Drei Fragen an Bernecker: Wird die Zinswende eine Rezession bringen, kommen noch Gefahren aus China und kann man jetzt wieder in chinesische Tech-Werte einsteigen?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

In unserer heutigen Ausgabe fragen wir nach den langfristigen Auswirkungen der Zinswende, ob man jetzt wieder in chinesische Tech-Werte einstiegen kann und ob von China wirtschaftliche Gefahren ausgehen, die die globalen Märkte betreffen können.

onvista-Redaktion: Die Zinswende der US-Notenbank ist nun offiziell. Laut bisherigem Fahrplan werden wir dieses Jahr wohl 7 Zinserhöhungen sehen – trotz des ausgebrochenen Ukraine-Krieges und der damit einhergehenden geopolitischen Unsicherheiten. Viele Experten sehen eine Rezession als kaum vermeidbar an – ein notwendiges Übel, um die Inflation in den Griff zu bekommen?

Die Fed-Politik war frühzeitig angekündigt. Wie in allen früheren Fällen, hebt sie die kurzen Zinsen in kleinen Schritten um jeweils 25 Basispunkte an. Das stört weder die Wirtschaft noch die Börse. Beispiel dafür ist die Periode 2004/2007 mit insgesamt 17 Zinsschritten und Dow und S&P begleiteten dies mit rd. 30 % Performance in dieser Zeit. Die Inflation zu bekämpfen, ist vorerst eine rhetorische Übung. Erst ab ca. 4,5 bis 5 % annualisierte Teuerung wird das Thema aufgegriffen. Das beobachte ich sehr gelassen.

onvista-Redaktion: China hat nun signalisiert, dass man heimische Unternehmen auch weiterhin die Möglichkeit lassen möchte an den US-Märkten gelistet zu sein. Entsprechend hat eine Erholung der stark gebeutelten chinesischen Tech-Werte eingesetzt. Sollte man angesichts der bleibenden Unsicherheiten lieber weiterhin die Finger von chinesischen Werten lassen, oder entgeht Anlegern dann eine potenzielle Chance?

Peking hat die Karte überreizt. Die umfangreichen Regularien für alle Tech-Aktien mit Schwerpunkt Social Media wurden inzwischen umfangreich umgesetzt, womit die Kontrolle dieser Unternehmen hinreichend gewährleistet ist. Nun schalten die Chinesen wieder den Vorwärtsgang ein, um zu einer Normalisierung zu gelangen. Dazu gehören, wenn möglich, die Notierungen dieser Titel in New York. Durchaus gekonnt gemacht, wenn auch mit wenig Gefühl dafür, wie Märkte darauf reagieren. China ist damit eine neue Wette wert, aber bedarf noch ergänzender politischer Schritte, um dies glaubwürdig zu machen. Ich stehe eher auf der Kaufseite.

onvista-Redaktion: Bleiben wir bei China: Die Corona-Pandemie sorgt dort wieder für wirtschaftlichen Druck – mit entsprechenden Bedrohungen für die globalen Lieferketten. Die Immobilienkrise ist zwar in den Hintergrund gerückt, jedoch nicht ausgestanden. Geopolitisch steht China mit Russland als Partner auf zunehmend unsicherem Terrain. Als wie problematisch schätzen Sie die derzeitige Lage im Reich der Mitte ein? Kommen weitere Gefahren für die Aktienmärkte?

Von China gehen weder politische noch militärische Gefahren aus. China orientiert sich stets in einer Wahlposition, indem sie zwischen USA und Russland in ihren Meinungen sich jeweils auf die Seite des zurzeit Schwächeren stellt. Mao hat dies hinreichend begründet. Wer eine solche Politik verfolgt, ist kein Aggressor, sondern ein gekonnter Diplomat. Ökonomisch bleibt es dabei: China will 2030 technologisch auf Augenhöhe mit den USA sein. Europa existiert für die Chinesen als Markt, aber politisch als null.

Vielen Dank für Ihre Antworten!

Foto: Bernecker

www.bernecker.info

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