvista/dpa-AFX)

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Titelfoto: Itzchaz / Shutterstock.com

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