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dpa-AFX · Uhr
    Teurer Rückzug, Kommentar zur BASF-Tochter Wintershall Dea von Sabine
Wadewitz
Frankfurt (ots) - Das Ende ist bitter, aber es wird endlich der Schlussstrich
gezogen. Die BASF-Tochter Wintershall Dea zieht sich vollständig aus dem
Russland-Geschäft zurück, wobei die Entscheidung noch nicht mal selbst bestimmt
ist, denn die Regierung in Moskau hat die gemeinsam mit Gazprom betriebenen
sibirischen Joint Ventures faktisch enteignet. Damit ist der deutsche Gas- und
Ölförderer kaltgestellt worden und muss das über Jahrzehnte erfolgreich
betriebene Geschäft komplett abschreiben. Ein Rauswurf durch einen
Geschäftspartner, den man lange als absolut zuverlässig eingeschätzt hatte.

BASF und Wintershall haben länger als andere Konzerne gezögert, sich nach Beginn
des russischen Angriffs auf die Ukraine aus dem Land Putins zu verabschieden.
Die Schockstarre war ausgeprägt, zumal Russland die Hälfte des Geschäfts
ausmachte und dank extrem niedriger Produktionskosten einen erheblichen Teil zu
Umsatz und Ergebnis beisteuerte. Doch das Drama war nicht aufzuhalten.

Anfangs beschränkte sich Wintershall auf die Zusage, in Russland zwar nicht in
neue Explorationsprojekte zu investieren, aber an bestehenden Aktivitäten
festzuhalten. Mit Fortdauer des Krieges suchten BASF und Wintershall verzweifelt
nach Lösungen, die Assets in Russland rechtlich zu trennen, um sich auf
Aktivitäten außerhalb Russlands konzentrieren zu können, ohne einen
vollständigen Vermögensverlust in Sibirien zu erleiden.

Erwogen wurde auch eine Aufteilung des Portfolios zwischen BASF und dem zweiten
Wintershall-Großaktionär Letter One, was angesichts der russischen Herkunft des
Mitgesellschafters kein leichtes Unterfangen war. Begründet wurde das von vielen
zivilgesellschaftlichen Organisationen kritisierte zögerliche Vorgehen damit,
dass bei einem ungeordneten Ausstieg werthaltige Förderlizenzen ohne
Kompensation an den russischen Staat fallen würden. Der hat nun endgültig
gezeigt, wer der Stärkere ist. Und Wintershall hat sich in der Öffentlichkeit
dem Imageschaden ausgesetzt, das Unternehmen helfe mit, die Kriegskasse Putins
zu füllen.

Finanziell schlägt der Rückzug mit Milliardenabschreibungen ins Kontor. Bei BASF
fallen die Beträge noch höher aus als bei Wintershall. Als der Chemiekonzern
seine Energietochter 2019 über ein Joint Venture mit dem russischen Milliardär
Mikhail Fridman in die Selbstständigkeit entließ, mussten die Assets zum
Zeitwert neu bewertet werden, was BASF bei der Entkonsolidierung von Wintershall
einen stolzen Buchgewinn von 5 Mrd. Euro einbrachte. Dieses Polster aus der
Vergangenheit sollte immerhin noch bei der Bewältigung der aktuellen Verluste im
Eigenkapital unterstützen.

Mit dem Befreiungsschlag ist für BASF und Wintershall immerhin Klarheit
geschaffen. Fern von Sanktionsgefahren ist der Weg frei für strategische
Schritte, die für ein Unternehmen, das bislang auf fossile Energie fokussiert
ist, existenziell sein werden.

Auch die Pläne für den seit geraumer Zeit vorbereiteten Börsengang von
Wintershall Dea könnten perspektivisch wieder aus der Schublade genommen werden.
Dass ein IPO in dem Segment auch mit einem Geschäft gelingen kann, das eine
Nummer kleiner ist, hat etwa die norwegische Var Energi im Februar 2022 beim
Listing in Oslo bewiesen.

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