Vonovia häuft durch Immobilien-Abwertung hohen Verlust an

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Düsseldorf (Reuters) - Die Folgen der Immobilien-Krise lasten auf dem deutschen Branchenprimus Vonovia.

Die Bochumer mussten wegen sinkender Immobilien-Preise im zweiten Quartal den Wert ihres Portfolios um rund 2,7 Milliarden Euro herunterschreiben, wie sie am Freitag mitteilten. Im Halbjahr summierte sich das Minus in der Bewertung sogar auf rund 6,4 Milliarden Euro. Unter dem Strich schrieb Vonovia von April bis Juni einen Verlust von rund zwei Milliarden Euro - nach einem Gewinn von 1,8 Milliarden Euro vor Jahresfrist. Konzernchef Rolf Buch machte indes Hoffnung auf eine Trendumkehr: Es gebe erste Anzeichen für eine Stabilisierung des Marktes. Mit Blick auf die Wohnungskrise in Deutschland forderte er Kanzler Olaf Scholz zum Handeln auf.

Vonovia-Aktien gaben am Vormittag um mehr als drei Prozent nach und notierten bei 19,95 Euro - vor einem Jahr war ein Anteilsschein noch 33,16 Euro wert gewesen.

Die Immobilienbranche steht unter Druck. Steigende Zinsen, explodierende Baukosten und die hohe Inflation machen den Unternehmen zu schaffen. Hinzu kommt, dass es kaum noch größere Transaktionen gibt - viele Marktteilnehmer können so nur schwer bewerten, was die Immobilienbestände der Konzerne wirklich wert sind. Das schürt Unsicherheit, auch Wirtschaftsprüfer wollen bei Unternehmen der Branche genauer hinsehen. Vonovia-Konkurrent Patrizia hatte die Hoffnung auf eine Erholung in diesem Jahr jüngst aufgegeben. Buch sieht dagegen einen Silberstreif: "Der Trend beim Rückgang der Immobilienwerte schwächt sich spürbar ab", sagte er.

TAGESGESCHÄFT MIT GERINGEM RÜCKGANG

Vonovia musste aber zunächst den Verkehrswert des Immobilienbestandes im Halbjahr um knapp sieben Prozent auf 88,2 Milliarden Euro nach unten korrigieren. Das schlägt auf andere zentrale Kennzahlen durch: Der Verschuldungsgrad (LTV) stieg per Ende Juni auf 47,2 (Jahresbeginn: 45,1) Prozent, er liegt deutlich oberhalb des vom Vorstand angestrebten Korridors von 40 bis 45 Prozent. Dies müsse sich ändern, sagte Buch. Der LTV ist bei Immobilien-Konzernen auch eine für die Beschaffung von Krediten wichtige Kennzahl. "Wir sind schon jetzt bis Ende 2024 voll durchfinanziert", beruhigte Buch. "Das Vertrauen des Kapitalmarktes in unser Geschäftsmodell ist weiterhin hoch", sekundierte Finanzchef Philip Grosse. Die Frage einer Kapitalerhöhung stelle sich für Vonovia nicht, bekräftigte Buch. Auf Vonovia lasten Schulden von rund 43 Milliarden Euro.

Im Tagesgeschäft gab es indes keinen Einbruch. Der Gewinn aus dem operativen Geschäft (Group FFO) sank im Quartal leicht um 0,3 Prozent auf 502 Millionen Euro. Das operative Ergebnis (Ebitda) aus der Vermietung von Wohnungen stieg, die Mieten legten um 1,5 Prozent zu. Es gebe faktisch keinen Leerstand in den Wohnungen des Konzerns. Die Prognose bekräftigte Buch: Der Group FFO werde 2023 auf 1,75 bis 1,95 Milliarden Euro schrumpfen, nach knapp über zwei Milliarden Euro im Vorjahr.

NACH EXPANSIONSKURS KONSOLIDIERUNG ANGESAGT

Vonovia-Chef Buch hatte wegen der Krise den Expansionskurs der vergangenen Jahre samt Übernahme des kleineren Konkurrenten Deutsche Wohnen für beendet erklärt. Vonovia will nun Immobilien verkaufen und Partner ins Boot holen um die Schulden zu drücken. Zwei Transaktionen gelangen 2023 bereits. Nun könnte bald eine weitere folgen: Gespräche mit Interessenten für ein weiteres Gemeinschaftsunternehmen liefen, sagte Buch. Vonovia hatte für einen Verkauf Pakete mit einem Volumen von rund 13 Milliarden Euro identifiziert. Neubauprojekte wurden auf Eis gelegt, die Dividende gekürzt.

Die Immobilien-Wirtschaft will nun bei einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz im September milliardenschwere Erleichterungen für die Branche durchsetzen, um den kriselnden Wohnungsbau wieder in Schwung zu bringen. "Die Bundesländer sollten die Grunderwerbsteuer für zwei Jahre aussetzen", hatte ZIA-Präsident Andreas Mattner mit Blick auf das Treffen des "Bündnis bezahlbarer Wohnraum" gefordert: "Ich bin besorgt, weil wir in einer tiefen Immobilienkrise sind." Der Vonovia-Chef teilt die Bedenken: "Wir brauchen jetzt ein abgestimmtes Programm, das das Problem Baukosten, das Problem steigende Zinsen und das Problem der Miet-Regulierung angeht", sagte Buch: "Der Kanzler ist auch hier gefordert."

(Bericht von Matthias Inverardi und Tom Sims; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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