Bayer: „Glyphosat bleibt wichtiger Bestandteil“ ++ VW: Traton Börsengang soll 1,9 Milliarden Euro bringen ++ Infineon: Gewinnwarnung von Broadcom belastet
Die SPD hat ein neues Thema für sich entdeckt. In der Debatte um bezahlbare Wohnungen prescht jetzt der kommissarische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel vor und fordert einen bundesweiten Mietendeckel. Ziel sei, die Mieten in gefragten Wohngegenden für fünf Jahre weitgehend einzufrieren, sagte Schäfer-Gümbel dem „Tagesspiegel“ (Freitag). Es gehe um eine Atempause im Mietmarkt. „Wir gewinnen damit Zeit, um zu bauen, zu bauen und noch einmal zu bauen.“ Neue Stadtteile müssten entstehen und zudem Wege gesucht werden, „wie wir Arbeit zurück aufs Land bekommen, damit Leute überhaupt nicht in die Situation kommen, in Ballungsräume ziehen zu müssen“, so Schäfer-Gümbel.
„Wir brauchen den Mietpreisdeckel für ganz Deutschland“, sagte der kommissarische SPD-Chef. „Wir werden das in der Koalition in den nächsten Tagen ansprechen und zum Thema machen.“ Die rot-rot-grüne Koalition in Berlin plant in der Hauptstadt von 2020 an einen Mietendeckel. Damit soll etwa die Verdrängung von Mietern verhindert werden, die ihre Mieten nicht mehr zahlen können. „Ziel muss sein, dass Menschen höchstens ein Drittel ihres Einkommens für das Wohnen ausgeben müssen“, sagte Schäfer-Gümbel.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wird am heute als Gastrednerin beim Deutschen Mieterbund in Köln erwartet. Bei der Jahresversammlung des Mieter-Sprachrohrs dürfte Merkel den Unmut über steigende Mieten und knappen Wohnraum in Deutschland zu spüren bekommen. In Berlin treibt die Bürgerinitiative „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ ihre Pläne für bezahlbaren Wohnraum voran. Mit der Übergabe einer Unterschriften-Sammlung unternimmt sie den nächsten Schritt für ein Volksbegehren zu Enteignungen von Wohnungskonzernen.
Die Anleger dürften daher weiterhin Vorsicht walten lassen bei den deutschen Immobilien-Werten.
Dax wird vorsichtiger
Am letzten Handelstag der Woche wird die Stimmung der Anleger wieder verhaltener. Der deutsche Leitindex liegt mit 12.134,36 Punkten 0,29 Prozent im Minus. Damit schrumpft auch das Plus der gesamten Woche zusammen und liegt jetzt knapp unter einem Prozent.
Bayer: Plan B kostet Milliarden von Euro
So richtig einsichtig scheint man in Leverkusen nicht zu sein. Obwohl schon US-Richter dem Dax-Konzern nahegelegt haben einen großen Vergleich anzustreben hält Bayer weiterhin an der Produktion des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat fest, will aber zugleich Milliarden in die Entwicklung von Alternativen investieren.
„Glyphosat wird weiterhin eine wichtige Rolle in der Landwirtschaft und in der Produktpalette von Bayer spielen“, erklärte das Leverkusener Unternehmen am Freitag. Gleichzeitig seien in den kommenden zehn Jahren Investitionen von rund fünf Milliarden Euro in zusätzliche Methoden zur Unkrautbekämpfung geplant. Bayer setze sich zudem höhere Maßstäbe für „Transparenz, Nachhaltigkeit und den Umgang mit allen Interessensgruppen“, hieß es weiter. „Die Maßnahmen gehen auf Bedenken ein, die Bayer im Jahr nach der Akquisition von Monsanto erreicht haben.“
In den USA sieht sich Bayer mit etwa 13.400 Klägern wegen des von Monsanto entwickelten Unkrautvernichters konfrontiert. Zuletzt wurde der Konzern Mitte Mai zu mehr als zwei Milliarden Dollar Schadenersatz an ein krebskrankes Ehepaar verurteilt. In zwei vorherigen Fällen wurden den Klägern Schadenersatzzahlungen von insgesamt knapp 160 Millionen Dollar zugesprochen. Bayer hat wiederholt auf zahlreiche Studien verwiesen, die Glyphosat als nicht gesundheitsschädigend einstufen. Der Konzern hat Berufung gegen die Klagen eingelegt oder angekündigt, viele Experten gehen aber letztlich von einem teuren Vergleich aus. Die Klagewelle erreichte zuletzt auch Australien.
VW: Traton geht Endi Juni an die Börse
Volkswagen unternimmt einen neuen Anlauf für einen Börsengang seiner Nutzfahrzeugtochter Traton und will dabei bis zu 1,9 Milliarden Euro einnehmen. Ingesamt würden bis zu 57,5 Millionen Aktien in einer Preisspanne von 27 bis 33 Euro pro Stück angeboten, teilte Volkswagen am Donnerstagabend mit. Damit werde die Dachgesellschaft der Lkw- und Bushersteller MAN und Scania insgesamt mit bis zu 16,5 Milliarden Euro bewertet. Die Papiere sollten zwischen dem 17. und 27. Juni angeboten werden, als erster Handelstag an den Börsen in Frankfurt und Stockholm ist der 28. Juni geplant. „Der Börsengang hat das klare Ziel, Mehrwert für unsere Stakeholder zu schaffen“, erklärte Volkswagen-Finanzvorstand Frank Witter.
Eigentlich hatte Volkswagen die Sparte schon vor Ostern an die Börse bringen wollen. Das Vorhaben wurde aber mit Verweis auf ein schwaches Marktumfeld aufgeschoben. Ursprünglich war angedacht, bis zu 25 Prozent der Anteile zu platziert, beim Erlös hatte Traton auf bis zu sechs Milliarden Euro gehofft. Investmentbanker hatten das aber als zu ehrgeizig bezeichnet. Der Lkw- und Bus-Hersteller hat nach früheren Angaben keinen akuten Kapitalbedarf, will sich mit dem Börsengang aber die Möglichkeit schaffen, Übernahmen ohne den Wolfsburger Mutterkonzern zu finanzieren.
Nun erklärte Volkswagen, bei dem Börsengang würden zunächst 50 Millionen Aktien angeboten. Möglich sei zudem sei eine Mehrzuteilungsoption (Greenshoe) von weiteren 7,5 Millionen Papieren. Abhängig von der endgültigen Anzahl der platzierten Aktien und dem Ausgabepreis liege das Gesamtangebotsvolumen zwischen 1,553 Milliarden Euro und 1,898 Milliarden Euro. Die Preisspanne entspreche einer Traton-Gesamtbewertung von 13,5 bis 16,5 Milliarden Euro. Der Streubesitz liege dann zwischen zehn und 11,5 Prozent.
„Wir haben die Zielgerade fast erreicht und sind voller Zuversicht“, erklärte Traton-Vorstandschef Andreas Renschler. „Wir sind überzeugt, dass Traton ein attraktives Investment ist, und das Feedback von Investoren und Analysten bestärkt uns darin.“ Die Nutzfahrzeug-Sparte hatte 2018 einen operativen Gewinn von 1,7 Milliarden Euro und einen Umsatz von 25,9 Milliarden Euro ausgewiesen.
Kurz und knapp:
Infineon: Der Münchener Chipproduzent wird heute von schlechten Nachrichten der Konkurrenz aus den USA belastet. Der Halbleiterkonzern Broadcom rechnet für das laufende Jahr mit schwächeren Erlösen. Ein wesentlicher Grund für den Pessimismus ist der Handelskrieg zwischen den USA und China, der die Nachfrage nach Halbleitern drücke, wie aus Aussagen des Chefs Hock Tan hervorgeht. Statt 24,5 Milliarden US-Dollar plant Broadcom jetzt nur noch mit Umsätzen von 22,5 Milliarden US-Dollar. Die Broadcom-Aktie verlor nachbörslich fast 7 Prozent und zog andere Halbleiterwerte wie Qualcomm, Intel und Micron mit herunter. Auch Infineon wird heute in Sippenhaft genommen, die Aktie verliert zum Handelsstart über 2 Prozent.
Fraport: Am Frankfurter Flughafen wachsen die Passagierzahlen nicht mehr so schnell wie zuletzt. Die Betreibergesellschaft Fraport meldete am Freitag für den Mai 6,2 Millionen abgefertigte Passagiere, ein Anstieg von 1,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Ohne Streiks und Witterungseinflüsse hätte der Zuwachs einen Punkt mehr betragen, berichtete Fraport. Für die ersten fünf Monate dieses Jahres wurden mit 27,1 Millionen knapp 3 Prozent mehr Passagiere gezählt als im gleichen Vorjahreszeitraum. Im vergangenen Jahr hatte der größte deutsche Flughafen trotz begrenzter Kapazitäten ein Wachstum von 7,8 Prozent auf 69,5 Millionen Passagiere verkraften müssen.
Swiss Re: Der Schweizer Rückversicherer will seine Tochter ReAssure im Juli an die Londoner Börse bringen. Das teilte das Unternehmen am Freitag ohne weitere Details mit. Bislang stand der Zeitpunkt für den Börsengang der britischen Lebensversicherungs-Tochter noch nicht fest. Swiss Re hält gegenwärtig 75 Prozent an ReAssure und will den Anteil im Rahmen der Transaktion auf unter 50 Prozent senken. Analysten schätzen den Wert der Gesellschaft auf rund 3,5 Milliarden Pfund.
Von Markus Weingran
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