Zinsunsicherheit und Konjunktursorgen drücken Europas Börsen

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Frankfurt (Reuters) - Europas Anleger haben weiterhin an den sich weltweit eintrübenden Wirtschaftsaussichten zu knabbern.

Der Dax sackte am Mittwoch um 0,3 Prozent auf 15.725 Punkte ab, während der EuroStoxx50 um 0,6 Prozent auf 4244 Zähler fiel.

Für schlechte Laune sorgte, dass der deutschen Industrie zu Beginn der zweiten Jahreshälfte die Aufträge so stark wegbrachen wie seit über drei Jahren nicht mehr. Das Neugeschäft schrumpfte im Juli um 11,7 Prozent im Vergleich zum Vormonat. "Der Daumen zeigt für den Industriesektor weiter nach unten", sagte Alexander Krüger, Chefvolkswirt von Hauck Aufhäuser Lampe. Eine Trendwende sei wegen der schwachen Weltwirtschaft und hoher Energiekosten nicht in Sicht.

Allgemein befinden sich die Investoren derzeit im Zwiespalt: einerseits würden durch die zuletzt schwachen globalen Konjunkturdaten Rezessionsängste verstärkt, andererseits jedoch weitere Zinsanhebungen unwahrscheinlicher, fasste Stratege Andreas Schiller von Raiffeisen Research zusammen. Dieses zweischneidige Schwert und eine strauchelnde chinesische Wirtschaft belasteten die Aktienmärkte. Auch die unsicheren geldpolitischen Aussichten trieben die Investoren um. Anleger, die gegen eine Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank in der nächsten Woche wetten, könnten die Wahrscheinlichkeit einer solchen Erhöhung unterschätzen, sagte EZB-Ratsmitglied Klaas Knot der Nachrichtenagentur Bloomberg in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview. Geldmarkt-Futures deuten darauf hin, dass Händler nur eine 33-prozentige Chance einpreisen, dass die EZB am 14. September die Zinsen um 25 Basispunkte anheben wird.

ÖLPREISE FALLEN NACH ERNEUERUNG VON FÖRDERKÜRZUNGEN

An den Rohstoffmärkten fielen die Ölpreise, nachdem sich Spekulationen auf ein weiter stark verknapptes Angebot verflüchtigten. Die Nordsee-Sorte Brent verbilligte sich um 0,9 Prozent auf 89,26 Dollar je Fass, US-Leichtöl WTI sank um 0,8 Prozent auf 85,97 Dollar. Saudi-Arabien und Russland hatten am Dienstag ihre freiwilligen Ölkürzungen bis zum Jahresende verlängert. Doch beide Länder werden ihre Entscheidungen monatlich überprüfen, um abhängig von den Marktbedingungen eine Verschärfung der Kürzungen oder eine Erhöhung der Produktion in Betracht zu ziehen. Das lasse Raum für Spekulationen, sagte ein Händler.

Der jüngste Anstieg der Ölpreise hatte die Börsen zusätzlich belastet. "Energiepreise sind große Inflationstreiber, und gerade zu einem Zeitpunkt, an dem sich die Preisspirale gehorsamer nach unten zu bewegen scheint, könnten hohe Rohölpreise für Aufregung sorgen", bemerkte Susannah Streeter, Leiterin Geld und Märkte bei Hargreaves Lansdown.

FUSIONSFANTASIEN IN ITALIENS BANKENBRANCHE

Anleger bejubelten das Comeback von United Internet im Nebenwerte-Index MDax. Die Aktien steigen in der Spitze um 2,8 Prozent auf 18,61 Euro und notieren damit so hoch wie seit sechs Monaten nicht mehr. Der Internet-Anbieter nimmt zum 18. September den Platz des Getränkeabfüllanlagenbauers Krones in dem Auswahlindex ein.

In Italiens Bankenbranche sorgten Fusionsspekulationen für Kursbewegungen. Die Aktien der Banca Popolare di Sondrio stiegen um bis zu neun Prozent. Die Tageszeitung "La Repubblica" berichtete, dass UnipolSai die Europäische Zentralbank um eine Genehmigung gebeten hat, ihren Anteil an der Regionalbank aufzustocken. Der Schritt könnte Teil eines umfassenderen Plans sein, Sondrio mit dem Rivalen BPER zu fusionieren, an dem UnipolSai einen Anteil von 19,9 Prozent halte, hieß es in dem Bericht weiter.

(Bericht von Anika Ross, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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