Wie man in Geothermie-Aktien investiert
Geothermie ist ein breites Feld. So ist zum Beispiel der deutsche Wärmepumpenmarkt im vergangenen Jahr um 37 % gewachsen. Wenn es jedoch um größere Kraftwerke mit tieferen Bohrungen geht, dann hört man nur wenig. Gerade einmal 38 Anlagen waren 2020 in Deutschland in Betrieb mit einer Wärmeleistung von 349,71 Megawatt und spärlichen 47 Megawatt elektrischer Leistung.
Zum Vergleich: Allein der Solarpark Werneuchen leistet in der Spitze 187 Megawatt. Doch angesichts der immer ambitionierteren Ziele in Richtung Klimaneutralität weiten Politik, Wirtschaft und Investoren den Blick. Wind und Solar allein werden es nicht schaffen, zumal komplementäre Systeme deren starke Schwankungen ausgleichen müssen.
Zuverlässige Energie aus Erdwärme könnte hier eine wichtige Rolle spielen. Dank neuer Ansätze und Technologien sinken die Projektkosten massiv. Experten erwarten nun einen regelrechten Boom, auf den früher oder später auch Investoren verstärkt aufspringen werden. Es könnte sich daher lohnen, sich schon jetzt nach passenden Geothermie-Aktien umzusehen.
So reihen sich Geothermie-Aktien in die Wertschöpfungskette einDie Bereiche, in denen man Geothermie-Unternehmen antreffen kann, sind recht vielfältig. So wird schon bei der Exploration spezialisierte Technologie und komplexe Software benötigt, um die besten Standorte ausfindig zu machen.
Im zweiten Schritt kommen Projektentwickler hinzu, die zwischen Geldgebern, Lieferanten, Tiefbauunternehmen, Betreibern und staatlichen Stellen koordinieren, um mit dem Bau eines Kraftwerks starten zu können. Sind sich alle einig, dann starten die ersten Bohrungen, wobei Unternehmen, die schwere Ausrüstung und Verbrauchsmaterial wie Bohrköpfe bereitstellen können, ins Spiel kommen.
Sobald das System aus verbundenen Bohrlöchern steht, geht es an den Bau des zugehörigen Kraftwerks. Anlagenbauer integrieren dann selbstgefertigte und zugelieferte Komponenten. An dieser Stelle muss man sich fragen, ob es Komponenten, Systeme oder Bauteile gibt, die speziell von der Geothermie profitieren. Generatoren sind beispielsweise eher agnostisch gegenüber der Energiequelle.
Außerdem sollte man wissen, dass aktuell zwei Kraftwerkstypen im Mittelpunkt stehen: Erstens „Binary-Cycle“, wo ein zweites Medium wie zum Beispiel Ammoniak, das bei niedrigeren Temperaturen Dampf erzeugt, zusammen mit sogenannten Organic-Rankine-Cycle-Dampfturbinen genutzt wird.
Zweitens „Enhanced Geothermal-System“, wo, wie der Bundesverband Geothermie erläutert, „durch das Einpressen von Wasser mit Drücken von bis zu 15 MPa (150 bar)“ dauerhaft offene millimeterfeine Risse im Gestein entstünden, sodass „ein Wärmeübertrager mit mehreren Quadratkilometern Oberfläche im Gebirge zwischen den Bohrlöchern geschaffen“ werde.
Jede dieser Ansätze erfordert unterschiedliches Know-how und spezielle Technik. Nur ein Teil der Geothermie-Unternehmen sind daher in beiden Bereichen aktiv. Und wenn das Kraftwerk endlich steht, dann kann es dem Betreiber übergeben werden, um fortan Strom und Wärme in die Infrastruktur einzuspeisen.
Interessante Investitionsobjekte rund um ErdwärmeOrmat ist einer der wenigen vertikal integrierten Konzerne, die praktisch alle Wertschöpfungsstufen abdecken können. Zum 13. Mai wird es mit stattlichen 3,6 Mrd. US-Dollar bewertet, bei 0,7 Mrd. US-Dollar Umsatz. Von Nevada aus hat es über die letzten Jahrzehnte hinweg bereits in zahlreichen Ländern Projekte abgewickelt. Mit 1.400 Mitarbeitern deckt Ormat neben der Geothermie auch industrielle Abwärme und stationäre Batteriesysteme ab.
Während Ormat sicherlich als Fels in der Brandung unter den Geothermie-Aktien bezeichnet werden kann, ist Climeon eine riskantere Wette. Der schwedische Spezialist sieht sich als Technologieführer, wenn es um die Nutzung von Wärmequellen mit relativ geringer Hitze geht. Seine Systeme verwenden eine Variante des Organic Rankine Cycle mit besonders niedrigem Druck. Die Anwendungsfelder sind Geothermie, industrielle Abwärme und große Schiffe.
Im letzten Quartal lag der Auftragseingang bei 0, der Umsatz bei 1,5 Mio. Euro und der Betriebsverlust bei 3,8 Mio. Euro. Zudem gibt es aktuell ein großes Stühlerücken im Vorstand. Hoffnung machen hingegen der Auftragsbestand von 65 Mio. Euro und ausreichend liquide Mittel. Climeon gehört für mich auf die Watchlist.
Falls du handliche Wärmepumpen attraktiver findest als Kraftwerke, dann bietet sich vielleicht die Aktie von NIBE Industrier an. Der nordische Marktführer bietet ein breites Produktspektrum. Er ist primär in den Bereichen Klimatisierung, Wärmekessel und Solarthermie tätig. Das erscheint mir eine gute Kombination. Und das denkt offenbar auch der Markt, wenn man den steilen Kurschart betrachtet. NIBE ist profitabel, konnte seinen Umsatz im ersten Quartal 2021 um 7,7 % auf 673 Mio. Euro steigern und berichtet erfreulicherweise auf Deutsch.
Die Jagd nach den besten Geothermie-Aktien kann beginnenOrmat, Climeon und NIBE sind drei Werte, die als Ausgangspunkt gut geeignet sind. Es bietet sich jedoch an, entlang der Wertschöpfungskette nach weiteren spannenden Unternehmen Ausschau zu halten. Gerade im Zuge des aktuellen SPAC-Booms ist auch denkbar, dass schon bald eine ganze Reihe von passenden Technologieunternehmen handelbar wird.
Beispielsweise versucht die slowakische GA Drilling mit ihrer angeblich revolutionären Plasma-Bohrtechnik gerade neues Wagniskapital einzuwerben. Wir kratzen erst an der Oberfläche eines gewaltigen Potenzials, das nun erobert werden will.
Der Artikel Wie man in Geothermie-Aktien investiert ist zuerst erschienen auf The Motley Fool Deutschland.
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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.
Motley Fool Deutschland 2021
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