Stefan Riße: Rezession (sch)ade!

Stefan Riße · Uhr
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In der vergangenen Woche liefen die Aktien ja noch einmal deutlich nach oben, vor allem an der Technologie Börse Nasdaq. Parallel dazu zeigten verschiedene Wirtschaftsdaten – zum einen harte Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt, zum anderen Frühindikatoren –, dass die bislang als ausgemacht geltende Rezession vielleicht doch abgesagt ist.

Die Wirtschaft läuft besser als erwartet. Ist es da nicht logisch, dass die Aktienkurse dann nach oben laufen? Nein! Fraglos ist das Ausbleiben einer Rezession positiv für die Gewinnfantasie der Unternehmen. Folgt man aber der Logik der vergangenen Monate, dann hätten bessere Wirtschaftsdaten eigentlich die Kurse unter Druck setzen müssen, wie es in jüngster Vergangenheit auch passierte. Denn eines ist vor diesem Hintergrund ja klar: Geldpolitische Erleichterungen wird es so schnell nicht geben.

Short Squeeze trieb die Kurse weiter

Ist die Rezession abgesagt, können wir uns auch eine erste Zinssenkung im laufenden Jahr abschminken. Liquidität bleibt damit knapper als gedacht, und das ist für die kurz- mittelfristige Börsentendenz keine gute Nachricht.

Es sei nochmal daran erinnert, dass in der Coronakrise, als die Gewinne massiv einbrachen, die Aktienkurse aufgrund des Liquiditätsfeuerwerks, das die Notenbanken abfackelten, quasi explodierten. Derzeit geht das Spiel in die andere Richtung. Gerade Technologiewerte, deren zukünftigen Gewinne bei der Bewertung eine dominante Rolle spielen, hätten aufgrund dessen, dass diese eben dann weiter mit höheren Zinsen abgezinst werden müssen, nicht am stärksten steigen dürfen, wie geschehen.

Hinter dem Kursanstieg dürfte vielmehr eine Fortsetzung des seit Jahresanfang laufenden Short-Squeezes stecken. Käufer waren also vor allem diejenigen, die ihre Wetten auf fallende Kurse durch Käufe eindeckten. Die generell defensive Positionierung der Anleger hilft derzeit, die schlechte Liquiditätssituation zu kompensieren.

Konjunkturoptimismus ist übertrieben

Wie weit ein solcher Short-Squeeze trägt, ist immer nur schwer zu sagen. Ohne frische Liquidität scheint mir eine ausgeprägte Hausse mit neuen Rekordkursen aber sehr unwahrscheinlich. Alle Erfahrungen aus der Vergangenheit sprechen dagegen. Das bedeutet aber nicht, dass man jetzt aus Aktien aussteigen sollte. Wer langfristig positioniert ist, sollte wie ein Unternehmer denken. Alternativen bleiben weiter rar. Nur wer spekulativ agiert, womöglich sogar gehebelt, sollte vorherige Argumentation berücksichtigen.

Und auch wenn der Marktkonsens derzeit die Rezession zunehmend abbläst, bleibe ich skeptischer in Bezug auf die Wirtschaftsentwicklung. In den USA trägt vor allem nach wie vor der private Konsum. Das dürften meines Erachtens noch Nachwirkungen der Corona- Hilfszahlungen sein. Die darauf aufgebauten erhöhten Konsumgewohnheiten der Bürger spiegeln sich nun allerdings schon in einem Anstieg der Verbraucherkredite wider.

Doch während Staaten die Notenpresse haben, um die Verschuldung im Zweifel immer weiter erhöhen zu können, findet die Verschuldung von Privatleuten irgendwann ihre Grenze. Diese ist umso früher erreicht, je höher die Zinsen stehen und die sind mittlerweile für Kreditkarten weit zweistellig. Die private Nachfrage dürfte sich daher abschwächen.

Auch in der Unternehmenslandschaft ist noch nicht viel vom Zinsanstieg zu spüren. Das ist aber normal, Geldpolitik wirkt immer mit einer gewissen Zeitverzögerung auf die Wirtschaft und diese dürfte diesmal sogar noch länger ausfallen, da viele Unternehmen, aber auch Immobilienbesitzer die tiefen Zinsen genutzt hatten, um sich langfristig zu verschulden. Früher oder später werden einige Firmen beim aktuellen Zins aber in die Situation kommen, dass sie sich nicht weiter durchwurschteln können. Auch Pleiten kann es dann geben.

Die schlechten Nachrichten aus der Wirtschaft können dann erst einmal weiter zu rückläufigen Kursen führen, würden dann aber nach dem Muster der vergangenen 40 Jahre den Grundstein für den nächsten großen Aktien-Aufschwung legen. Denn tendiert die Wirtschaft deutlich schwächer und lassen die Inflationsraten weiter nach, werden die Zentralbanken wieder ganz schnell auf Wirtschaftsförderung umsteuern.

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