Raumfahrt: Ein gigantischer Wirtschafts-Sektor mit diversen Anwendungsbereichen – Ein Blick aus der Investment-Perspektive

onvista · Uhr

Wer auf der Suche nach weiteren potenziell spannenden Investment-Feldern ist, für den könnte es sich lohnen, seinen Blick zu den Sternen zu richten, denn die Raumfahrt hat in den letzten Jahren wieder ordentlich an innovativem Tempo aufgenommen. Teilweise sind sogar schon Raumfahrtunternehmen an der Börse. Ein kleiner Überblick über den Sektor Raumfahrt:

Innovationsmotor im Kalten Krieg, danach Stagnation

Die Raumfahrt wurde in der Vergangenheit vor allem zu Forschungszwecken betrieben. Ihre Initialzündung hatte sie wohl während des Kalten Krieges im Wettrüsten zwischen den West-Mächten und der Sowjetunion, als es im Wettrennen um die erste Landung auf dem Mond auch um allgemeine technologische Dominanz ging. Übergeordnetes Ziel war politische, technologische und damit auch militärische Stärke, doch die Weiterentwicklung in diesem Bereich hat ihre Früchte damals auch in viele weitere Wirtschaftszweige getragen, seien es Wasserfilter, Kommunikationsgeräte, medizinische Gadgets oder in der Aluminium-Verarbeitung.

In den Jahrzehnten nach dem großen Raumfahrt-Boom folgte eine gewisse Stagnation auf diesem Gebiet, die Forschung ging zwar weiter und hat beispielsweise mit dem Projekt der internationalen Raumstation ISS, bei dem viele Partnerländer aus aller Welt beteiligt sind, weitere Erfolge für die Wissenschaft errungen, aber die Geschwindigkeit der weiteren Innovation in der Raumfahrt hatte stark nachgelassen.

SpaceX, Blue Origin, Virgin Galactic – Werden private Firmen ein neues Raumfahrt-Zeitalter einläuten?

Das hat sich jedoch mit dem Eintritt der Privatwirtschaft in diesen Sektor geändert. Aus den USA gibt es vor allem drei prominente Beispiele für private Raumfahrtunternehmen, die momentan den Unterschied machen: SpaceX unter der Flagge von Tesla-CEO Elon Musk dürfte wohl das bekannteste sein. Das Unternehmen existiert bereits seit 2002 und hat sich seit seinen Anfängen bis heute dadurch ausgezeichnet, dass es Raketen entwickelt hat, die in der Lage sind, wieder auf der Erde zu landen. Somit konnten durch diesen Wiederverwendungswert die Kosten für einen Raketenstart von mehreren Millionen auf nur noch einige tausend Dollar reduziert werden. Ein Quantensprung für eine konventionelle Raumfahrtindustrie in großem Stil.

Das Prestigeprojekt von SpaceX ist wohl das Modell „Big Falcon Rocket“, mit dem eine erstmalige bemannte Reise zum Mars möglich gemacht werden soll. Ein weiteres Prestige-Projekt ist „Starlink“ bei dem in Gänze mehrere Tausend Satelliten in den Orbit geschossen werden sollen, um auf der ganzen Welt Zugang zum Internet zu ermöglichen, egal an welchem Ort man sich befindet. 120 dieser Satelliten sind bereits im Weltall stationiert, hochgeschossen mit hauseigenen Raketen.

Der größte Konkurrent für SpaceX im privaten Sektor ist wohl Blue Origin, das von Amazon-Gründer Jeff Bezos ins Leben gerufen wurde und eine ganz ähnliche Strategie verfolgt. Auch Blue Origin ist mittlerweile in der Lage Raketen zu bauen, die wieder auf der Erde landen können. Besonderheiten bei der Herangehensweise von Blue Origin sind, dass die Raketen mit einer speziellen Software entwickelt werden, die es möglich machen soll, diese komplett ohne Bodenkontrolle zu steuern. Im Gegensatz zu SpaceX, dessen erklärtes Ziel der Mars ist, konzentriert man sich bei Blue Origin mehr auf den Mond, dazu wird am eigenen Mondlandegerät „Blue Moon“ gerabeitet.

Der Dritte im Bunde ist das von US-Milliardär Richard Branson gegründete Virgin Galactic, welches sich auf eine andere Sparte konzentriert, und zwar den Weltraum-Tourismus. SpaceX und Blue Origin haben zwar auch Ambitionen auf diesen Markt angemeldet, konzentrieren sich jedoch eher auf andere Bereiche. Derzeit verfügt Virgin Galactic nach eigenen Angaben über eine Liste mit Reservierungen von rund 600 Personen aus 60 Ländern, die sich für Gesamtkosten von rund 80 Millionen Dollar bereits einen Platz in Raumschiffen von Virgin Galactic gesichert haben. Sie alle hoffen, in den nächsten Jahren zu den ersten Weltraumtouristen zu gehören. Ein Ticket für einen Virgin Galactic-Flug kostet ungefähr 250.000 US-Dollar pro Person.

Das Raumschiff von Virgin Galactic soll bis zu sechs Passagiere zusammen mit den beiden Piloten an den Rand des Weltraums befördern können und für einige Minuten einen schwerelosen Zustand erreichen.

Neben diesen dreien sind natürlich der Vollständigkeit halber auch die US-Raumfahrtbehörde NASA, sowie die europäische ESA zu nennen. Doch auch die chinesische Regierung hat ihr Raumfahrtprogramm in den letzten Jahren massiv angetrieben. Im Sommer ist es China als erste Nation gelungen, eine Sonde unbeschadet auf der Rückseite des Mondes zu landen.

Kann man in die drei privaten Raumfahrt-Unternehmen investieren?

SpaceX ist nicht börsengelistet und Elon Musk hat in der Vergangenheit keine Ambitionen gegenüber einem IPO für seine Raumschiff-Schmiede vorgebracht. Zudem hat SpaceX mittlerweile eine Menge Aufträge im Bereich der Satelliten-Beförderung und scheint auf bestem Weg zu sein, ein äußerst lukratives Unternehmen zu werden. Dennoch gibt es für die Zukunft zwei mögliche Gründe, warum irgendwann ein Börsengang anstehen könnte: Zum einen würde noch einmal deutlich mehr Geld notwendig sein, wenn Musk seine Expansion weiter vorantreiben und seinen Traum von der Besiedelung des Mars zu seinen Lebzeiten wirklich realisieren will. Um SpaceX mit den dafür nötigen Ressourcen auszustatten, wird er um ein IPO vielleicht nicht herumkommen. Zum anderen sind seine Unternehmen eng miteinander vernetzt, seine Gesamtvision einer neuen Mobilitätsinfrastruktur für die Menschheit ist nicht separiert, sondern schließt alle seine Projekte mit ein. Sollte also Tesla in Zukunft mal wieder in Schwierigkeiten geraten, könnte es dazu kommen, dass er alle seine Unternehmen bündelt und somit auch unter einer börsengehandelten Aktie vereint. In diesem Szenario müsste dann das lukrative SpaceX Tesla aus der Patsche helfen. Als Investor hätte man so jedoch auch Zugang zu SpaceX.

Auch bei Blue Origin sind derzeit noch keine IPO-Ambitionen bekannt, doch Jeff Bezos pumpt einiges seiner privaten Gewinne durch Aktienverkäufe von Amazon in sein Raumfahrt-Unternehmen. Bisher ist Blue Origin noch in der Aufbau-Phase und kann sich im Gegensatz zu SpaceX nicht über ein gut gefülltes Auftragsbuch freuen. Will Bezos also nicht den Anschluss an seinen Konkurrenten Musk verlieren, wird er vielleicht zwecks einer weiteren massiven Finanzspritze auf einen Börsengang zurückgreifen.

Bleibt Virgin Galactic. Mit dem Projekt von Richard Branson ist Ende Oktober 2019 das erste private Weltraumtourismus-Unternehmen an die Börse gegangen. Im Oktober hat die Fusion zwischen Virgin Galactic und der Zweckgesellschaft „Social Capital Hedosophia“ des Risikokapitalgebers Chamath Palihapitiya stattgefunden, die bereits an der New Yorker Börse gelistet war.

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Was gibt es sonst noch für Unternehmen, die im Weltraum engagiert sind?

Neben den oben genannten, eher „exzentrischen“ Projekten gibt es noch eine ganze Reihe an alteingesessenen Unternehmen, die ebenfalls in der Raumfahrt tätig sind. Zwei der wohl bekanntesten sind die Flugzeugbauer Boeing und Airbus.

Airbus baut beispielsweise die Trägerrakete Ariane, hat den Ausbau des Raumlabors Columbus für die Internationale Raumstation ISS durchgeführt, baut Satelliten, Antriebssysteme, Raumfahrtausrüstung und Elektronik für Raumfahrtplattformen und für speziell für das Weltall ausgelegte Nutzlasten.

Boeing ist ebenfalls umtriebig in diesem Bereich: Für die NASA wurde ein Konzept für eine Raumstation in Mond-Nähe als Ausgangspunkt für bemannte Missionen zum Mars konzipiert. Auch an einem eigenen Antrieb und einem Weltraumtransporter wird gearbeitet.

Neben diesen Branchengrößen gibt es noch diverse kleinere Unternehmen, die sich auf bestimmte Teilbereiche spezialisiert haben, darunter Weltraum-Raketensysteme, Antriebsysteme, Satelliten-Technik, Boden-Infrastruktur und Kommunikation, sowie Navigationssysteme.

Nur einige Beispiele für börsengelistete Unternehmen sind: OHB SE, Lockheed Martin Corp., General Electric, Drägerwerk AG, B-E Aerospace Inc, Astronics Corp. Oder die AAR Corp.

Was gibt es für Anwendungsgebiete in der Raumfahrt-Branche?

Die gängigsten sind bereits genannt worden: Zum einen die Forschung. Dafür werden Satelliten und Raumstationen, sowie weiteres Mess-Equipment und Transporter benötigt. Ein ganz wesentlicher Teil ist die Kommunikation auf der Erde, beispielsweise das Internet. Hierfür sind Satelliten als Infrastruktur essenziell. Zudem sind immer mehr Bemühungen diverser Regierungen zu erkennen, den Weltraum zu militarisieren. Auch hier dürften Satelliten eine tragende Rolle spielen.

Exotischere Sektoren sind der Transport, so wie SpaceX es beispielsweise langfristig angehen will, Orbitalflüge anzubieten, die es möglich machen sollen von einem Kontinent zum anderen in einer sehr kurzen Zeitspanne zu fliegen. Unter exotisch dürfte wohl auch der Weltraum-Tourismus fallen. In einem ersten Anwendungsfall wird hier wohl auch der Orbitalflug interessant sein, bei dem man mehrere Minuten Schwerelosigkeit erzielen kann. Hier hat wie gesagt Virgin Galactic große Ambitionen. Weit entfernte Zukunftsmusik werden hier wohl Besuche in weiter entfernte Zonen des der Erde umliegenden Alls sein, sowie auch Landungen auf dem Mond.

Weitere, sehr weit in der Zukunft liegende Szenarien sind zudem die Expansion auf den Mond, auf den Mars und auch auf größere Asteroiden. Dort würden sich dann diverse weitere Anwendungsbereiche ergeben. Die wichtigsten wären wohl die Kolonisierung durch Menschen und der Abbau von Ressourcen. Gerade im Asteroiden-Gürtel, der unser Sonnensystem umschließt, werden unzählige Ansammlungen von Edelmetallen und Seltenen Erden vermutet. Sobald es technisch möglich und rentabel ist, wird irgendjemand die Hände danach ausstrecken.

Raum-Schrott als Gefahr und potenzielles neues Geschäftsfeld

Noch ein weiteres interessantes und tatsächlich sehr unmittelbares Anwendungsfeld ist die Beseitigung von Raum-Schrott. Hinterlassenschaften alter Raumfahrtmissionen kreisen wie Geschosse um die Erde. Die Internationale Raumstation ISS und auch Satelliten zeigen Spuren von Kollisionen. Und das Risiko steigt mit dem erwarteten Satelliten-Boom und der geplanten Militarisierung des Weltraums. Die Europäische Weltraumorganisation Esa plant zusammen mit einem kommerziellen Konsortium nun die weltweit erste Mission zur Beseitigung des Schrotts. Die europäischen Raumfahrtminister haben sich nach Angaben der Esa vom Montag darauf geeinigt, das Projekt zur Beseitigung von Trümmern aus der Erdumlaufbahn zu unterstützen.

„ClearSpace-1“ solle 2025 starten und sei bei einem kommerziellen Konsortium, das von einem Schweizer Start-up geführt wird, in Auftrag gegeben, teilte die Esa mit. Das Projekt soll im kommenden März beginnen. Ziel sei, dass eine Raumsonde im All eine Oberstufe einer alten Esa-Rakete mit vier Greifarmen einfängt und zum Verglühen in die Erdatmosphäre bringt. Später sollen Orbiter dann mehrere große Trümmerteile einfangen.

„Das ist in mehrfacher Hinsicht Neuland, auf der anderen Seite aber dringend notwendig“, sagte Esa-Chef Jan Wörner der Deutschen Presse-Agentur in Darmstadt. In den kommenden Jahren werde die Zahl der Satelliten erheblich steigen, es seien Mega-Konstellationen von Hunderten oder gar Tausenden Orbitern in der Erdumlaufbahn geplant, sagte Luc Piguet, Chef des Schweizer Start-ups „Clear Space“, das den Zuschlag bekam. Für die Esa werden Experten im Darmstädter European Space Operations Centre (ESOC) das rund 120 Millionen Euro teure Vorhaben begleiten.

Zu Beginn der Raumfahrt hatte wohl niemand das Müllproblem in der Erdumlaufbahn auf dem Schirm. Doch seit geraumer Zeit warnen Experten vor einer drastischen Zunahme des Weltraumschrotts. Teile aus dem All könnten auf die Erde stürzen oder zu Kollisionen im Weltraum führen, mit zerstörerischen Folgen. Nach Angaben von Holger Krag, Leiter des Esa-Büros für Raumfahrtrückstände in Darmstadt, treffen die Objekte mit einer Geschwindigkeit von bis zu 40 000 Kilometern pro Stunde aufeinander. Bei jeder Kollision entstehen Tausende neuer Teile, die um die Erde sausen. Ausweichmanöver gehören heute schon zum Alltag der Raumfahrt.

„Es gibt für viele Sachen im Leben keine Rechtsgrundlage, aber es gibt so etwas wie Moral und Ethik“, sagte Wörner. Wer künftig einen Satelliten ins All schieße, solle entweder nachweisen, dass dieser entweder automatisch zurückkomme und verglühe, einen Vertrag mit einem Unternehmen für eine Rückholung haben oder eine Art Pfand abgeben, damit ein Unternehmen beauftragt werden könne. „Ich glaube, dass eine Firma beim Start nachweisen sollte, dass sie eine von den drei Bedingungen einhält“, sagte Wörner.

Die Beseitigung von Weltraumschrott ist für den Esa-Chef ein Zukunftsmarkt. „Das Beispiel wird Schule machen“, sagte er. „Ich bin ganz fest davon überzeugt, das ruft jetzt andere auf den Plan.“ Das Weltall sei Infrastruktur, die täglich für eine Vielzahl von Anwendungen genutzt werde. Die Infrastruktur zu schützen sei ein großer Wert.

Möglich geworden ist die geplante Mission durch den jüngst beschlossen Rekordhaushalt für die Esa. Die 22 Mitgliedsländer beschlossen Ende November im spanischen Sevilla eine unerwartet starke Anhebung des Budgets für die kommenden drei beziehungsweise fünf Jahre auf 14,4 Milliarden Euro. Alleine Deutschland hob die finanziellen Mittel von 1,9 auf 3,3 Milliarden für die Raumfahrtprojekte an und ist damit stärkster Beitragszahler.

Von Alexander Mayer mit Material von dpa-AFX

Titelfoto: Gorodenkoff / Shutterstock.com

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