Dax schließt im Minus – VW wegen internen Verwerfungen im Fokus, SAP unter den wenigen Gewinnern, Bewegung bei Hellofresh und Shop Apotheke

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Nach dem Höhenflug der vergangenen Wochen nehmen europäische Aktienanleger Gewinne mit. Offenbar wollten sie wegen der anstehenden geldpolitischen Beratungen der US-Notenbank auf Nummer sicher gehen, sagte Aktienhändler Keith Temperton vom Brokerhaus Tavira. Die Fed werde allerdings ihr Pulver erst einmal trocken halten, falls es zu einer zweiten Coronavirus-Infektionswelle oder erneuten Pandemie-Beschränkungen komme.

Dax und EuroStoxx50 büßten am Dienstag jeweils etwa eineinhalb Prozent auf 12.617,99 und 3324,13 Punkte ein. Der US-Standardwerteindex Dow Jones gab ein Prozent nach. Ersterer notierte damit aber noch rund 50 Prozent über seinem Tief vom März. Die beiden Letzteren legten in diesem Zeitraum immerhin rund 40 Prozent zu. „Zwar hat sich der Anstieg der Aktienkurse in der laufenden Woche verlangsamt“, sagte Analyst Pierre Veyret vom Brokerhaus ActivTrades. „Da deutliche Kurskorrekturen bislang ausgeblieben sind, ist der Aufwärtstrend aber alles andere als gefährdet.“

„Bei der Anzahl an weiterhin bestehenden Unsicherheiten und Risikofaktoren könnte man zwar meinen, die Anleger zeigen sich deutlich zu optimistisch“, sagte Marktanalyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus AxiTrader. „Mit der Flut an billigem Geld und den Konjunkturmaßnahmen der Regierungen aber ist es schwierig und auch teuer, sich gegen den Trend zu stellen.“

Rohöl unter Druck – Gold im Aufwind

Mit dem Ölpreis ging es abwärts. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um 0,2 Prozent auf 40,70 Dollar je Barrel (159 Liter). Hier laste unter anderem die Ankündigung einiger Förderländer, ihre freiwilligen zusätzlichen Förderkürzungen auslaufen zu lassen, auf der Stimmung, sagte Analyst Giovanni Staunovo von der Bank UBS. Saudi Arabien und einige andere arabische Staaten fördern derzeit pro Tag 1,2 Millionen Barrel weniger Erdöl, als sie gemäß der Forderquoten-Vereinbarung der „Opec+“ dürften.

Vor diesem Hintergrund schichteten einige Anleger ihr Kapital in Gold um. Das Edelmetall verteuerte sich um 1,3 Prozent auf 1717 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Diese Erholung sei aber nur vorübergehend, warnten Börsianer. Sobald die Aktienrally wieder Fahrt aufnehme, müsse bei der „Antikrisen-Währung“ mit Rücksetzern gerechnet werden.

VW-Chef Diess muss Niederlage einstecken

Bei den deutschen Aktienwerten stand Volkswagen im Rampenlicht. Nach internen Querelen muss Konzernchef Herbert Diess die Führung der Hauptmarke VW abgeben. An deren Spitze rückt Ralf Brandstätter, der bereits das operative Geschäft der Marke leitet. VW-Aktien gaben zwei Prozent nach.

Lufthansa stagniert

Die Anteilscheine von Lufthansa schwankten zwischen Gewinnen und Verlusten und schlossen nahezu unverändert. Seit ihrem Krisentief Ende April haben sie 69 Prozent aufgeholt. Am Dax-Abstieg zum 22. Juni ändert dies aber nichts mehr. Die Lufthansa-Tochter Eurowings spürt nun nach dem Tief in der Corona-Krise eine „sprunghaft“ anziehende Nachfrage und fährt ihr Angebot weiter hoch.

SAP setzten im Dax mit plus 0,4 Prozent ein Zeichen im europäischen Techsektor, der am Dienstag zu den wenigen Gewinnern im europäischen Branchentableau zählte. Die Indizes an der Technologiebörse Nasdaq in New York verzeichneten weitere Rekorde.

Krisengewinner im Fokus

Bei gedämpfter Euphorie am Gesamtmarkt standen nach zwischenzeitlich deutlichen Kurskorrekturen im Zuge der Lockerungen in der Corona-Krise auch die Krisengewinner wieder in der Gunst der Anleger oben. Die Aktien des Kochboxenversenders Hellofresh und der Shop Apotheke legten dabei mit Gewinnen von fast sechs beziehungsweise rund sieben Prozent besonders deutlich zu. Damit hatten sie im MDax respektive im Nebenwerteindex SDax jeweils die Nase vorn.

In London rutschten die Titel von British American Tobacco (BAT) um 3,1 Prozent ab. Wegen eines schwächelnden Geschäfts in Schwellenländern rechnet der „Lucky Strike“-Anbieter für 2020 nur noch mit einem Gewinnanstieg im mittleren einstelligen Prozentbereich. Die Prognosesenkung sei zwar enttäuschend, komme aber nicht völlig überraschend“, schrieb Analyst Owen Bennet von der Investmentbank Jefferies.

Die Titel von Tesla büßten zwar 0,3 Prozent ein, blieben mit einem Kurs von 946,80 Dollar aber auf Tuchfühlung mit ihrem Rekordhoch. US-Milliardär und Anteilseigner Ron Baron sagte in einem TV-Interview, er wolle seine Beteiligung an dem Elektroautobauer verzehnfachen.

onvista/reuters/dpa-AFX

Titelfoto: Imagentle / Shutterstock.com

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