Eine 100-Jährige Anleihe für unsere Altersvorsorge

Jessica Schwarzer · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Österreich hat es bereits getan, die USA denken darüber: 100-jährige Staatsanleihen. Das wäre auch für Deutschland eine gute Idee. Das Geld könnte Finanzminister Scholz sinnvoll investieren.

Die Zinsen sind historisch niedrig. Eine Gelegenheit, die sich Finanzminister rund um den Globus nicht entgehen lassen, oder nicht entgehen lassen sollten. Österreich griff bereits 2017 zu und emittierte eine 100-jährige Anleihe, Italien begab einen Bond mit 50-jähriger Laufzeit. Schwedens Finanzminister kündigte an, über die Ausgabe einer 100-Jährigen zumindest nachzudenken. Und auch aus den USA ist Ähnliches zu hören. Er wolle „ernsthaft“ prüfen lassen, ob das Land 50-jährige oder gar 100-jährige Bonds begeben sollte, sagte US-Finanzminister Steven Mnuchin der Nachrichtenagentur Bloomberg. „Wenn die Bedingungen stimmen, gehe ich davon aus, dass wir die Vorteile der langfristigen Kreditaufnahme nutzen werden“, so Mnuchin.

Und die Bedingungen sind gut. Obwohl die Zinsen extrem niedrig sind, finden die Langläufer nämlich reißenden Absatz. Für Investoren waren sie zuletzt sogar ein richtig gutes Geschäft. Viele lang laufende Anleihen haben Kursgewinne verzeichnet, die sonst eher spekulativere Aktien einfahren. Natürlich sanken im Gegenzug die Renditen der Bonds stark. Für Investoren eine wichtig Kennzahl ist dabei die sogenannte Duration. Sie misst, wie stark der Kurs einer Anleihe auf eine Änderung der Zinsen reagiert. Je geringer der Kuponzins und je größer die Laufzeit, desto stärker reagiert der Kurs der Anleihe auf eine Zinsänderung. Beispiel Österreich: Der 100-jährige Bonds aus der Alpenrepublik hat eine Duration von 60. Sinkt der 100-jährige Zins um einen Prozentpunkt, steigt der Kurs der Anleihe um 60 Prozent. Satte Kursgewinne für Anleger. Und der Grund, warum langfristige Anleihen als Absicherung gegen Konjunkturrisiken gefragt sind. Denn kommt die Rezession, werden die Notenbanken wohl die Leitzinsen senken. Dadurch steigen die Bondkurse und langfristige Anleihen verteuern sich überproportional stark.

Finanzpolitikern kann die Duration aber herzlich egal sein: Sie müssen die Anleihen bei Fälligkeit zu einem Kurs von 100 Prozent bedienen. Wie sich der Kurs während der Laufzeit entwickelt, muss sie nicht interessieren. Wohl aber, wie hoch der Zinskupon ist. Und aktuell gibt es für sie das Geld an den Finanzmärkten super günstig, bei entsprechend guter Bonität ihres Landes natürlich.

Vielleicht sollte auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz über extrem langlaufende Bonds nachdenken und dem Bund so die Minizinsen auf Jahrzehnte sichern. Verwendungszwecke für das Geld gäbe es auf jeden Fall jede Menge. Klar, Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Digitalisierung – das übliche Programm. Alles wichtig, alles richtig. Aber spinnen wir doch mal ein bisschen rum, was man mit dem Geld aus zinslosen 100-jährigen Anleihen noch so alles anstellen könnte. Spannend wären andere Alternativen als die üblichen Investitionen, auch mit Blick auf unser doch recht angeschlagenes und langfristig wohl auch nicht mehr besonders tragfähiges Rentensystem.

Ich habe mich an dieser Stelle ja bereits für einen deutschen Staatsfonds ausgesprochen. Wie wäre es also, eine richtig fette 100-Jährige aufzulegen und damit den Grundstock für einen solchen Altersvorsorgefonds zu legen? Der Fonds sollte aber bitte, bitte auch in Aktien investieren, und zwar nicht zu knapp. Denn Aktien sind und bleiben langfristig die beste, weil renditestärkste Anlageklasse überhaupt. Langfristig bringen sie im Schnitt gut sechs Prozent Rendite pro Jahr – eine Verdoppelung des Kapitals ist also schon nach zwölf Jahren möglich. Natürlich sollte ein solcher Fonds sein Kapital nicht komplett in den Aktienmarkt stecken, deshalb würde der Fonds natürlich eine geringere Rendite als sechs Prozent einfahren. Aber auch bei drei oder vier Prozent wäre das ein feine Sache. Zumal die Zinsen für die 100-Jährige minimal wären.

Ich finde, über diese Idee sollte man im Finanzministerium dringend nachdenken. Das lohnt sich für die Bundesbürger auf jeden Fall viel, viel mehr, als an einer Aktientransaktionssteuer rumzudoktern, die dann all jene trifft, die privat mit Aktien für das Alter vorsorgen.

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