Eine deutscher Staatsfonds ist eine richtig gute Idee

Jessica Schwarzer · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Millionen Deutsche sind von Altersarmut bedroht. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Im Grunde ist auch fast jedem bewusst, dass er oder sie privat für das Alter vorsorgen muss. Es tun aber leider viel zu wenige Menschen. Innovative Lösungen müssen her, findet das renommierte ifo-Institut und fordert einen deutschen Staatsfonds. Ganz so innovativ wäre der natürlich nicht, denn solche Fonds für die Altersvorsorge der Bürger gibt es bereits in skandinavischen Ländern. Für Deutschland aber wäre er eine absolute Neuheit. Und eine ziemlich gute Idee, denn endlich würden Aktien eine größere Bedeutung bei der Altersvorsorge bekommen. Und die sind langfristig die renditestärkste Anlageklasse überhaupt. Nur nutzen sie eben viel zu wenig Menschen zum langfristigen Vermögensaufbau und der Altersvorsorge.

Und diejenigen, die es tun, will Finanzminister Olaf Scholz (SPD) bekanntlich demnächst „bestrafen“. Denn die von ihm geplante Steuer auf Käufe und Verkäufe von Aktien würde auch all jene treffen, die langfristig an der Börse ihr Geld anlegen. Dabei war die Steuer doch eigentlich mal gedacht, um wilde Spekulationen mit komplizierten Finanzprodukten einzudämmen. Doch leider scheint es anders zu kommen. Cleverer wäre es, die Altersvorsorge mit Aktien zu fördern, anstatt sie zu bestrafen. Aber das ist ein anderes Thema und meine Meinung zur Scholz’schen Steuer ist bekannt.

Nun soll also ein Staatsfonds her, um das Risiko der Altersarmut zu reduzieren. Zumindest wenn es nach Clemens Fuest, Christa Hainz und Volker Meier vom Ifo-Institut sowie Martin Werding, Professor an der Ruhr-Universität Bochum, geht. Sie entwickeln das Konzept des „Deutschen Bürgerfonds“, der die private Altersvorsorge und die Vermögensbildung der privaten Haushalte stärken soll. Damit könne die Versorgungslücke bei Geringverdienern verringert werden, so die Wissenschaftler. Dazu sollen in beschränktem Umfang zusätzliche Staatsschulden aufgenommen beziehungsweise der Schuldenabbau verlangsamt werden. Der Fonds soll sein Vermögen international in Aktien, Immobilien und Anleihen anlegen.

Die Modellrechnung des ifo-Instituts zeigt: Wenn der Staat ab heute 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts pro Jahr für alle Erwerbsfähigen anlegen würde, dann würde nach 50 Jahren bei einer durchschnittlichen Renditedifferenz von zwei Prozentpunkten ein Ertrag von gut 16.000 Euro pro Kopf rauskommen, der mit dem Erreichen eines Alters von 67 Jahren ausgezahlt würde. Bei einer Zinsdifferenz von drei Prozentpunkten wären es sogar rund 30.000 Euro.

Zugegeben, dass ist in vielen Fällen nur ein Tropfen auf den sprichwörtlichen heißen Stein. Vor allem, wenn man davon ausgeht, dass die Deutschen im Schnitt 85 Jahre alt werden. Aber es wäre ein Anfang. Und die Deutschen würden endlich stärker von der Entwicklung an den internationalen Aktienmärkten profitieren.

Dass solche Modelle ziemlich gut funktionieren, zeigen die skandinavischen Staatsfonds. Ein Beispiel ist der norwegische Pensionsfonds, einer der größten Staatsfonds der Welt. Statistisch gesehen hat allein durch ihn jeder Norweger ein Vermögen von mehr als 180.000 Euro. Der Fonds hat eine extrem hohe Aktienquote, was ihm zwar in den vergangenen 20 Jahren eine höhere durchschnittliche jährliche Rendite als dem Dax bescherte. Zwei Drittel des Staatsfonds sind in Aktien und Eigentümeranteilen von mehr als 9000 Unternehmen in mehr als 70 Ländern angelegt. Dazu gehören auch Firmen wie die Tech-Riesen Apple, Microsoft oder Samsung.

Diese hohe Aktienquote macht ihn aber auch anfällig für Börsenturbulenzen, wie wir sie im vergangenen Jahr erlebt haben. Der Wert des auch als Ölfonds bekannten Fonds fiel nach Angaben von Norwegens Zentralbank 2018 um 6,1 Prozent. Das entsprach einem Verlust von 485 Milliarden norwegischen Kronen oder knapp 50 Milliarden Euro. Der Wert des Fonds lag zum Jahresende bei umgerechnet 850 Milliarden Euro. 2017 hatte er noch eine zweistellige Rekordrendite erzielt.

Die Norweger können mit diesen Kursschwankungen ihres Pensionsfonds scheinbar umgehen. Könnten die Deutschen das auch? Die Bundesbürger sind bekanntlich kein Volk von Aktionären und halten diese Anlageklasse für gefährlich. Ob ihnen zu vermitteln wäre, dass ein Teil ihrer Altersvorsorge via Staatsfonds an der Börse investiert würde? Als Friedrich Merz im Rennen um den CDU-Parteivorsitz im vergangenen Jahr vorschlug, die Aktienmärkte für eine bessere Vermögensbildung und Altersvorsorge zu nutzen, musste sich der Aufseher des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock einiges an Kritik gefallen lassen. Ein schwieriges Thema.

Und solange Politiker à la Olaf Scholz von einer Aktiensteuer träumen, die gerade diejenigen trifft, die via Börse für das Alter vorsorgen, darf an der politischen Umsetzbarkeit auch gezweifelt werden. Leider. Denn ein solcher Staatsfonds ist eine ziemlich gute Sache und könnte einige Probleme lösen.

Titelfoto: immodium/shutterstock.com

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