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SPAC: Die Hintertür zur Börse

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Mit einem SPAC-Börsengang können Unternehmen viel Zeit und Geld sparen. Für Investoren lohnt sich das nur selten.

Quelle: iQoncept/Shutterstock.com

Es war so schön: Nach seinem Börsendebüt kletterte der Kurs des vietnamesischen Elektroautoherstellers Vinfast in die Höhe. Zwischenzeitlich übertraf der Börsenneuling mit einer Marktkapitalisierung von 85 Milliarden US-Dollar sogar etablierte Branchen-Schwergewichte wie Ford (48 Milliarden US-Dollar) oder Volkswagen (63 Milliarden Euro). Nach dem starken Start folgte dann der Absturz: Mittlerweile ist der Marktwert auf 41 Milliarden US-Dollar gesunken und hat sich damit mehr als halbiert. Der aktuelle Kurs von 18 Dollar liegt ebenfalls deutlich unter dem Ausgabepreis von 22 Dollar. Das Unternehmen, das zuletzt für so viele Schlagzeilen sorgte, hat indes keinen normalen Börsengang hinter sich. Vinfast nutzte einen Börsenmantel, ein sogenanntes Special Purpose Acquisition Company (SPAC).

SPACs sind eine Alternative zum klassischen IPO, quasi eine Abkürzung an die Börse. Das läuft in der Regel so: Ein erfahrener Manager oder Investor gründet ein Unternehmen – ein SPAC – und bringt es an die Börse. Dieses Unternehmen bietet selbst keine Dienstleistungen oder Güter an. Das einzige Ziel ist es, Geld bei Investoren einzusammeln. 

Anleger kommen nach dem Börsengang ins Spiel: Sie können für einen Standardpreis von 10 US-Dollar eine Aktie des SPAC kaufen. Zu diesem Zeitpunkt steht noch nicht fest, für welches Start-up der Börsenmantel sammelt. Investoren müssen sich also allein an den Fähigkeiten des Managementteams, den sogenannten SPAC-Initiatoren, orientieren. Manchmal ist außerdem die Branche angegeben, aus der das Zielunternehmen kommen wird.

Mit dem Börsengang beginnt auch die Arbeit dieser Initiatoren: Sie müssen ein geeignetes, börsenwilliges Zielunternehmen finden und faire Konditionen aushandeln. Normalerweise haben sie dafür zwei Jahre Zeit. Andernfalls müssen sie ihre Aktionäre auszahlen und die Gesellschaft auflösen. Waren Suche und Verhandlungen erfolgreich, kündigen sie den Deal öffentlich an.

Nun findet eine Hauptversammlung der Aktionäre statt. Sie können entscheiden, ob sie der Transaktion zustimmen. Gibt es eine Mehrheit von mehr als 50 Prozent, fusioniert das ausgewählte Unternehmen mit dem SPAC und ersetzt es an der Börse. Anschließend können Anleger, die im neuen Unternehmen nicht investiert sein wollen, ihre Anteile bis zum Börsengang zum Ausgabepreis zurückgeben – bei allen anderen wandelt sich die SPAC-Aktie in eine Aktie des Unternehmens.

Kommt die Fusion nicht zustande oder laufen die 24 Monate ohne Deal ab, wird der SPAC aufgelöst. Aktionäre erhalten ihr Investment zurück – allerdings dann häufig abzüglich einer Management Gebühr.

SPAC-Börsengänge machen im Mittel Verlust

Für Unternehmen hat ein Börsengang via SPAC den Vorteil, dass er Zeit und Arbeit spart. Sie müssen keine Prüfungen und Anträge durchlaufen und zahlungswillige Investoren finden, wie es bei einem klassischen Börsengang der Fall ist. Investoren wiederum erhoffen sich von einem SPAC ein lukratives Geschäft: Sie können schon vor dem Börsengang in aufstrebende Unternehmen investieren und bekommen mitunter zweistellige Renditen versprochen.

Allerdings geht diese Anlage mit erheblichen Risiken einher: Du musst dich als Investor voll auf das Gespür des Managements verlassen. Vor dem Börsengang gibt es nämlich nur wenig Informationen zu dem Zielunternehmen. Außerdem haben die Initiatoren einen Anreiz dazu, dass ein Deal durchgeht: Sie erhalten für ihre Arbeit nämlich häufig Unternehmensanteile in Höhe von 20 Prozent. Das drückt den Wert der Aktie, sodass du als Aktionär indirekt eine Management-Gebühr zahlst. Hinzu kommt: Zumindest statistisch gesehen waren SPACs in der Vergangenheit eher ein Verlustgeschäft. Laut SPAC Insider verloren SPAC-Börsengänge beispielsweise aus der Tech-Branche zwischen 2009 und heute durchschnittlich 84,5 Prozent an Wert. Bei Elektromobilitätsunternehmen sind es etwa 85,9 Prozent Minus.

Die Zahlen zeigen es deutlich: SPACs sind eher für Spielgeld geeignet als für die Altersvorsorge. Wer das Risiko eingeht, erwischt mit viel Glück ein aufstrebendes Zukunftsunternehmen. In den meisten Fällen wird der Schuss aber eher nach hinten losgehen, weshalb du SPACs – wenn überhaupt – nur mit Vorsicht genießen solltest.

Gut zu wissen

2020 und 2021 waren die Rekordjahre für SPAC-Börsengänge. Es gingen 248 beziehungsweise 613 Unternehmen so an die Börse. Der Hype ist abgekühlt: Dieses Jahr waren es bisher nur 23.

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