Kutzers Zwischenruf: Hat die vorauseilende Börse tatsächlich recht?

Hermann Kutzer · Uhr

Nach dem Crash von Februar/März eine fulminante Kurserholung im April/Mai – trotz katastrophaler Nachrichten aus aller Welt. Gewiss, man kann die „V“-förmige Bewegung des Aktienmarkts gut mit dem neuen Kapitel des internationalen Gelddruckens begründen: Nach den Notenbanken macht jetzt auch die Fiskalpolitik mit unfassbar großen monetären Hilfspaketen mit, so dass die Anleger auf bisher noch nicht erlebten Liquiditätswellen surfen können. Auf Dauer braucht die Börse aber auch eine positive fundamentale Entwicklung, braucht Wachstum der volkswirtschaftlichen Leistung und steigende Gewinne der Unternehmen. Das will der Aktienhandel vorwegnehmen, nur: An dieser Stelle beginnen die Warnungen vieler Skeptiker (zu denen auch ich bis auf weiteres gehöre) laut zu werden.

Inzwischen können sich die Konjunkturoptimisten gegenseitig schon mal auf die Schulter klopfen. Sie erhalten beim Blick auf den Rest des Jahres und auf 2021 zunehmend prominente Unterstützung. Denn die deutsche Wirtschaft hat sich in der Corona-Krise nach Ansicht von Bundesbank-Präsident Weidmann gut geschlagen. Die schlimmste Phase sei vorüber, sagte er am Wochenende in einem Interview. Zwar sei die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal sicher noch erheblich stärker gesunken als im ersten, aber „der Tiefpunkt dürfte mittlerweile hinter uns liegen, und es geht wieder aufwärts“.

Die Welthandelsorganisation blickt angesichts der ersten wirtschaftlichen Erholungszeichen wieder etwas optimistischer in die Zukunft. Der noch im April von der WTO als schlimmstes Szenario für möglich gehaltene Absturz des Welthandels um 32 Prozent in diesem Jahr sei in diesem Ausmaß nun unwahrscheinlicher geworden, teilte die WTO heute mit. Nicht nur das, denn die Unternehmensstimmung in der Eurozone hellt sich deutlich auf – im Juni hat sich eine kräftige Erholung eingestellt, verkündete vorhin das Forschungsinstitut IHS Markit in London.

Und was sagen aktuell unsere Wirtschaftsweisen? In ihrer soeben präsentierten neuen Lageeinschätzung ist für jeden – also für Bullen und Bären – etwas dabei: Die Berater der Bundesregierung befürchten zwar, dass der Absturz der deutschen Wirtschaft noch heftiger ausfallen wird als Ende März erwartet. Doch erwarten sie auch, dass ab dem Sommer eine Erholung einsetzt. Danach dürfte das BIP frühestens im Jahr 2022 (!) wieder auf dem Niveau von vor der Pandemie liegen.

Wer will, sieht unter dem Strich das Prinzip Hoffnung bestätigt. Hoffnung ja, die hege auch ich, doch wie viele schlechte Nachrichten muss die Börse noch bis 2022 verkraften?! Bis dahin werden die volkswirtschaftlichen Noten mit Sicherheit noch mehrfach korrigiert. Sympathisch sieht das Fazit eines internationalen

Investmentmanagers aus, der mir jetzt schrieb: Das positive Umfeld der vergangenen zwei Monate ist nicht verschwunden, doch es ist komplexer geworden. Wir beobachten die Faktoren ständig und passen unseren Ausblick entsprechend an. Das müssen Sie wohl auch tun, geschätzte Anleger, und mischen Sie Mut mit Vorsicht!

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