Die Alphabet-Aktie hat in den letzten 4 Wochen 20 Prozent verloren – Was ist los im Hause Google?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die Entwicklung von Google in den letzten 10 und mehr Jahren ist eine Geschichte, die ihresgleichen sucht.  Das Android-Smartphone-Betriebssystem, Die Video-Plattform Youtube, aber vor allem die Suchmaschine Google haben die Welt in unglaublichem Ausmaß verändert und dem Unternehmen sagenhaften finanziellen Erfolg eingebracht. Aber wie heißt es doch: Jede Erfolgsgeschichte muss irgendwann einmal ein Ende haben, so wie alle Dinge im Leben. Beginnt nun beim Google-Mutterkonzern Alphabet, unter dem mittlerweile alle Geschäfte zusammengefasst sind, das Ende des jahrelangen Aufschwungs?

Ein Blick auf die Aktie

Wenn man auf die Aktie blickt, kann man durchaus Potenzial für ein solches Szenario erkennen. Der Aufwärtstrend, der seit dem Tiefpunkt der Finanzkrise ungebrochen dastand, scheint gebrochen zu sein. Der Kurs zeigt zudem: Die Dynamik nach oben ist in letzter Zeit immer kleiner geworden und die nach unten immer größer. Heißt: Mit jedem neuen erreichten Hoch sind die Kursgewinne im Vergleich kleiner geworden.

Alphabet hat die SMA Linie seit 10 Jahren nicht mehr so nachhaltig unterschritten wie in diesem Jahr

Im letzten globalen Kursrutscher in Q4 2018 ist die Aktie ebenfalls mit abgeschmiert, doch das lässt sich anhand der Gesamtlage erklären. Danach kam ein neues gewaltiges Aufbäumen bis zum bisherigen Allzeithoch von knapp 1300 Dollar. Doch seit Ende April ist die Aktie um etwa 20 Prozent eingebrochen, auf nun nur noch 1038 Dollar. Das ist der steilste Absturz seit langer Zeit. Sicher ist der Handelsstreit ein Faktor, aber liegt es nur an der übergeordneten Marktlage, oder steckt mehr dahinter?

Ein Blick auf das Unternehmen

Der letzte Quartalsbericht hat bereits alles andere als Freude verbreitet: Beim Mutterkonzern der Internetsuchmaschine belastete vor allem die schwache Umsatzentwicklung im ersten Quartal diesen Jahres die Stimmung der Anleger. Zwar hatten die Erlöse von Alphabet um rund 17 Prozent zugelegt, waren damit aber weit unter den Erwartungen der Analysten geblieben.

Gewinne sinken stark: Verglichen mit dem Vorjahreswert sank der Überschuss unterm Strich um knapp 30 Prozent auf 6,7 Milliarden Dollar (6,0 Mrd Euro), wie Alphabet Ende April mitteilte. Anleger treiben allerdings eher Wachstumssorgen als mangelnder Profit um. Die Investoren sind auch unzufrieden damit, wie sehr Google am Tropf der Werbeeinnahmen hängt.

An der Börse sorgte dann auch eher Googles sinkendes Wachstum für Bedenken als die Folgen der EU-Strafe. Die Alphabet-Tochter spürt den zunehmenden Konkurrenzkampf im Markt für Online-Anzeigen, wo seit einiger Zeit beispielsweise auch Amazon größere Erfolge feiert. Zudem hatten auch andere Rivalen wie Facebook, Snap und Twitter zuletzt gut abgeschnitten. Google lieferte hingegen das schwächste Umsatzwachstum seit drei Jahren – zum Vergleich: im Vorjahreszeitraum hatte es noch bei 26 Prozent gelegen, im Vorquartal bei 22 Prozent. Deutsche-Bank-Analyst Lloyd Walmsley rechnet mit wachsenden Sorgen, dass der Sättigungsgrad erreicht sein könnte und Google nun in die Reifephase übergehe.

Ex-Google Chef Schmidt steigt aus: Der langjährige Google -Chef Eric Schmidt zieht sich aus dem Verwaltungsrat des Mutterkonzerns Alphabet zurück. Schmidt, der bis 2011 rund ein Jahrzehnt an der Google-Spitze stand, solle Alphabet noch als „technischer Berater“ unterstützen. Der erfahrene Software-Manager Schmidt war 2001 zu Google geholt worden und wurde von Mitgründer Larry Page abgelöst. Dem Verwaltungsrat gehörte er seit 18 Jahren an und blieb auch an Bord als 2015 mit Alphabet einen neue Holding gebildet wurde. Nun werde er sich im Juni nicht mehr zur Wiederwahl aufstellen, hieß es.

Einwirkungen von außen

Neben den internen Problemen setzen den Konzern natürlich auch die momentan äußerst bedenkliche Lage auf den Weltmärkten unter Druck.

Die Causa Huawei und Handelsstreit: Nachdem Huawei auf eine schwarze Liste der US-Regierung gekommen ist, schränkt Google die Zusammenarbeit mit dem chinesischen Netzausrüster und Smartphone-Anbieter ein. Der Google-Mutterkonzern Alphabet habe die Bereitstellung von Hardware und einiger Software-Dienste eingestellt, hieß es unter Berufung auf informierte Personen.

Google ist für Huawei ein wichtiger Partner, weil bei dem Internet-Riesen das Mobil-Betriebssystem Android entwickelt wird, mit dem auch die Smartphones des chinesischen Konzerns laufen. Die fertigen Versionen des Systems werden zwar quelloffen allen zur Verfügung gestellt. Außerhalb Chinas werden allerdings fast nur Android-Smartphones mit integrierten Google-Diensten wie GMail, Google Maps oder dem Google Play Store verkauft. Diese Android-Version ist nicht Open Source, sondern muss von Google lizenziert werden. Damit dürfte ein Ende der Zusammenarbeit mit Google unter anderem die Verkaufschancen von Huawei-Smartphones in Europa drastisch verschlechtern.

Aber auch auf der anderen Seite ist das Ende der Zusammenarbeit ein Einschnitt, da Google nun keine Einnahmen mehr aus einer Zusammenarbeit mit Huawei generieren kann. Und Huawei hat sich immerhin in den letzten Monaten und Jahren zu einem der größten Smartphone-Produzenten der Welt gemausert.

Die Kartellstrafen der EU: Die EU-Kommission hatte im März zum dritten Mal eine hohe Strafe gegen Google verhängt. Wegen Behinderung anderer Anbieter im Geschäft mit Suchmaschinen-Werbung wurde der Konzern zu einer Zahlung von rund 1,5 Milliarden Euro verdonnert. Die hinterließ nun deutliche Spuren in der Bilanz, auch wenn der Gewinn trotzdem noch sehr hoch ausfiel.

Bei Suchmaschinen-Werbung im Dienst „AdSense for Search“ seien andere Anbieter laut EU-Kommission unzulässigerweise behindert worden. Bei „AdSense for Search“ können andere Internetseiten Google-Suchmasken einbinden und erbringen dafür Gegenleistungen. Sämtliche Strafen aus Brüssel gegen den US-Konzern summieren sich damit auf die Rekordsumme von rund 8,25 Milliarden Euro.

Die EU-Kommission hat Googles Geschäftsverhalten seit gut einem Jahrzehnt im Visier. 2017 verhängte sie wegen des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung bei Produktanzeigen in Suchergebnissen eine Strafe von 2,42 Milliarden Euro. Wegen der Wettbewerbslage beim meistverwendeten Smartphone-System der Welt – Android – wurde 2018 sogar die Rekordstrafe von 4,34 Milliarden Euro fällig. Der Konzern steckte die finanziellen Strafen schnell weg – doch die Kommission setzte auch Änderungen an Googles Geschäftsmodell durch.

Kartellverfahren in den USA: Die US-Wettbewerbsaufsicht FTC (Federal Trade Commission) und das Justizministerium haben angekündigt, dass das Ministerium eine kartellrechtliche Untersuchung Googles vorbereiten wird, wie das Wall Street Journal berichtet. Die konkreten Bedenken gegen Googles Marktverhalten sind noch nicht bekannt, allerdings könnten im Zuge dieses Verfahrens natürlich weitere hohe Geldstrafen drohen. Diese Informationen waren bereits am Wochenende bekannt geworden, die Aktie hat heute zu US-Handelsbeginn sehr negativ darauf reagiert.

Laut New York Times  hat die FTC dieses Jahr Googles Werbevermittlungsgeschäft genauer untersucht. Bereits 2012 hatten die FTC-Experten die Reihung von Suchergebnissen bei Googles Suchmaschine untersucht; damals empfahlen sie auch die formelle Eröffnung eines Kartellverfahrens. Neben dem EU-Sektor droht nun also auch Ärger im US-Markt.

Wie man sieht, findet Google sich mittlerweile nicht nur in einem deutlich schwierigeren Marktumfeld wieder, sondern ist scheinbar langsam auch am Ende des beispiellosen Aufschwungs angekommen. Dennoch heißt das nicht, dass Google nicht gerüstet ist, um sowohl den Sturm vor der Türe zu überstehen, als auch als Unternehmen weiter erfolgreich zu sein und nachhaltig Gewinne und somit Rendite für alle Google-Anleger zu erwirtschaften, auch wenn der Kurs in Zukunft nicht mehr endlose Höhen erstürmen kann.

Zudem ist Google nicht der einzige der großen Technologie-Giganten, der scheinbar dem Ende des goldenen Aufschwungs entgegenblickt. Auch Amazon, Facebook und Apple zeigen aus charttechnischer Sicht ein ähnliches Bild.

Die Giganten im 10-Jahresvergleich

(onvista/dpa-AFX)

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Titelfoto: achinthamb / Shutterstock.com

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