Auto-Industrie unter Druck – Lösen Strafzölle auf europäische PKW Handelskrieg zwischen EU und USA aus?
Es brennt zurzeit an allen Ecken und Enden für die heimischen Autobauer. Nicht nur die schwächere Lage der Weltwirtschaft mit einhergehenden Verkaufsrückgängen macht der wichtigsten deutschen Industriesparte zu schaffen. Auch die politischen Anspannungen mit China und den USA als Hauptstreithähne, die sich über den ganzen Globus ziehen, sind ein den Autobauern ein Dorn im Auge.
Angst vor US-Sonderzöllen auf europäische Autos
Auch nach Ablauf der Frist für einen offiziellen Bericht zu möglichen Strafzöllen auf europäische Autos gibt es noch immer keine offizielle Positionierung der US-Regierung. Bis Sonntag sollte das US-Handelsministerium eine Einschätzung dazu vorlegen, ob der Import von Autos und Zulieferteilen die nationale Sicherheit des Landes beeinträchtigt. Kanzlerin Angela Merkel hatte am Wochenende kritisiert, das Ministerium sei offensichtlich zu diesem Schluss gekommen, was erschreckend sei. Eine offizielle Stellungnahme des US-Handelsressorts gab es bisher aber nicht. Vertritt die Behörde tatsächlich diese Sicht, könnte US-Präsident Donald Trump binnen 90 Tagen entscheiden, ob er Sonderzölle erheben will.
Wann genau die Entscheidung des Ministeriums bewird, ist offen. An diesem Montag ist in den USA ein Feiertag. Das Ministerium äußerte sich bislang trotz diverser Anfragen nicht zu der Entscheidung.
Merkel hatte am Wochenende bei der Münchner Sicherheitskonferenz gesagt, die bevorstehende Entscheidung des US-Handelsministeriums sei für Deutschland erschreckend. Sie verstehe nicht, wie die Amerikaner deutsche Autos als Gefahr für die nationale Sicherheit einstufen könnten. „Diese Autos werden gebaut in den Vereinigten Staaten von Amerika.“ Im US-Bundesstaat South Carolina befinde sich das größte BMW-Werk. „Nicht in Bayern, in South Carolina“, betonte die Kanzlerin und warb für weitere Gespräche.
Zuletzt waren Sonderzölle in Höhe von 25 Prozent im Gespräch. Hintergrund solcher Überlegungen Trumps ist, dass er dadurch das US-Handelsdefizit abbauen und Jobs in den USA schaffen will. Doch ein solcher Schritt ist auch in den USA umstritten und nicht ohne Risiko. Experten warnen, höhere Zölle könnten die Verkaufszahlen in den USA bremsen und damit letztlich auch Jobs gefährden. Die US-Autoteile- Industrie mahnt, Sonderzölle seien eine zusätzliche Belastung für amerikanische Firmen und auch für die Verbraucher.
Besondere Gefahr durch Sonderzölle droht den deutschen Autobauern. Sollten die USA die Importzölle dauerhaft um 25 Prozent erhöhen, könnten sich deutsche Autoexporte in die USA langfristig fast halbieren, geht aus den Berechnungen des ifo Instituts hervor.
Den Wert europäischer Auto- und Autoteilexporte in die USA insgesamt hatte die EU-Kommission zuletzt auf mehr als 50 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Die EU hat bereits angekündigt, dass sie auf neue US-Zölle mit Vergeltungszöllen reagieren würde. Denkbar ist demnach, dass im ersten Schritt Ausgleichszölle auf US-Waren im Wert von rund 20 Milliarden Euro verhängt würden.
Die USA bleiben ungeachtet aller Störfeuer der Trump-Regierung wichtigster Einzelmarkt für Deutschlands Exporteure. In das Land gingen im vergangenen Jahr Waren „Made in Germany“ im Gesamtwert von 113,5 Milliarden Euro und damit 1,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt errechnet hat.
Verkäufe auf dem chinesischen Markt gehen weiter zurück
Der chinesische Automarkt ist derweil auch ins neue Jahr mit schwächeren Verkäufen gestartet. Auf dem wichtigsten Einzelmarkt der deutschen Autobauer ging der Gesamtabsatz im Januar um 4 Prozent auf 2,18 Millionen Autos zurück, wie der Branchenverband PCA (China Passenger Car Association) am Montag in Peking mitteilte. Der Verband zählt Pkw, SUVs, Minivans und kleinere Mehrzweckfahrzeuge.
Im vergangenen Jahr waren die Autoverkäufe im Land zum ersten Mal seit über 20 Jahren zurückgegangen. Der Zollstreit zwischen den USA und China verunsichert die chinesischen Autokäufer, zudem lasten eine hohe Verschuldung, der schwächelnde Immobilienmarkt und eine generell weniger dynamische Konjunktur auf dem Verbrauchervertrauen.
Volkswagen ist unter den deutschen Autokonzernen als Massenhersteller am stärksten von der Marktschwäche betroffen und hatte im Januar in China weniger Autos ausgeliefert. Daimler, BMW und Audi dagegen verkauften mehr Wagen.
Aktien der großen Autohersteller von Analysten in die Mangel genommen
Die Privatbank Berenberg hat die Kursziele der Aktien von Daimler, BMW und VW gesenkt. Ein nachlassender zyklischer Rückenwind und mangelnde strukturelle Verbesserungen der Autoindustrie signalisierten eine Margenerosion im Sektor, schrieb Analyst Alexander Haissl in einer am Montag vorliegenden Branchenstudie. Deshalb habe er seine Ergebnisprognosen für die meisten der von ihm beobachteten Sektor-Unternehmen reduziert. Die zunehmenden zyklischen Risiken seien in den Bewertungen der Zulieferer bereits angemessener reflektiert als in jenen der Kfz-Hersteller, weshalb er erstere vorziehe.
Die Bank senkte das Kursziel für Daimler von 52 auf 46 Euro und hat die Einstufung auf „Sell“ belassen. Die Aktie liegt gut zwei Stunden nach Handelsbeginn bei knapp ein Prozent im Minus, auf einem Wert von 50,11 Euro.

Für BMW hat sie das Kursziel von 82 auf 71 Euro gesenkt, aber die Einstufung auf „Hold“ belassen. Das Wertpapier liegt momentan bei 0,66 Prozent im Minus, bei 70,30 Euro.

Das Kursziel von VW sieht sie weiter bei 125 Euro und hat die Einstufung auf „Sell“ belassen. Die VW-Aktie leidet momentan am meisten, mit einem Minus von über 1,5 Prozent, bei einem derzeitigen Wert von 142,18 Euro.

(Onvista/dpa-AFX)
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