Industrieaufträge fallen - Ukraine-Krieg und China belasten

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DEUTSCHLAND-INDUSTRIE-AUFTR-GE:Industrieaufträge fallen - Ukraine-Krieg und China belasten

Berlin (Reuters) - Die deutsche Industrie hat im Monat des Kriegsausbruchs in der Ukraine einen überraschend starken Auftragsschwund erlitten.

Die Unternehmen sammelten im Februar vor allem wegen der geringeren Auslandsnachfrage 2,2 Prozent weniger Bestellungen ein als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Nach drei Monaten in Folge mit steigenden Aufträgen hatten von Reuters befragte Ökonomen lediglich mit einem kleinen Minus von 0,2 Prozent gerechnet, denn ein Effekt des Krieges in der Ukraine, der am 24. Februar begann, ist in den Daten kaum enthalten. Der Ausblick für die nächsten Monate fällt gedämpft aus: "Im gegenwärtigen Umfeld von Krieg, Materialknappheiten und steigenden Zinsen wächst auch das Risiko von Stornierungen von Bestellungen", brachte es Thomas Gitzel, Chefvolkswirt bei der VP Bank, auf den Punkt.

Dabei sorgt nicht nur der russische Angriffskrieg in der Ukraine für Unsicherheit, sondern auch die heftige Corona-Welle beim wichtigsten deutschen Handelspartner China. Dort liefen die Geschäfte der Dienstleister im März so schlecht wie seit Pandemiebeginn vor gut zwei Jahren nicht mehr. "Es ist zu befürchten, dass sich der Auftragsrückgang angesichts des Krieges und auch des Lockdowns in Shanghai fortsetzen wird", sagte der Konjunkturexperte des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Jupp Zenzen. "Bei den deutschen Unternehmen, aber auch weltweit machen sich zudem die großen Preissprünge bei Energie und Rohstoffen deutlich bemerkbar." Hinzu kommen noch massive Lieferketten- und Materialprobleme: 80,2 Prozent der Industriebetriebe klagten im März über Engpässe und Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen, wie das Ifo-Institut herausfand.

VORPRODUKTE FEHLEN

Für die Industrieproduktion kommt es nach den Worten von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer in den kommenden Monaten weniger auf die Nachfrage an als vielmehr auf die Verfügbarkeit von Vorprodukten. "Und die hat sich wegen des Ukraine-Kriegs und der rigiden Lockdown-Politik in China wieder verschlechtert", sagte Krämer. Nach mehr als einem Monat Krieg in der Ukraine zeigen sich zudem immer mehr negative Folgen für den globalen Handel. Der Konflikt treffe fast alle Volkswirtschaften und den gesamten Welthandel deutlich, so das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW). "Reale Verwerfungen durch die Invasion Russlands in der Ukraine und die Sanktionen des Westens sowie eine hohe Unsicherheit der Firmen mit Beziehungen zu Russland werfen den Märzhandel spürbar zurück", erklärte IfW-Experte Vincent Stamer. Laut Kiel Trade Indicator für März dürfte der Welthandel im Vergleich zum Vormonat - preis- und saisonbereinigt - deutlich um 2,8 Prozent zurückgehen.

Der Auftragsschwund in der deutschen Industrie war im Februar insbesondere auf das nachlassende Auslandsgeschäft zurückzuführen, erklärten die Statistiker. Dessen Volumen fiel um 3,3 Prozent geringer aus als im Januar. Dabei nahm das Neugeschäft außerhalb der Euro-Zone um 3,4 Prozent ab, das aus der Währungsunion sank um 3,3 Prozent. Die Inlandsaufträge hingegen gingen nur leicht um 0,2 Prozent zurück. Auch der Umsatz im Verarbeitenden Gewerbe schrumpfte im Februar um 1,4 Prozent zum Vormonat, nachdem es im Januar noch ein Wachstum von 1,4 Prozent gegeben hatte.

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