Moody's stuft Bonität herab

Wie schwer wiegt der Verlust des "Aaa"-Ratings für die USA?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Keine Ratingagentur vergibt den USA noch die Spitzennote. Die Märkte reagieren aufgewühlt - doch wie wichtig ist der Verlust der Top-Bonität wirklich?

Quelle: Pla2na/Shutterstock.com

Moody’s hat den USA am Freitag das Spitzenrating entzogen. Damit folgt nun auch die letzte der drei großen Ratingagenturen den Wettbewerbern Fitch und S&P. Diese hatten dem Land bereits 2011 respektive 2023 das begehrte Top-Rating („AAA“, „Aaa“) entzogen.

Warum hat Moody’s das Rating angepasst?

„Die Abstufung um ein Level spiegelt den Anstieg der Staatsschulden und der Zinskostenquoten auf ein Niveau wider, welches signifikant höher ist als bei ähnlich bewerteten Nationen“, schreibt Moody’s selbst zur Abstufung. Die Ratingagentur stört sich vor allem an den Kosten des immer weiter wachsenden Schuldenbergs der USA (siehe Grafik unten).

„Wenn es keine Veränderungen bei der Besteuerung und den Ausgaben gibt, wird die US-Regierung bei ihrem Etat immer unflexibler. Bis 2025 dürfte der Teil obligatorischer Ausgaben (inklusive Zinskosten) von 73 Prozent des Budgets (2024) bis auf 78 Prozent ansteigen. Wir erwarten, dass durch höhere Zinskosten das Haushaltsdefizit von 6,4 Prozent (2024) bis auf fast neun Prozent bis 2035 steigen wird.“

USA von Moody's abgestuft
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Die gesamten Schulden der USA dürften so im gleichen Zeitraum nochmals massiv ansteigen. Ausgehend vom aktuellen Niveau – rund 98 Prozent, ohne Schulden, welche Regierungsbehörden selbst halten – soll es bis 2034 auf 134 Prozent steigen. Zum Vergleich: Damit würden sich die USA auf Niveaus bewegen, die man sonst nur von Italien oder Japan kennt.

Mit welchen ersten Konsequenzen musst du rechnen?

Der größte Effekt des Schritts zeigte sich direkt am Montag: Die Umlaufrendite 30-jähriger US-Staatsanleihen ist über die Marke von fünf Prozent gestiegen. 

Die Umlaufrendite ist der effektive jährliche Zinssatz, den Anleger zum aktuellen Kurs einer Anleihe erhalten. Die Umlaufrendite ergibt sich durch Kursänderungen. Steigt der Kurs der Anleihe, sinkt die Umlaufrendite. Umgekehrt bringen Anleihen mehr Rendite, wenn der Kurs fällt. Steigende Umlaufrenditen signalisieren also, dass die Kurse der Anleihen an der Börse fallen.

Das Signal des Marktes: Mit dem schlechteren Rating müssen die USA bei (neu emittierten) Anleihen nun etwas mehr Zinsen bieten: Das schlechtere Rating wird mit einer sogenannten Risikoprämie belohnt.

Natürlich ist auch ein „Aa1“-Rating immer noch sehr gut. Ein Ausfall der US-Anleihen ist weiterhin außerordentlich unwahrscheinlich.

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Beeinflusst das Rating auch die Kurse von Aktien?

Indirekt. Auf der einen Seite machen steigende Umlaufrenditen Anleihen – relativ betrachtet – attraktiver gegenüber Aktien.

Auf der anderen Seite nährt die Abstufung ohnehin bestehende Ängste um die Konjunktur der USA. Die jüngste Annäherung zwischen China und den USA im Handelsstreit dämpfte die Rezessionssorgen am Markt zwar spürbar. Das Verbrauchervertrauen der Universität Michigan signalisierte aber kürzlich, dass die Unsicherheit unter den Konsumenten weiterhin fast rekordhoch ist.

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„Die Kosten für den Schuldendienst werden graduell steigen, da große Investoren mehr und mehr US-Bonds in andere sichere Häfen umschichten werden. Das kann leider zu einer gefährlichen Spirale mit steigenden Umlaufrenditen, Abwärtsdruck auf den Dollar und weniger attraktiven US-Aktien führen“, kommentierte Max Gokhman, Vize-Chefanlagestratege der US-Investmentgesellschaft Franklin Templeton gegenüber Bloomberg.

Kurzum: Die Abstufung ist ein Belastungsfaktor für die Börsen. Der Verlust des Spitzen-Ratings kommt zu der Unsicherheit, die die Regierung von Donald Trump mit ihren Zöllen schafft, dazu.

Wie verhielten sich die Börsen nach vorigen Abstufungen?

In den Handelstagen direkt nach der Abstufung kam es durchaus zu Phasen mit heftigen Kursverlusten. Nach der S&P-Abstufung 2011 verlor der S&P 500 beispielsweise über 6,6 Prozent. Nur um am Folgetag wieder fast fünf Prozent zu gewinnen, um danach wieder um 4,4 Prozent abzusacken, und schließlich erneut um 4,6 Prozent zu steigen.

Längerfristig ist der direkte Einfluss auf die Kurse eher marginal, da es sich eben nur um einen von vielen kursbewegenden Faktoren handelt. Und davon haben die US-Börsen aktuell mehr als genug.

Und die Anleihemärkte? Auch hier sind die Reaktionen, zumindest bei den vorigen Abstufungen, ebenfalls gar nicht mal so eindeutig. Nach der Abstufung 2011 fielen die Umlaufrenditen zehn- und 30-jähriger US-Anleihen einfach weiter, obwohl die Abstufung der reinen Lehre nach eigentlich höhere Risikoprämien hätte auslösen sollen. Damals hat die US-Zentralbank aber eine sehr lockere Geldpolitik verfolgt und so die Renditen nach unten gedrückt.

2023 wiederum folgte auf die Abstufung durch Fitch auch erwartungsgemäß ein deutlicher Aufwärtstrend bei den Renditen, wobei das Umfeld – hohe Inflation und eine striktere Notenbankpolitik – diese Bewegung wohl auch ohne die Abstufung gerechtfertigt hätten.

Was bedeutet das nun mittel- bis langfristig?

„Die Abstufung erinnert uns daran, dass es teuer ist, fiskalische Probleme auf die lange Bank zu schieben“, sagte Portfoliomanagerin Priya Misra der US-Großbank JP Morgan angesichts der Abstufung. Die USA werden künftig mehr und mehr Geld aufwenden müssen, um sich zu refinanzieren. Damit bleibt, wie Moody’s selbst erklärt hat, weniger Geld für andere Ausgaben, wie Investitionen in Infrastruktur und Wirtschaft beispielsweise.

Das macht es umso schwieriger, das Haushaltsdefizit zu drücken und den Schuldenberg irgendwann auch abzubauen. Da die Umlaufrenditen am Anleihenmarkt auch Maßstab für andere Zinssätze sind, verteuern sich Schulden auch für US-Haushalte und Konzerne. Für die Wirtschaft, und damit folglich die Börsen, sind das schlechte Aussichten.

Auf der anderen Seite erwähnte auch Moody’s im Ausblick, dass es sich bei den USA eben nicht einfach nur um eine von vielen Volkswirtschaften handelt. „Die US-Wirtschaft ist einmalig unter den Nationen, deren Bonität wir bewerten. Sie kombiniert eine exorbitante Größe, hohe Durchschnittseinkommen, ein starkes Wachstumspotenzial und eine Erfolgsbilanz bei Innovationen, welche Wachstum und Produktivität stützen.“

Darüber hinaus genieße der US-Dollar weiterhin den Status der Weltreservewährung. Zudem erwartet die Ratingagentur, dass die Effektivität der US-Geld- und Wirtschaftspolitik weiterhin „makroökonomische und finanzielle Stabilität“ gewährleisten wird.

Insofern ist die Abstufung für Anleger, die US-Aktien halten, von geringerer Bedeutung als beispielsweise die Geldpolitik, oder die Frage, wie sich der Zollstreit weiter entwickelt. Laut Analystin Lale Akoner vom Online-Broker Etoro habe der Markt bereits eingepreist, dass sich das fiskalische Umfeld unter Trump verändern wird.

Daher rät sie: „Anleger sollten die Entwicklung der Anleiherenditen und die Haushaltsverhandlungen im Blick behalten. Dabei sollte nicht überhastet reagiert werden: Die Geschichte zeigt, dass Ratings oft der Realität hinterherlaufen.“

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