Kutzers Zwischenruf: Unsere Wirtschaft entwickelt wieder Muskeln

Hermann Kutzer · Uhr

„Geben Sie Ihre Konjunkturskepsis endlich auf?“ Der Anrufer am späten Vormittag kennt meine Zweifel an den überwiegend optimistischen Einschätzungen und Prognosen der vergangenen Wochen – und damit an der bullischen Börsenverfassung. Er outet sich als mutiger Aktienkäufer, der schon kurz nach dem Crash wieder eingestiegen war. Und die heutigen Berichte zur Wirtschaftslage haben ihn bestätigt. Kein Wunder, dass ihn meine knappe Antwort nicht befriedigen konnte: „Ein klares Jein.“

Zugegeben, wenn man die jüngsten Statistiken mit den Unternehmensbefragungen verbindet, dominiert die Zuversicht. Insofern hat die Börse – besser: haben die marktbestimmenden Anleger – wieder einmal ein gutes Näschen bewiesen und sehr früh auf Erholung gesetzt. Wichtig heute die international zunehmende „Corona-wird-überwunden-Hoffnung“ gepaart mit weiter aufgehellten Konjunkturaussagen. Stark der monatliche Ifo-Bericht: Der Geschäftsklimaindex ist weiter gestiegen. Die Stimmung unter den Unternehmenslenkern ist weiter im Aufwind. Dabei ist besonders hoch einzustufen, dass die aktuelle Lage von der Wirtschaft im Vergleich zum Vormonat merklich besser beurteilt wird – es gilt also nicht mehr allein das Prinzip Hoffnung, sondern es werden Tatsachen daraus. Dazu fallen die Erwartungen „leicht optimistischer“ aus. Resümee des Ifo-Instituts: Die deutsche Wirtschaft ist auf Erholungskurs.

Dazu passt im Rückspiegel eine Korrektur der vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamts zum bisherigen Konjunkturverlauf: Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal etwas weniger tief als bislang berechnet eingebrochen, hat aber nach wie vor im Zuge der Corona-Pandemie einen historischen Absturz erlitten. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank im Vergleich zum ersten Quartal um 9,7 Prozent. In einer ersten Berechnung Ende Juli hatte das Minus bei 10,1 Prozent gelegen.

Für das laufende dritte Quartal rechnen manche Volkswirte mit einem rekordverdächtigen Wachstum: „Mit Blick auf die Zukunft braucht es keinen Raketenwissenschaftler um vorherzusagen, dass die Wirtschaft im dritten Quartal eines der besten Ergebnisse aller Zeiten erzielen wird.“ Trotzdem, die Aussichten für den Arbeitsmarkt sind alles andere als gut, und zu den großen Sorgen der Fachwelt gehört die drohende Pleitewelle. Unterm Strich stehe Deutschland über den Jahreswechsel ein explosiver Mix aus Nachwirkungen der Corona-Pandemie und strukturellen Umbrüchen bevor, mahnen Skeptiker, die glauben, dass weitere staatliche Hilfen gebraucht werden.

Ob ich ihm jetzt wieder Aktienkäufe empfehlen würde, fragt mich der kritische Anrufer. Ich antworte nochmals mit einem „Jein“: Denn meine Vorsicht ist noch nicht vollends gewichen, doch würde ich zumindest einen Teil des frischen Kapitals jetzt investieren.

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