Regierung ringt um schärferen Kurs gegen Huawei-Einsatz im 5G-Netz

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- von Hakan Ersen und Andreas Rinke und Sarah Marsh

Berlin/Frankfurt (Reuters) - Die Ampel-Koalition ringt um ein mögliches Verbot von Komponenten chinesischer Firmen wie Huawei im deutschen 5G-Mobilfunknetz.

Das Digitalministerium von Volker Wissing (FDP) äußerte sich am Mittwoch reserviert gegenüber den Plänen des SPD-geführten Bundesinnenministeriums (BMI). Innerhalb der Regierung gelten die grün-geführten Außen- und Wirtschaftsministerien als China-kritisch, das Kanzleramt dürfte dagegen Vorbehalte gegen einen zu harten Kurs haben. Die Netzbetreiber warnten zugleich vor negativen Auswirkungen auf das Funknetz durch einen Ausbau von Huawei-Komponenten und drohten mit Schadensersatzklagen.

Regierungskreisen zufolge will das Innenministerium den Einsatz kritischer Komponenten der chinesischen Hersteller Huawei und ZTE im 5G-Kernnetz ab dem 1. Januar 2026 verbieten. Für das sogenannte Zugangs- und Transportnetz sieht der Vorschlag eine Reduzierung der Huawei- und ZTE-Komponenten auf durchschnittlich 25 Prozent vor. In besonders sensiblen Regionen wie Berlin mit dem Regierungssitz oder der Industrieregion Rhein-Ruhr solle der Anteil sogar bei Null liegen. Hintergrund ist eine vom Innenministerium als zu groß erachtete Abhängigkeit von den chinesischen Firmen, denen zudem zu enge Kontakte zu der kommunistischen Führung in Peking unterstellt werden.

Unterstützung erhielt Innenministerin Nancy Faeser aus dem Bundestag. "Das größte 5G-Netz der Telekom in den USA kommt vollkommen ohne chinesische Hardware aus, insofern zeigen die Netzbetreiber selbst, dass diese Sorgen unbegründet sind", sagte der digitalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jens Zimmermann, dem "Handelsblatt". Dem CDU-Sicherheitspolitiker Roderich Kiesewetter gehen die Pläne des Innenministeriums nicht weit genug.

NETZBETREIBER SIND UNZUFRIEDEN

Kritik kommt von den Netzbetreibern: Der vorgeschlagene Ausbau von Huawei- und ZTE-Komponenten sei so nicht umsetzbar, teilte die Deutsche Telekom am Mittwoch mit. "Mit Blick auf Genehmigungsverfahren, verfügbare Kapazitäten bei alternativen Lieferanten und den von Kundschaft und Politik gewünschten weiteren Mobilfunkausbau ist ein Zieldatum bis 2026 realitätsfern. Uns erschließt sich nicht, warum den deutschen Mobilfunkkunden vom BMI ohne Not wesentliche Qualitätsverluste zugemutet werden sollen."

Die O2-Mutter Telefonica Deutschland pochte auf längere Übergangsfristen, um Störungen im Mobilfunknetz zu vermeiden. "Für einen rückwirkend notwendigen Umbau des Netzes würde Telefonica zudem Schadensersatzansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland prüfen." Außerdem behalte sich das Unternehmen vor, eine potenzielle Entscheidung zur Untersagung von Komponenten oder Lieferanten gerichtlich überprüfen zu lassen.

Auch das FDP-geführte Digitalministerium argumentiert mit der Netzstabilität. "Es gibt hier keine Entscheidung der Bundesregierung", betonte ein Sprecher. Bei möglichen Maßnahmen dürfe das Ziel eines stabilen, schnellen und bezahlbaren mobilen Internets nicht gefährdet werden. Ähnlich äußerte sich Vodafone. "Wir müssen einen Weg finden, der Deutschlands digitale Infrastruktur optimal schützt, der aber nicht zulasten von Millionen Smartphone-Nutzern geht."

ANDERE STAATEN HABEN HUAWEI BEREITS AUS IHREM NETZ VERBANNT

Sollte der Bund die Konzerne zu einem Ausbau von Komponenten aus bestehenden Netzen verpflichten, rollen milliardenschwere Zusatzkosten auf die Betreiber zu. Diese sind meist schon jetzt hoch verschuldet und müssen die Kosten für den Ausbau ihrer Mobilfunk- und Glasfasernetze stemmen. In den USA fordert die Branche der dortigen Aufsichtsbehörde zufolge für den Austausch beanstandeter Komponenten staatliche Beihilfen in Höhe von 5,6 Milliarden Dollar. Die "Wirtschaftswoche" zitierte ein BMI-Papier, in dem dagegen argumentiert wird, dass wegen des bis 2026 angedachten Umbaus keine Zusatzkosten entstünden. Das BMI will ab kommender Woche die finale Abstimmung der aktuellen Vorschläge innerhalb der Bundesregierung beginnen.

Wegen möglicher Spionage und Sabotage im Auftrag der chinesischen Regierung steht Huawei seit mehreren Jahren auf einer schwarzen Liste der USA. Auch andere westliche Staaten sehen vor allem den Einsatz von Komponenten der Firma in Mobilfunknetzen kritisch. Der Konzern hat den Spionagevorwurf stets zurückgewiesen. "Huawei ist seit über 20 Jahren in Deutschland tätig und ist ein verlässlicher Lieferant innovativer Technologien mit sehr guter Sicherheitsbilanz", betonte ein Sprecher.

Der Bund hatte bereits vor längerem die Hürden für den Einbau von Huawei- und ZTE-Komponenten angehoben. Deutschland gilt innerhalb der Europäischen Union (EU) aber als Nachzügler. Die Staatengemeinschaft hatte sich vor drei Jahren darauf geeinigt, keine Teile von "Hochrisiko-Anbietern" mehr in europäischen Mobilfunknetzen zu verbauen. Schweden verbannt zum 1. Januar 2025 chinesische Bauteile aus seinen Handy-Netzen. In Großbritannien sollten Huawei-Komponenten bis zum Jahresende aus den Kernnetzen verschwinden. Die Politik ist in verschiedenen EU-Staaten aber sehr unterschiedlich.

(Bericht von Hakan Ersen und Andreas Rinke, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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