onvista-Börsenfuchs: Orientiert Euch lieber am großen „K“!

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Hallo Leute! Ihr kennt inzwischen ja das neue Wirtschafts- und Börsen-ABC, mit dem Experten den Verlauf von Konjunktur und Aktienkursen beschreiben. In kürzestmöglicher Form: durch einen Großbuchstaben. Das beliebteste Kürzel war (bisher) im Corona & Crash-Jahr das „V“ – von vielen Strategen schon früh (im Frühjahr) vorhergesagt. Hey, die Börsianer hatten die richtige Peilung! Inzwischen sieht die Welt nicht mehr so eindeutig und klar aus. Eher gilt das alte Händlerwort „uneinheitlich“ für Konjunktur und Kurse – alles geht eben nicht so schnell wieder rauf, wie es vorher abgestürzt war.

Also fragen sich Ökonomen und Marktbeobachter seit dem Ausbruch des Corona-Virus im ersten Quartal und dem darauffolgenden Konjunktureinbruch, welche Form der Aufschwung annehmen wird. Das gilt auch heute noch – nur wird jetzt der zweite Teil des „V“ zunehmend kritisch diskutiert: Wird das Ausgangsniveau dank der nie dagewesenen geldpolitischen und fiskalischen Hilfsmaßnahmen wirklich rasch wieder erreicht? Oder kommt eine „L“-förmige Erholung, die von einer sehr langen Flaute gekennzeichnet ist und bei der die Vernichtung von Arbeitsplätzen sowie der Stillstand zahlreicher Sektoren das Wachstumspotenzial nachhaltig schädigen? Oder erwartet uns eine „U“-förmige Erholung als Kombination der beiden zuvor genannten, bei der die Aktivität zwar wieder anzieht, jedoch nur langsam?

Die französische Fondsgesellschaft LFDE (= Kürzel für La Financière de l’Échiquier) favorisiert einen anderen Großbuchstaben, der auch mir besser gefällt, nachdem ich ein langgezogenes „L“ nicht mehr befürchte: das „K“. Denn das verdeutlicht am besten das Auseinanderdriften von Krisengewinnern und -verlierern. Spätestens seit dem Frühsommer gehen die Börsen erkennbar von einer K-förmigen Erholung aus. Was heißt das konkret?

Zur ersten Gruppe gehören natürlich die Akteure, die während und nach den Lockdowns von der digitalen Beschleunigung profitiert haben: Dies sind Unternehmen im Bereich E-Commerce (Amazon +19 %, Zalando +127 % seit Jahresbeginn), Ausrüster (ASML +82 %,Nvidia +60 %), Zahlungsabwickler (PayPal +84 %, Adyen +90 %) sowie Software und Cloud Computing (Microsoft +40 %, Salesforce +63 %). Die insbesondere an der Wall Street erreichten Rekordhochs (Nasdaq +37 %) lassen sich durch diesen Teil des Kurszettels erklären.

Im Gegensatz dazu gibt es ganze Bereiche der Wirtschaft, die dauerhaft (wenn nicht sogar irreparabel) betroffen sind: Luftfahrt (Air France -63 %, Airbus -48 %), Tourismus (TUI -68 %, Europcar -71 %), traditioneller Einzelhandel (SMCP -60 %, Macy’s -58 %) und auch Erdöl (Royal Dutch -51 %, Technip FMC -63 %). Die Wertentwicklung der weltweiten Börsenindizes lässt sich zum großen Teil durch die Zugehörigkeit zur ersten oder zur zweiten Gruppe erklären. Diese Spaltung der Börse ist auch ein Spiegelbild der realen Wirtschaft. Interessant in diesem Zusammenhang: Eine Studie des IWF (Internationaler Währungsfonds) belegt, dass die Ungleichheiten mit jeder Pandemie – ob SARS, Ebola, etc. – größer werden. Zum

Stillstand kamen vor allem Sektoren, die geringer qualifizierte Arbeitskräfte brauchen. Diese wachsende Kluft lässt sich häufig durch die Möglichkeit zur Telearbeit und das Bildungsniveau erklären, was sich je nach Sektor in sehr unterschiedlichen Arbeitslosenquoten widerspiegelt.

Es ist sowieso sinnvoll, nicht nur auf die klassischen Fundamentaldaten zu starren. Ich schlage deshalb vor, meine Freunde, dass wir auch die Investitions- und Beschäftigungsentwicklung insgesamt im Auge behalten – und wegen des „K“ dazu vor allem die Zahlen der einzelnen Branchen und Unternehmen.

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