Daimler: Gewinn überrascht ++ Coinbase: Krypto-Handelsplatz kommt an die Börse ++ SAP: Qualtrics mit gelungenen Debüt

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die Aufregung um die extremen Kurskapriolen der Aktien des Videospielhändlers Gamestop und anderer Unternehmen am US-Finanzmarkt hat endgültig die politische Ebene erreicht. Der künftige Vorsitzende des Bankenausschusses im US-Senat, Sherrod Brown, kündigte am Donnerstag (Ortszeit) eine Anhörung „zum aktuellen Zustand des Aktienmarkts“ an. Es sei an der Zeit für die Börsenaufsicht SEC und den Kongress dafür zu sorgen, dass die Wirtschaft für alle funktioniere, nicht nur für die Wall Street. „Die Leute an der Wall Street scheren sich nur um die Regeln, wenn sie diejenigen sind, denen es wehtut“, hieß es in Browns Statement.

Hintergrund ist der große Ärger von Anlegern über Restriktionen beim Handel mit Papieren von Gamestop und anderen Firmen, durch die sie sich bei einer Gewinnstrecke ausgebremst sehen. Vor allem der Online-Broker Robinhood geriet dadurch massiv in die Kritik und in den Verdacht, Kleinanleger gegenüber Wall-Street-Großinvestoren zu benachteiligen. Bei Firmen wie Gamestop oder der Kinokette AMC verloren Hedgefonds zuletzt viel Geld mit Wetten auf fallende Kurse, unter anderem weil sich Hobby-Händler in Online-Foren organisierten und die Aktien der Unternehmen erfolgreich nach oben trieben.

Dass Robinhood den Handel mit den Papieren so einschränkte, dass sie nur noch verkauft, aber nicht mehr gekauft werden können, könnte nun zum Politikum werden und eine größere Debatte um Regulierung lostreten. Laut US-Medien plant auch die Vorsitzende des Finanzausschusses im US-Repräsentantenhaus, Maxine Waters, eine Anhörung. Dabei soll es um die jüngsten Turbulenzen am Finanzmarkt und um die Rolle von Hedgefonds dabei gehen. Auch andere ranghohe Politiker der demokratischen Partei wie Elizabeth Warren und Alexandria Ocasio-Cortez forderten Aufklärung. Vertreter der republikanischen Partei äußerten ebenfalls Unverständnis für Robinhoods Entscheidung.

Nach dem Sturm der Empörung und ersten Klagen von Anlegern, die sich um Kursgewinne gebracht sehen, kündigte Robinhood am Abend an, die Handelsbeschränkungen für die Wertpapiere wieder zu lockern. Die Aktien von Gamestop stiegen daraufhin im nachbörslichen Handel um über 70 Prozent, die von AMC um fast 50 Prozent. Auch die Papiere anderer Unternehmen wie etwa des Smartphone-Pioniers Blackberry, für die ebenfalls Einschränkungen galten, legten kräftig zu. Robinhood-Chef Vlad Tenev erklärte im US-Finanzsender CNBC, die Handelsbeschränkungen seien zum Schutz des eigenen Unternehmens und seiner Kunden beschlossen worden.

Zulassung für Impfstoff für Astrazeneca

Die Signale stehen auf Grün: An diesem Freitag wird die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) voraussichtlich die bedingte Zulassung des Impfstoffes des Herstellers Astrazeneca empfehlen. Dann muss nur noch die EU-Kommission zustimmen. Das gilt als Formsache und könnte ebenfalls noch an diesem Freitag geschehen. Damit hätte die EU den dritten Impfstoff gegen Covid-19 – und das ungefähr ein Jahr nach Ausbruch der Corona-Krise in Europa.

Bislang sind in der EU nur die Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna zugelassen. Gerade der Wirkstoff des schwedisch-britischen Herstellers Astrazeneca ist für viele EU-Staaten vielversprechend. Der Impfstoff, den der Konzern gemeinsam mit der Universität Oxford entwickelt hatte, wird bereits in großem Stil seit Januar in Großbritannien eingesetzt.

Vorteile des Präparates sind: Er ist vergleichsweise preiswerter als die beiden anderen und sehr viel handlicher gerade für Massenimpfungen. So muss er nicht tiefgefroren aufbewahrt werden. Doch es gibt Lieferprobleme, und unklar ist noch die Wirksamkeit bei Älteren. Beobachter rechnen damit, dass die EMA-Experten den Impfstoff vorerst nur für Personen von 18 bis 65 Jahren zulassen werden.

Dax: Dax kämpft gegen den Abwärtssog an

Der Stabilisierungsversuch vom Vortag ist am Freitag schon wieder Geschichte: Der deutsche Leitindex sackte im frühen Handel um 1,68 Prozent auf 13.436,93 Punkte ab. Mittlerweile erholt sich der Dax etwas und liegt nur noch rund ein Prozent im Minus. Damit geht die Achterbahnfahrt in dieser Woche weiter. Auf Wochensicht und für den endenden Januar liegt der Dax klar im Minus.

Der MDax der mittelgroßen Werte sank am Freitag um 1,59 Prozent auf 30 961,29 Punkte. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor 1,6 Prozent.

„Die Stimmung an den Aktienmärkten bleibt volatil, nachdem gestern schon die Erholung in den USA im späteren Handel deutlich an Momentum verlor“, schrieben die Experten der DekaBank.

Daimler: Gewinn überrascht

Der Autobauer hat im vergangenen Jahr nun doch noch deutlich mehr Gewinn eingefahren als erwartet. Nach vorläufigen Zahlen liege das operative Ergebnis für 2020 bei rund 6,6 Milliarden Euro, teilte der Konzern am Donnerstagabend mit. Daimler selbst war zuletzt davon ausgegangen, in etwa das Niveau des Vorjahres zu erreichen. Das wären 4,3 Milliarden Euro gewesen. Analysten hatten allerdings schon mit mehr gerechnet.

Man habe das Geschäftsjahr mit einem sehr starken vierten Quartal abgeschlossen, erklärte der Konzern. In der Pkw- und Van-Sparte seien die Kennzahlen des Vorjahres übertroffen worden. Dort habe man sowohl von einem Anstieg der Verkaufszahlen bei den Elektro- und Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen als auch von einem starken Finanzergebnis profitiert. In der Truck-Sparte wiederum spüre man die Erholung des US-Markts und im europäischen Geschäft die positiven Auswirkungen der Maßnahmen für mehr Effizienz.

Die Coronakrise hatte Daimler im zweiten Quartal noch in die roten Zahlen gestürzt. Nach einem starken dritten Quartal hatte sich der Konzern dann aber schon wieder deutlich mehr zugetraut und zunächst das operative Ergebnis aus 2019 als Zielmarke angepeilt. Das war wegen der milliardenschweren Diesel-Altlasten, die damals verbucht werden mussten, mit den erwähnten 4,3 Milliarden Euro allerdings nicht sonderlich gut ausgefallen.

„Wir wollen die Kosteneffizienz im Jahr 2021 weiter verbessern und die Umsetzung unserer strategischen Initiativen weiter vorantreiben“, sagte Vorstandschef Ola Källenius. Man rechne auch für das laufende Jahr mit einer guten Geschäftsentwicklung. Das erste Quartal werde allerdings voraussichtlich von den aktuellen Halbleiter-Engpässen und Beeinträchtigungen durch die Corona-Pandemie beeinflusst, hieß es. Sämtliche Aussagen stünden zudem unter der Annahme, dass keine weiteren Lockdown-Auswirkungen einträten.

An der Börse kamen die Neuigkeiten gut an. Die Daimler-Aktie legte auf der Handelsplattform Tradegate in einer ersten Reaktion um mehr als zwei Prozent zu. Vollständige Zahlen legt Daimler am 18. Februar vor.

Coinbase: Handelsplattform strebt an die Börse

Die größte US-Handelsplattform für Krypto-Währungen wie Bitcoin, Coinbase, konkretisiert ihre Pläne für einen Börsengang. Das in San Francisco ansässige Unternehmen kündigte am Donnerstag (Ortszeit) an, seine Aktien über eine Direktplatzierung in den Handel zu bringen. Dabei werden die Papiere ohne Begleitung durch Investmentbanken und ein vorheriges Preisbildungsverfahren direkt an der Börse gelistet. Mit dieser eher ungewöhnlichen, aber kostengünstigeren Variante waren zuvor schon andere größere Firmen wie der Musikdienst Spotify oder die Bürochat-App Slack erfolgreich.

Coinbase hatte bereits Mitte Dezember einen Antrag für eine Aktiennotiz bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereicht und damit die Weichen für die erste Premiere einer großen US-Bitcoin-Börse am öffentlichen Kapitalmarkt gestellt. Wann genau es soweit sein soll und wie viel Geld Coinbase erlösen will, ist allerdings noch unklar. Dem Tech-Blog „techcrunch“ zufolge wurde das 2012 gegründete Unternehmen bei einer Finanzierungsrunde von Investoren vor gut zwei Jahren mit rund acht Milliarden Dollar bewertet. Der Kurs der größten und ältesten Kryptowährung Bitcoin hatte zuletzt einen Höhenflug.

SAP: Qultrics mit gelungenen Debüt

Europas größter Softwarehersteller SAP will mit den Erlösen aus dem US-Börsengang seiner Marktforschungstochter Qualtrics vorwiegend die Schulden senken. Allerdings werde man dem Aufsichtsrat auch eine Erhöhung der Dividende vorschlagen, sagte Finanzchef Luka Mucic am Freitag in einer Telefonkonferenz.

Die SAP-Aktie konnte vor dem Wochenende davon und von dem Sprung des Qualtrics-Aktienkurses am ersten Handelstag nicht maßgeblich profitieren. Das Papier lag nach dem Handelsstart rund ein Prozent im Minus, wenn auch weniger schwach als der Leitindex Dax.

SAP hat mit dem Anteilsverkauf nach Angaben von Mucic am Vortag rund 2,4 Milliarden US-Dollar (2 Mrd Euro) Erlös erzielt. 500 Millionen Dollar davon würden Qualtrics als Liquidität zur Verfügung gestellt, rund 1,9 Milliarden flössen nach Walldorf, sagte Mucic.

Für das Jahr 2019 hatte SAP eine Dividende von 1,58 Euro gezahlt. In aller Regel legt das Unternehmen im Februar den offiziellen Dividendenvorschlag vor. Für Anleger ist bei Technologieaktien meist nicht die Dividenenhöhe entscheidend, weil Wachstumsunternehmen in der Regel wenig von ihrem Gewinn ausschütten, sondern ihn lieber investieren. Die Dividendenrendite von SAP ist beim Aktienkurs von rund 107 Euro auch dementsprechend niedrig im Vergleich mit Werten aus anderen Branchen.

Die Aktien von Qualtrics wurden im Börsengang für rund 30 Dollar je Stück verkauft, hinzu kamen 550 Millionen Dollar durch den zugesagten Einstieg des US-Finanzinvestors Silver Lake. Am Ende des ersten Handelstags schloss die Qualtrics-Aktie am Vorabend bei 45,50 Dollar mit einem Plus von knapp über 50 Prozent über dem Ausgabepreis.

SAP hat mit der Pandemie und strategischen Kehrtwenden ein turbulentes Jahr hinter sich. Der Umsatz ging wegen der Zurückhaltung von Kunden und wegen Wechselkurseffekten leicht zurück, das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern wuchs kaum. Unter dem Strich kletterte der Nettogewinn allerdings um über die Hälfte auf 5,3 Milliarden Euro, unter anderem weil SAP im Jahr zuvor viel Geld für einen Stellenabbau ausgegeben hatte. Zudem wurden wegen des sinkenden Aktienkurses weit weniger Ausgaben fällig für die aktienbasierte Vergütung von Mitarbeitern.

Kurz & knapp:

Siltronic: Geringere durchschnittliche Verkaufspreise für seine Siliziumwafer und der starke Euro haben Siltronic im vergangenen Jahr wie erwartet belastet. Der Umsatz fiel 2020 um rund fünf Prozent auf gut 1,2 Milliarden Euro, wie das Unternehmen am Freitag in München auf Basis vorläufiger Zahlen mitteilte. Vom Umsatz blieben als Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) rund 28 Prozent, das Ebitda fiel damit um rund 16 Prozent auf 344 Millionen Euro. Ein möglicher Einmalaufwand von gut 10 Millionen Euro für Beraterkosten, die bei einem Erfolg des Übernahmeangebotes durch Globalwafers anfallen würden, sind darin noch nicht enthalten.

General Motors: Der größte US-Autobauer will sein weltweites Neuwagenangebot bis 2035 komplett emissionsfrei aufstellen. „General Motors schließt sich Regierungen und Unternehmen rund um den Globus bei der Arbeit für eine sicherere, grünere und bessere Welt an“, erklärte Konzernchefin Mary Barra am Donnerstag. GM steckt sich damit ehrgeizigere Klimaziele als andere Autobauer, doch die Entscheidung erfolgt auch auf politischen Druck hin. So hat etwa der bevölkerungsreichste US-Bundesstaat Kalifornien bereits angekündigt, ab 2035 keine neuen Benziner und Dieselwagen mehr zuzulassen.

Alstom: Der französische Bahntechnik-Hersteller Alstom und die Zugsparte von Bombardier wollen am Freitag ihre seit langem vorbereitete Megafusion abschließen. Es entsteht laut Medien der globale Branchenvize – hinter dem chinesischen Giganten CRRC. Beschäftigt werden nach Angaben der Unternehmen zusammen rund 74 000 Menschen. Die EU-Wettbewerbshüter hatten im vergangenen Juli grünes Licht für die milliardenschwere Übernahme gegeben. Damit der neue Verbund nicht zu mächtig wird, muss er Produktionsanlagen abgeben, unter anderem am Standort Hennigsdorf bei Berlin. Allein in Deutschland beschäftigen die beiden Hersteller zusammen rund 9000 Menschen.

Redaktion onvista / dpa-AFX

Foto: Christian Mueller / shutterstock.com

Meistgelesene Artikel