Anleger in Europa schütteln Nahost-Sorgen ab

Frankfurt (Reuters) - Die von US-Präsident Donald Trump verkündete Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran hat an den europäischen Aktienmärkten eine Erleichterungs-Rally ausgelöst.
Der Dax sprang am Dienstag um 2,3 Prozent nach oben auf bis zu 23.812 Punkte. Der EuroStoxx50 zog in der Spitze um 1,9 Prozent auf 5323 Zähler an. "Es gibt jetzt eine berechtigte Hoffnung, dass die militärische Auseinandersetzung zwischen Israel und dem Iran in der vergangenen Nacht zu Ende gegangen ist", kommentierte Thomas Altmann, Portfoliomanager vom Vermögensverwalter QC Partners.
Am Ölmarkt rauschten die Preise weiter in die Tiefe. Bereits am Vortag war der Ölpreis gefallen, da der begrenzte iranische Vergeltungsschlag als Antwort auf den US-Angriff auf iranische Atomanlagen die Furcht vor Lieferstörungen milderte. "Wenn der Waffenstillstand wie angekündigt eingehalten wird, können die Anleger mit einer Normalisierung des Ölpreises rechnen", sagte Priyanka Sachdeva, Analystin bei Phillip Nova. In der Spitze gab Rohöl der Sorte Brent um 5,6 Prozent auf 67,50 Dollar je Barrel nach. US-Öl WTI verbilligte sich zeitweise um sechs Prozent auf 64,38 Dollar je Barrel.
"Mit der Nachricht vom Waffenstillstand sehen wir nun, dass sich die Risikoprämie, die letzte Woche in den Rohölpreis eingebaut wurde, so gut wie in Luft auflöst", sagte Tony Sycamore, Analyst bei IG. Trump hatte am Montag erklärt, Israel und der Iran hätten sich auf einen Waffenstillstand geeinigt. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bestätigte mittlerweile, dass sein Land dem Vorschlag Trumps zugestimmt habe. Israel habe sein Ziel erreicht, die Bedrohung durch das iranische Atom- und Raketenprogramm zu beseitigen.
DOLLAR GIBT NACH - GOLDPREIS AUCH
Am Devisenmarkt gab der Dollar weiter nach, nachdem er zuvor auf ein Sechs-Wochen-Hoch von 148 Yen gestiegen war. Auch zum Euro ließ die US-Währung Federn. Der Euro zog im Gegenzug um 0,4 Prozent auf 1,1622 Dollar an. Yen und Euro profitierten vom Rückgang der Ölpreise, da sowohl die EU als auch Japan in hohem Maße von Öl- und Flüssiggaseinfuhren abhängig sind. Die Vereinigten Staaten sind dagegen Nettoexporteure. Der als Risiko-Indikator geltende Goldpreis sank um 1,5 Prozent auf 3316 Dollar je Feinunze.
Bei den Einzelwerten gehörten unterdessen Reisewerte zu den größten Gewinnern. Die Titel von Reisekonzern Tui verteuerten sich um rund acht Prozent, Lufthansa-Aktien zogen um sechs Prozent an. "Die Lufthansa profitiert zweifach von der überraschend schnellen Deeskalation im Nahen Osten und auch dem fallenden Ölpreis", kommentierte ein Händler. Auch andere Airlines hoben ab. British Airways-Mutter IAG zog in London zeitweise um acht Prozent an, ebenso die Titel von EasyJet und Wizz Air.
Die fallenden Energiepreise trieben auch weitere Branchen an. So kletterten die Aktien von Heidelberg Materials um 8,1 Prozent auf ein Rekordhoch von 191,45 Euro. Einem Händler zufolge profitierte der Baustoffkonzern auch davon, dass BofA-Analysten das Kursziel auf 215 Euro von zuvor 205 Euro erhöht hätten. Auch zum Rivalen Holcim habe es einige positive Analysten-Notes gegeben. "Ich denke, dass der Fokus wieder stärker auf das Infrastrukturprojekt wandert", sagte der Börsianer.
Auf den Verkaufszetteln standen dagegen Rüstungswerte. Rheinmetall, Hensoldt und Renk verbilligten sich zeitweise zwischen fünf und sieben Prozent. Der fallende Ölpreis zog zudem Energiekonzerne mit nach unten. BP-Aktien rutschten zeitweise mehr als sechs Prozent ab, die Titel von Shell büßten in London in der Spitze knapp fünf Prozent ein.
(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)