Kriselnder Agrarkonzern BayWa schreibt mehr als eine halbe Milliarde Euro Verlust

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München (Reuters) - Trotz geschäftlicher Talfahrt auch im Sommer rechnet der angeschlagene Agrar- und Baustoffkonzern BayWa weiter mit einer erfolgreichen Sanierung.

In den ersten neun Monaten stieg der Nettoverlust auf 640,8 Millionen Euro von 17,1 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum, wie das Unternehmen am Donnerstag in München mitteilte. Das Bekanntwerden der prekären Lage des hoch verschuldeten Konzerns im Juli habe Kunden und Lieferanten verschreckt. Doch Gespräche mit Banken sowie weiteren Finanzierungspartnern und Beteiligten verliefen konstruktiv. "Dies dürfte dem BayWa-Konzern bereits im Schlussquartal zu mehr Stabilität in den einzelnen Segmenten verhelfen." An der Börse blieben die Anleger skeptisch: Die Aktie gab um 2,5 Prozent nach.

"Die Ankündigung einer Sanierungssituation und die anschließende Beauftragung des Sanierungsgutachtens im Juli 2024 haben zu erheblichen Unsicherheiten und Reaktionen bei Lieferanten und Kunden geführt", erklärte die BayWa. "Veränderte Lieferkonditionen seitens der Hersteller und erhöhte Anforderungen der Kunden hinsichtlich produktbezogener Ansprüche führten in nahezu allen Segmenten zu einem veränderten Liefer- und Bestellverhalten mit negativen Ergebniseffekten."

Der Umsatz schrumpfte von Januar bis September um fast zwölf Prozent auf 16 Milliarden Euro. Vor Zinsen und Steuern (Ebit) schrieb der Konzern einen Verlust von 299,8 Millionen Euro nach einem Gewinn von 214,6 Millionen Euro vor Jahresfrist. Selbst wenn man die im August bekannt gegebenen Abschreibungen vor allem auf die Wind- und Solar-Tochter BayWa r.e. herausrechnet, stand ein Betriebsverlust von 77,6 Millionen Euro zu Buche.

"Wesentliche Ursachen für den Umsatzrückgang waren deutlich niedrigere Verkaufspreise für Erzeugnisse und Photovoltaikkomponenten sowie Absatzrückgänge im Handel mit Wärmeenergieträgern und Baustoffen", hieß es im Neunmonatsbericht. Im Geschäft mit Erneuerbaren Energien, das im Zentrum der Konzernkrise steht, litt die BayWa erneut unter dem anhaltenden Preisverfall bei Photovoltaikmodulen. Hinzu kam nun, dass das Unternehmen Solarkomponenten mit hohen Rabatten losschlug, um dringend benötigtes Geld in die Kassen zu spülen. Überdies musste der Konzern seine Sanierungsberater bezahlen.

Im Agrargeschäft stellten sich angesichts der Konzernkrise besorgte Geschäftspartner quer. "Die angespannte finanzielle Situation der BayWa im dritten Quartal führte dazu, dass einige Handelspartner Getreidekontrakte mit der BayWa einschränkten", erklärte das bayerische Unternehmen. "Dieser temporäre Vertrauensverlust, der durch die Beauftragung des Sanierungsgutachtens im Berichtsquartal hervorgerufen wurde, führte zu fehlenden Volumina bzw. Handelsopportunitäten." Zudem zogen sich Lieferanten und Logistikpartner teilweise zurück.

Auch das Baugeschäft schrieb im Zuge der Krise am Wohnungsmarkt rote Zahlen. Das Landtechnik- und Servicegeschäft hingegen sei weiter auf solidem Kurs.

Die BayWa hatte Mitte Juli Liquiditätsengpässe einräumen müssen und brauchte seither schon zwei Finanzspritzen ihrer Eigentümer und Gläubiger über insgesamt eine Milliarde Euro. Vorstandschef Marcus Pöllinger musste gehen, auch Finanzvorstand Andreas Helber steht vor dem Abschied. Neuer starker Mann ist der Sanierungsexperte Michael Baur, den die BayWa von der Unternehmensberatung Alix Partners angeheuert hat. Am Mittwoch war der Rücktritt eines der stellvertretenden Aufsichtsratschefs bekannt geworden.

(Bericht von Jörn Poltz, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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