Experte: ArcelorMittal-Rückzug gefährdet Werke in Bremen und Eisenhüttenstadt

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- von Holger Hansen

Berlin (Reuters) - Nach dem Ausstieg des Stahlkonzerns ArcelorMittal aus der geplanten Stahlproduktion mit Wasserstoff steht die Zukunft der Werke in Bremen und Eisenhüttenstadt nach Einschätzung des Energie-Experten Felix Matthes auf dem Spiel.

"Die stehen jetzt zur Disposition", sagte der Wissenschaftler vom Freiburger Öko-Institut am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. Der Hochofenbetrieb sei Ende der 2020er-Jahre wirtschaftlich nicht mehr tragfähig. "Jetzt stellt sich die Frage, ob man wenigstens ein Elektrostahlwerk hinbauen kann und das Vormaterial importiert." Das sei "energie- und klimapolitisch alles überhaupt nicht schön, aber damit wäre zumindest der Standort gesichert". Elektrostahlwerke seien allerdings eine Standardtechnologie, für deren Förderung es im Beihilferecht der Europäischen Union (EU) nur begrenzten Spielraum gebe.

Für den geplanten Hochlauf der Wasserstoffnutzung in Deutschland sei der ArcelorMittal-Ausstieg ein Rückschlag. "Das war ein Ankerkunde für den norddeutschen Teil des Wasserstoff-Kernnetzes", sagte Matthes, der auch Mitglied des Nationalen Wasserstoffrates ist, der die Bundesregierung berät. "Das ist der zweite große Schlag gegen das Wasserstoffkernnetz." Der erste große Schlag sei die Kraftwerkstrategie der neuen Bundesregierung, in der die Wasserstoffkomponente sehr heruntergefahren werde.

Matthes rechnet allerdings nicht mit einem Dominoeffekt für die Pläne weiterer Stahlhersteller in Deutschland, die eine Umrüstung auf Wasserstofftechnologie anstreben. "ArcelorMittal hat jetzt die Reißleine gezogen", sagte Matthes. Als international agierender Konzern habe das Unternehmen andere Möglichkeiten als rein deutsche Produzenten. "Wenn man Salzgitter ist oder Saarstahl oder Thyssenkrupp, dann hat man nicht die Möglichkeit, einfach an einen internationalen Standort auszuweichen. Dann ist man entweder hier oder man geht unter." Er sei überzeugt, dass für diese Firmen Lösungen gefunden würden, deren Wasserstoffprojekte zu sichern.

Ähnliche Dekarbonisierungspläne wie die bisherigen von ArcelorMittal verfolgen auch Thyssenkrupp und Salzgitter, die Zusagen für milliardenschwere Förderungen erhalten haben.

(Bericht von Holger Hansen, redigiert von Kerstin Dörr Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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