onvista-Börsenfuchs: Verlasst Euch nicht blind auf die Signale!

onvista · Uhr

Hallo Leute! Macht Ihr Euch ab und an auch Gedanken, an welche Signale von der Börse und aus ihrem Umfeld man sich halten kann? Anleger suchen für ihre Kohle in aller Regel große Chancen mit hoher Sicherheit. Wenn das so einfach wäre. Ein Vergleich mi dem Straßenverkehr bringt nix. Denn in der Fahrschule (und anschließend in der Praxis) lernt man, wie (lebens-)wichtig es ist, die Verkehrssignale zu befolgen. Disziplin ist angesagt. Wenigstens das gilt auch für den Aktienmarkt, der im Zeitalter von Digitalisierung und Globalisierung täglich von Informationen unterschiedlichster Art überflutet wird, die mehr oder weniger den Zweck von Signalen fürs Kaufen, Halten oder Verkaufen erfüllen.

Jüngstes Beispiel die Hoffnungen auf eine Annäherung der Kriegsgegner durch Wiederaufnahme ihrer Gespräche in der Türkei. Der Dax springt gestern euphorisch nach oben und macht heute mit nachlassender Friedensfantasie gleich eine Rolle rückwärts. Ein Fehlsignal also – aber vielleicht gibt es inzwischen (zwischen dem Schreiben und der Veröffentlichung dieses Textes schon wieder (vermeintlich) kursrelevante Signale. Jedenfalls ist es Quatsch zu behaupten, die Krisen seien von der Börse bereits eingepreist. Wenn wir Verlauf und Ende der Krisen nicht kennen (können), können diese auch nicht in den Kursen vorweggenommen werden. Umgekehrt werden beliebte Signale aus der Wirtschaft – wie die Frühindikatoren der Konjunktur – oft von der Realität überholt. Dafür sorgen schon die Zeitabstände zwischen Ermittlung und Veröffentlichung.

Zwischenstand: Die neuen Signale zur Wirtschaftsentwicklung bei uns in Europa sind ziemlich mies. Auch unsere Regierung senkt ihre Konjunkturprognose fürs laufende Jahr drastisch. Ebenso haben die „Wirtschaftsweisen“ wegen der Folgen des Ukraine-Kriegs ihre Prognose deutlich nach unten geschraubt. Verschiedene Institute hatten ihre Vorhersagen bereits nach unten korrigiert. Und darin taucht jetzt auch die Warnung vor einer Rezession auf. In die andere Richtung gehen die Inflationssignale: -6 bis -7 Prozent Teuerung sind offenbar noch nicht der Gipfel.

Eine interessante Signalinterpretation aus USA lese ich heute bei den Strategen der Deutschen Bank: In Ami-Land ist die Zinsstrukturkurve zuletzt merklich flacher geworden. Die Differenz zwischen der laufenden Rendite zehnjähriger und zweijähriger Staatsanleihen fiel im gestrigen Handel auf weniger als 0,1 Prozentpunkte. Marktteilnehmer beobachten diesen Wert sehr aufmerksam. Denn jeder der vergangenen zehn Rezessionen, sogar der Covid-Rezession, ging eine „Invertierung“ (man könnte auch Pervertierung sagen) voraus. Eine solche liegt vor, wenn die Rendite zweijähriger Treasuries die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen übersteigt. Da die Zinsstrukturkurve in den vergangenen Jahrzehnten insgesamt nur zweimal ein falsch-positives Signal gegeben hat, gilt sie als verlässlicher Rezessionsindikator. Allerdings gibt eine invertierte Zinskurve keine Auskunft darüber, wann der Abschwung eintritt. Die vergangenen zehn Rezessionen folgten im Schnitt erst 19 Monate nach der initialen Invertierung. In dieser Zeit legte der S&P 500 im Schnitt 5 Prozent zu, seit den 1980er Jahren sogar durchschnittlich 13 Prozent. Empfehlen die Strategen: Entsprechend sollten Anleger eine Invertierung der Zinsstrukturkurve nicht als Verkaufssignal werten, sondern vorerst investiert bleiben.

Das sehe ich auch so. Noch wichtiger ist aber die Selbstkritik: Bevor Ihr Euch beispielsweise für einen Aktienkauf entscheidet, vergleicht erst mal die Meinung von Kopf und Bauch. Wenn einer von beiden (Verstand oder Instinkt) kein grünes Signal sendet, würde ich mich gegen den Kauf entscheiden.

Das könnte dich auch interessieren

Neueste exklusive Artikel