FDP-Generalsekretär kritisiert China-Reise von Scholz

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Berlin (Reuters) - Wenige Tage vor der China-Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz hält die Kritik aus der eigenen Ampel-Koalition an.

"Ich finde den Zeitpunkt dieser Reise äußerst unglücklich", sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai am Montag den TV-Sendern RTL und ntv. "Wir brauchen im Zusammenhang mit China eine neue Strategie", forderte er. Deutschland dürfe Fehler, die in der Russlandpolitik gemacht worden seien, nicht mehr wiederholen. Am Sonntagabend hatte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erneut die Entscheidung des Bundeskabinett kritisiert, der chinesischen Reederei Cosco eine Minderheitsbeteiligung in einer Terminal-Betreibergesellschaft im Hamburger Hafen zu erlauben..

Scholz wird am Donnerstag zu seiner ersten Reise nach China als Kanzler aufbrechen. Dies ist auch der erste Besuch eines westlichen Regierungschefs nach der strikten Corona-Abschottung der Volksrepublik. Scholz wird nach Informationen von Reuters von Chefs zahlreicher Unternehmen wie etwa BASF, Deutsche Bank, Siemens, BMW, Volkswagen, Merck, BioNTech und Hipp begleitet. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte, dass sich der Kanzler zu der China-Reise mit westlichen Partner abgesprochen habe. Er erwähnte als Beispiel Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron sowie die Gespräche auf dem jüngsten EU-Gipfel. "Auch mit dem US-Präsidenten steht er seit geraumer Zeit zu dieser Thematik in Kontakt", sagte der Sprecher.

Der FDP-Generalsekretär forderte, dass sich die von Scholz ausgerufene Zeitenwende nach dem russischen Angriff auf die Ukraine auch auf die China-Politik auswirken müsse. "China ist ein wichtiger Handelspartner, aber auch ein systemischer Rivale – darüber sollten sich alle im Klaren sein, die das Wort Zeitenwende in den Mund nehmen", sagte Djir-Sarai. Zum chinesischen Einstieg in kritische Infrastruktur sagte er: "Das ist aus meiner Sicht naiv und ist keine Zeitenwende." Der Terminal Tollerort im Hamburger Hafen wird von der Bundesregierung allerdings nicht als kritische Infrastruktur eingestuft.

Djir-Sarai forderte zudem, dass Scholz auf seiner China-Reise die Themen Menschenrechte und Taiwan ansprechen solle. "Ich erwarte von einem Bundeskanzler, dass er ganz klar sagt, wo wir stehen und was wir von China erwarten", so der FDP-Generalsekretär. Scholz hatte bereits angekündigt, dass er in Peking beide Themen ansprechen werde.

Die deutsche Industrie plädiert in einem Positionspapier für eine Neudefinition der Zusammenarbeit mit China. "Risikovorsorge ist das Gebot der Stunde", sagte der Präsident des Industrieverbandes BDI, Siegfried Russwurm. Handlungsbedarf sieht der BDI unter anderem bei Energierohstoffen, kritischen Metallen sowie bestimmten Technologien. Hier sollte die Industrie ihre Abhängigkeiten reduzieren. "Beschaffungs- und Absatzmärkte müssen breiter diversifiziert werden", so Russwurm.

Zu Berichten über angebliche illegale chinesische Polizeibüros in Europa sagte ein Sprecher des Innenministeriums auf Anfrage, dass man das Thema im Blick habe und man sich innerhalb der Bundesregierung gegenwärtig zum weiteren Vorgehen abstimme. "Die Bundesrepublik Deutschland hat mit der Volksrepublik China kein bilaterales Abkommen über den Betrieb von sogenannten Übersee-Polizeistationen geschlossen." Chinesische Stellen hätten keinerlei Exekutivbefugnisse auf dem Territorium der Bundesrepublik. Die Bundesregierung wirkt deshalb darauf hin, dass sich die chinesischen diplomatischen Vertretungen bei ihren Aktivitäten in Deutschland im Rahmen der Wiener Übereinkommen für diplomatische und konsularische Beziehungen bewegten.

(Bericht von Andreas Rinke, Christian Krämer; redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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