RWE: Aktie legt kräftig zu – Vorschusslorbeeren für gute Zahlen – City erhöht Kursziel
Einen Tag vor den Zahlen für das dritte Quartal glänzt die RWE-Aktie mit einem Plus von mehr als 4 Prozent und macht die Verluste der vergangenen Tage so gut wie wett. Die Corona-Pandemie hat der Führung des Energiekonzerns bisher wenig Sorgenfalten bereitet. Und auch die Aktie macht den Anlegern Freude: Das Papier der Essener hat gerade erst ein Mehrjahreshoch erreicht – der Wahlsieg von Joe Biden in den USA wirkt sich positiv aus. So sieht es auch die Citigroup. Wegen höherer Kapazitätsschätzungen für Erneuerbare Energien nach 2022 hebt die US-Bank das Kursziel für die Aktie von 34,00 auf 38,50 Euro an und bestätigte ihre Kaufempfehlung.
Kein großen Nebenwirkungen durch Corona-Pandemie
Die Corona-Pandemie hat RWE nicht aus dem Gleichgewicht gebracht: Auch wenn die Corona-Pandemie die Industrie und damit die Stromnachfrage in diesem Jahr beeinflusst hat, macht sich das Management des Energiekonzerns keine Sorgen: RWE sei preis- und mengenmäßig abgesichert, hieß es schon im Sommer. Die Stromproduktion für dieses Jahr sei nahezu verkauft.
Das erste Halbjahr konnte sich bereits sehen lassen: Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) stieg auf 1,8 Milliarden Euro. Auf Pro-Forma-Basis ist das ein Plus von 18 Prozent. Beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) war der Zuwachs noch größer mit 33 Prozent, das Ebit lag in den ersten sechs Monaten bei 1,1 Milliarden Euro. Die Pro-Forma-Zahlen beziehen sich auf das Tauschgeschäft mit Eon, das erst in diesem Jahr komplett abgeschlossen wurde. Das heißt, die Vergleichszahlen errechnen, wie der Konzern im Vorjahreszeitraum abgeschnitten hätte, wenn der Deal bereits damals umgesetzt gewesen wäre.
Vor mehr als zwei Jahren hatten Eon und RWE beschlossen, den Markt neu ordnen und die ehemalige RWE-Tochter Innogy zu zerschlagen und untereinander aufzuteilen. Jetzt konzentriert sich Eon auf Netze und Vertrieb, RWE hat von Innogy und Eon die erneuerbaren Energien übernommen.
Es waren mehrere Faktoren, die zum besseren Ergebnis in den ersten sechs Monaten beigetragen hatten: Neben guten Windbedingungen erhielt RWE auch wieder Zahlungen aus dem britischen Kapazitätsmarkt für das Vorhalten von Stromreserven. Außerdem hatte der Konzern neue Windkraftanlagen in Betrieb genommen.
Der Energiehandel lief allerdings nicht ganz so rund wie im „außergewöhnlich guten Vorjahreshalbjahr“, teilte RWE mit. Hier macht sich die Corona-Krise dann doch in kleinerem Umfang bemerkbar, weil die Rohstoffpreise im Zuge der Pandemie eingebrochen waren. In diesem Segment ging das Ergebnis zurück, während RWE sonst im Kerngeschäft überall operativ Zuwächse verbuchen konnte.
Prognose für 2020 schon früh bestätigt
Im Gegensatz zum früheren Wettbewerber Eon konnte RWE seine Prognose nach dem zweiten Quartal für das laufende Jahr bestätigen. Die Essener peilen für 2020 ein bereinigtes operatives Ergebnis (Ebitda) von 2,7 bis 3,0 Milliarden Euro an. Das bereinigte Ebit soll zwischen 1,2 und 1,5 Milliarden Euro liegen.
Das bereinigte Nettoergebnis soll zwischen 0,85 und 1,15 Milliarden Euro liegen. Aktionäre sollen eine höhere Dividende erhalten. Hier peilt RWE für das laufende Jahr 0,85 Euro je Aktie an und damit 5 Cent mehr als im Vorjahr.
Der Stromproduzent erwartet kaum Auswirkungen der Corona-Pandemie. So hat das Unternehmen seine Stromproduktion für das laufende Jahr nahezu vollständig auf Termin verkauft.
Analysten raten überwiegend zum Kauf
Von den 14 seit August im dpa-AFX-Analyser gelisteten Experten sprechen derzeit 12 eine Kaufempfehlung aus, einer rät das Papier zumindest zu halten, ebenfalls ein Analyst würde es verkaufen. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 37,13 Euro. Damit hat der derzeitige Kurs von 33,66 Euro noch etwas Luft nach oben.
Analystin Deepa Venkateswaran vom US-Analysehaus Bernstein Research erwartet, dass das dritte Quartal schwächer sein dürfte als die beiden vorangegangenen. Nach der Kapitalerhöhung im August dürften die Nettoschulden erheblich geringer ausfallen.
Das Analysehaus Jefferies gehört zu denen, die der Aktie mit einem Kursziel von 40 Euro recht viel zutrauen: Der Versorger wandele sich immer mehr zu einem reinen Anbieter erneuerbarer Energien, schrieb Analyst Ahmed Farman. Vor diesem Hintergrund seien die Aktien nicht fair bewertet, sondern wiesen einen erheblichen Bewertungsabschlag zu den Papieren der Wettbewerber auf. RWE sei gut positioniert, um vom wachsenden Markt für Stromerzeugung durch Windanlagen auf dem Meer zu profitieren.
Analyst Peter Crampton der britische Investmentbank Barclays kommentiert: Vorerst dürften Anleger zwar auf die Zahlen zum dritten Quartal achten, dann aber werde der Fokus wohl auf das Wachstum mit Erneuerbaren Energien wandern. Die Aktie bleibe unterbewertet.
Aktie hat noch viel Luft
Der Wahlsieg von Joe Biden in den USA hat der RWE-Aktie Anfang der Woche zu einem Hoch seit Ende 2012 verholfen. Denn mit Biden steigt die Wahrscheinlichkeit auf eine klimafreundliche Politik in den USA und das beflügelt natürlich Papiere von Unternehmen mit Fokus auf die Energiewende. Am Montag kostete die RWE-Aktie dann zeitweise 35,26 Euro. Anschließend sackte das Papier allerdings wieder etwas ab und kostet jetzt 33,57 Euro.
Von den Kursverlusten durch den Corona-Schock zu Beginn des Jahres hatten sich die Papiere bereits im Sommer schon wieder gänzlich erholt. Zwischen Mitte Februar und Mitte März war der Kurs von knapp 35 Euro auf rund 20 Euro abgestürzt. Mittlerweile hat die Aktie auf Jahressicht um mehr als ein Viertel zugelegt. Innerhalb der vergangenen drei Jahre steht sogar ein Plus von um die 50 Prozent.
Von ihrem Rekordhoch im Jahr 2008 bei über 102 Euro sind die Anteilsscheine zwar noch weit entfernt, doch bewegt sich die Bewertung immerhin wieder auf dem Niveau von vor 6 Jahren. Dazwischen hatten die RWE-Anleger ein tiefes Tal der Tränen zu durchwandert. Der Tiefpunkt lag im Jahr 2015 bei nur etwas mehr als 9 Euro.
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Redaktion onvista / dpa-AFX
Foto: 360b / Shutterstock.com