Aus für Wintershall Dea in Russland - Milliardenverlust bei BASF

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- von Patricia Weiss

Frankfurt (Reuters) - Knapp ein Jahr nach Beginn des Kriegs in der Ukraine ist der Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea zum Rückzug aus seinem Russland-Geschäft gezwungen.

Dem weltgrößten Chemiekonzern BASF, der knapp 73 Prozent an Wintershall Dea hält, brockt das zusammen mit anderen Belastungen Abschreibungen von mehr als sieben Milliarden Euro im vergangenen Geschäftsjahr ein. 2022 steht deshalb ein Nettoverlust von 1,38 Milliarden Euro zu Buche, nachdem im Jahr zuvor noch ein Gewinn von 5,52 Milliarden angefallen war. Analysten hatten einen Gewinn von rund 4,77 Milliarden Euro erwartet. BASF-Aktien fielen am Mittwoch in der Spitze mehr als zwei Prozent, notierten im Handelsverlauf aber kaum verändert.

Analyst Markus Mayer von Baader Helvea erklärte, die Abschreibungen kämen zwar nicht aus heiterem Himmel. "Dennoch raubt einem die Größenordnung den Atem." Für BASF, die ihre Tochter Wintershall 2019 mit dem Rivalen Dea zusammengeschlossen hatte, war die Beteiligung zuletzt immer mehr zur Belastung geworden. Eigentlich wollte sich der Konzern aus dem Öl- und Gasgeschäft zurückziehen und Wintershall Dea an die Börse bringen. Der Börsengang wurde aber mehrmals verschoben, auch wegen eines Zwists mit dem Miteigner - der Investorengruppe LetterOne des russischen Milliardärs Michail Fridman - und die Pläne dann vom Ukraine-Krieg zunichte gemacht.

2022 musste der Chemiekonzern insgesamt Wertberichtigungen von 7,3 Milliarden Euro auf die Beteiligung vornehmen, davon alleine 5,4 Milliarden Euro im vierten Quartal wegen der Entkonsolidierung der russischen Aktivitäten. Weitere Abschreibungen fielen wegen der von Wintershall Dea gehaltenen Beteiligung an der Nord Stream AG an, dem Betreiber der beschädigten Pipeline Nord Stream 1, sowie wegen der Pipeline Nord Stream 2, zu deren Mitfinanzierern Wintershall Dea gehörte.

Der Öl- und Gaskonzern hatte trotz des Kriegs in der Ukraine weiter an seinem Geschäft in Russland festgehalten und gewarnt, dass bei einem Rückzug Milliardenwerte an den russischen Staat fallen würden. Andere Energiekonzerne wie Shell, Total oder Enel hatten sich dagegen von ihren Aktivitäten in Russland getrennt. Zuletzt war aber auch Wintershall Dea weiter auf Distanz zu seinen russischen Geschäften gegangen und hatte Ende Oktober angekündigt, eine rechtliche Trennung zu prüfen.

Nun wurde das Unternehmen faktisch wirtschaftlich enteignet, wie Vorstandschef Mario Mehren einräumte. "In den vergangenen Monaten hat die russische Regierung die Tätigkeit westlicher Unternehmen im Land eingeschränkt. Zusätzlich haben externe Eingriffe in die Aktivitäten unserer Joint Ventures dazu geführt, dass Wintershall Dea nicht wie bisher in Russland tätig sein kann." Das Unternehmen verwies auf Dekrete der russischen Regierung, die rückwirkend die Preise verringerten, zu denen die die Gemeinschaftsunternehmen Öl und Gas an den russischen Gazprom -Konzern verkaufen können.

Wintershall Dea plant nun einen vollständigen Rückzug aus Russland "unter Einhaltung aller anwendbaren Gesetze und Bestimmungen". Das Unternehmen ist an drei Förderprojekten am Erdgasfeld Juschno Russkoje sowie der Achimov-Formation des Urengoi-Felds in Sibirien beteiligt. Der Anteil der russischen Geschäfte an der gesamten Produktion lag zuletzt bei 50 Prozent. Die Firma will nun außerhalb Russlands wachsen, etwa in Norwegen, Algerien, Argentinien und Mexiko.

Im Tagesgeschäft erreichte BASF unterdessen die Ziele für das vergangene Geschäftsjahr. Der Umsatz stieg allein dank höherer Preise und positiver Währungseffekte um elf Prozent auf 87,3 Milliarden Euro. In Aussicht waren 86 bis 89 Milliarden gestellt worden. Der bereinigte operative Gewinn (Ebit) sank um gut elf Prozent auf 6,88 Milliarden Euro und lag damit am unteren Ende der Prognosespanne. Die im Zuge des Kriegs deutlich gestiegenen Energiekosten machten BASF 2022 als größtem industriellen Gasverbraucher in Deutschland besonders zu schaffen. Der Konzern hatte deshalb im Oktober ein neues Sparprogramm angekündigt, das auch Stellenstreichungen vorsieht.

(redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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