Siltronic: GlobalWafers bietet 3,75 Milliarden Euro ++ Lufthansa: Hoher Anteil an Impfstoff-Verteilung erwartet ++ Ant Group: IPO erst 2022

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Der verlängerte Teil-Lockdown in Deutschland wird nach Auffassung von Volkswirten führender Finanz- und Forschungsinstitute kaum gravierende Auswirkungen auf die Wirtschaftskraft in der Bundesrepublik haben. Die hauptsächlich betroffenen Branchen wie Gastronomie, die Kulturszene oder die Verkehrsbranche hätten einen vergleichsweise geringen Anteil an der Bruttowertschöpfung, sagte die „Wirtschaftsweise“ und Inhaberin des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre an der Universität Erlangen, Veronika Grimm.

So habe das derzeit weitgehend geschlossene Gastgewerbe einen Anteil von 1,6 Prozent an der gesamten Bruttowertschöpfung – die gegenwärtig vergleichsweise gut laufende Industrie dagegen einen Anteil von rund 25 Prozent und der ebenfalls geöffnete Einzelhandel von um die 10 Prozent. „Die Wirtschaft wird dadurch nicht stark einbrechen. Es kommt jetzt darauf an, die betroffenen Betriebe gut durch die Krise zu bringen“, sagte Grimm in einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. Deshalb seien die Milliarden-Ausgaben von Bund und Ländern für Hilfsprogramme gerechtfertigt.

Auch Katharina Utermöhl, Volkswirtin bei der Allianz-Gruppe in Frankfurt, geht von einer nur leichten negativen Wirkung des Teil-Lockdowns aus, was auch für die Situation auf dem Arbeitsmarkt gelte. „Der zweite Lockdown wird hier keine nennenswerten Auswirkungen haben“, sagte sie mit Blick auf die Arbeitslosenzahlen. Die Bundesagentur für Arbeit wird ihre November-Statistik an diesem Dienstag (1. Dezember) bekanntgeben.

„Wir glauben aber auch, dass es ein längerer Konjunkturwinter wird“, sagte Utermöhl. Die wirtschaftliche Erholung im nächsten Jahr werde erst einsetzen, wenn eine ausreichende Zahl von Menschen gegen Covid-19 geimpft worden sei. Nach einem Minus von sechs Prozent im laufenden Jahr rechnet Utermöhl 2021 mit einem Anstieg des Bruttoinlandprodukts (BIP) von nur 2,5 Prozent. „Kräftiger Rückenwind ist erst ab Mitte des kommenden Jahres zu erwarten, wenn ein Großteil der Risikobevölkerung geimpft sein wird“, sagte sie.

„Durch den Lockdown Light wird das Bruttoinlandsprodukt erneut schrumpfen, allerdings weit weniger stark als im Frühjahr“, betonte auch Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der staatseigenen Bankengruppe KfW. „Die Zahl der Arbeitslosen könnte sich durch die Betriebsschließungen um etwa 100.000 erhöhen, die Zahl der Kurzarbeiter vorübergehend um bis zu einer halben Million“, sagte sie. Betroffen seien vor allem Geringqualifizierte, Minijobber und Beschäftigte im unteren Einkommensbereich.

Dax: Es bleibt eine kniffelige Situation

An der Hürde von 13 300 Punkten beißt  sich der Dax  auch zu Beginn der neuen Woche die Zähne aus. Im frühen Handel am Montag gibt der Leitindex um rund ein Viertelprozent auf 13 299 Punkte nach. Auch an der Wall Street werden Kursverluste erwartet nach dem wichtigen Shopping-Tag Black Friday.

Der MDax der 60 mittelgroßen Werte sinkt am Morgen um 0,14 Prozent auf 29 334 Zähler. Für den EuroStoxx 50 geht es um knapp ein halbes Prozent abwärts.

Siltronic: 125 Euro je Aktie geboten

Der Hersteller von Halbleiterwafern für die Chipindustrie Siltronic soll vom taiwanischen Konkurrenten GlobalWafers übernommen werden. Die Gespräche über eine Offerte der Taiwaner in Höhe von 125 Euro je Aktie stehen kurz vor dem Abschluss, wie die Beteiligung von Wacker Chemie  am Sonntag in München mitteilte. Bei diesem Preis wird Siltronic mit 3,75 Milliarden Euro bewertet und damit deutlich höher als zuletzt an der Börse.

Mit dem Zusammenschluss solle ein führender Anbieter der Waferindustrie, die angesichts der rasch fortschreitenden Digitalisierung der Welt weiterhin starken Rückenwind hat. Unterschrieben sei soll alles dann in der zweiten Dezember-Woche. Aus Basis der Zahlen für 2019 würden es beide Unternehmen zusammen auf einen Umsatz von rund drei Milliarden Euro bringen. Dabei käme der etwas größere Beitrag von den Taiwanern.

Siltronic soll laut den Angaben die eigene Geschäftsstrategie im Wesentlichen fortführen können. Zudem seien Standortschließungen oder betriebsbedingte Kündigungen in Deutschland bis Ende 2024 ausgeschlossen. Allerdings hatte Siltronic-Chef Christoph von Plotho in der Vergangenheit immer wieder hohe Stromkosten in Deutschland kritisiert. So verbraucht die Herstellung von Halbleiterwafer, aus denen dann die Kunden etwa Computerchips herstellen, viel Energie.

Der genannte Preis von 125 Euro entspreche einer Prämie von 48 Prozent gegenüber dem volumengewichteten Durchschnittskurs der letzten 90 Tage, hieß es weiter vom Unternehmen. In den vergangenen Tagen hatten die im MDax notierten Aktien allerdings kräftig zugelegt: Am Freitag hatten sie mit 113,55 Euro geschlossen und damit auf dem höchsten Niveau seit rund zwei Jahren.

Zusätzlich sollen die Aktionäre – voraussichtlich noch vor Abschluss der Transaktion – für 2020 eine Dividende in Höhe von circa 2 Euro je Aktie erhalten. Der Großaktionär Wacker Chemie hält die Konditionen für „attraktiv und angemessen“ und steht kurz vor dem Verkauf seiner Anteile. Die Münchener würde für die verbliebenen Anteile an ihrer ehemaligen Tochter, die sie 2015 an die Börse gebracht hatten und derzeit noch 31 Prozent halten, dann knapp 1,2 Milliarden Euro erhalten.

Die Aktien von Wacker Chemie dürften zum Wochenstart ebenfalls kräftig profitieren. Mit 102 Euro notierten sie vor dem Wochenende auf dem höchsten Niveau seit dem Herbst 2019. Zum Vergleich: Im Frühjahr waren sie im Sog des Corona-Börsencrashs noch bis auf gut 30 Euro eingebrochen.

Die Aktien von Mutter-Konzern Wacker Chemie profitieren ebenfalls heute von dem Übernahme-Angebot für Siltronic und liegen deutlich im Plus.

Lufthansa Cargo will einen Großteil des Impfstoffes verteilen

Die Lufthansa-Tochter will bei der globalen Verteilung von Corona-Impfstoffen kräftig mitmischen. Aller Voraussicht nach würden größere Mengen in Mitteleuropa hergestellt, sagte der Chef der Frachttochter Lufthansa Cargo, Peter Gerber, der Deutschen Presse-Agentur. „Für diesen Fall ist klar, dass die Lufthansa Cargo eine wichtige Rolle spielt.“

Ein wichtiges Argument Gerbers ist neben den europäischen Pharma-Kapazitäten die etablierte Infrastruktur am Drehkreuz Frankfurt, an dem natürlich auch importierte Pharmazeutika umgeschlagen werden könnten. Aktuell stehen am größten deutschen Flughafen laut Betreiber Fraport an die 14.000 Quadratmeter „temperaturgeführte“ Umschlagkapazitäten zur Verfügung, wobei der größere Teil direkt von der Lufthansa Cargo selbst gemanagt wird. Im vergangenen Jahr wurden an Europas größtem Pharma-Drehkreuz rund 120.000 Tonnen Impfstoffe, Arzneimittel und andere Pharma-Produkte umgeschlagen. Das waren allerdings nur knapp 6 Prozent der Gesamtfracht.

„Wir haben sehr lange Erfahrungen mit dem Fliegen von Produkten, die gekühlt werden müssen“, sagt Gerber. Zu den Corona-Impfstoffen laufen nach seinen Angaben bereits seit Monaten Gespräche auf Experten-Ebene mit den Logistik-Dienstleistern und den Pharma-Herstellern. Weil mit ersten Zulassungen bereits im Dezember gerechnet wird, wird bereits kräftig verhandelt. Gerber rechnet mit einem Höhepunkt der Transportaufträge zwischen Mai und Oktober 2021. „Die Ausschreibungen laufen bereits. Auf diese haben wir uns natürlich gemeldet und ich gehe davon aus, dass es da in Kürze zu den ersten Abschlüssen kommen wird.“

Heikel ist vor allem der Umgang mit Impfstoffen im Ultratiefkühlbereich zwischen -70 und -80 Grad, zu denen der Kandidat der Mainzer Firma Biontech gehört. „Wir mussten uns auf völlig neue Anforderungen einstellen“, sagt der Cargo-Chef. „Wir sind in einem konstanten Dialog mit Spediteuren und Herstellern, um da optimale Prozesse zu entwickeln.“

Voraussichtlich werden diese empfindlichen Impfdosen in Behältern mit einer Ummantelung transportiert, in die Trockeneis gegeben wird. Immerhin hat die Lufthansa auch hiermit Erfahrungen, denn aktuell wird beispielsweise Bullen-Sperma auf diese Weise um die Welt transportiert. Aber das sind natürlich wesentlich kleinere Mengen, sagt Gerber. „Für Impfstoffe ist es das allererste Mal. Es ist der erste Impfstoff, der so tiefgekühlt geflogen werden muss.“

Es gibt auch weniger temperatur-empfindliche Impfstoffkandidaten, die aber auch alle eine geschlossene Kühlkette benötigen. Die Vaccine von Moderna sowie Johnson&Johnson werden im Tiefkühlbereich um die -20 Grad erwartet, die von Novavax und Astrazeneca halten sich voraussichtlich auch in einem ganz normalen Kühlschrank zwischen +2 und +8 Grad. Der Frankfurter Flughafen kann in jedem Temperaturbereich mit großen Hallen dienen.

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Kurz & knapp:

Ant Group: Der verschobene Börsengang des chinesischen Finanzunternehmens kommt wohl erst 2022. Die Chancen für einen IPO im kommenden Jahr würden immer geringer, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Montag unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Grund seien neue Richtlinien für die Kreditvergabe an Verbraucher, bei denen noch nachjustiert werden müssen. Ant Group, an dem der Handelsriese Alibaba zu einem Drittel beteiligt ist, befinde sich noch in einem „frühen Stadium der Überprüfung“, hieß es. Zuvor war eine Verzögerung von mindestens sechs Monaten im Gespräch gewesen. Der Kurs von Alibaba knickte daraufhin am Montag in Hongkong um 3,5 Prozent ein.

ABN Amro: Die niederländische Bank muss wegen der anhaltenden Branchenkrise und dem Dauer-Zinstief weitere Stellen streichen. Bis 2024 solle die Zahl der Mitarbeiter um rund 15 Prozent sinken, teilte die Bank am Montag in Amsterdam mit. Ende September hatte die Bank laut Angaben im Quartalsbericht knapp 19 000 Vollzeitstellen – gemessen daran würde sich der jetzt angekündigte Abbau auf rund 2850 Stellen belaufen. Wie viele andere europäische Banken hat auch die ABN Amro die Zahl ihrer Mitarbeiter bereits in den vergangenen Jahren kräftig reduziert. Ende 2012 hatte die Bank noch rund 23 000 Vollzeitstellen – vor der Finanzkrise 2008 waren es noch rund 30 000.

Northern Data: Das Unternehemen nimmt ein erstes Rechenzentrum am Standort Frankfurt am Main in Betrieb. Ab Dezember 2020 wird hier auf Basis der mobilen Hightech-Rechenzentren des Unternehmens ein Teil des Distributed Computing Clusters installiert, welches das GPU-Cluster in den Niederlanden, Skandinavien und Kanada erweitern wird. Am Standort Frankfurt sind verschiedene Kooperationen in Zusammenarbeit mit lokaler Forschung und Industrie geplant.

Deutsche Beteiligungs AG: Schlechtere Geschäfte in der Corona-Krise zwingen SDax Mitglied zu einer deutlich geringeren Dividende. Mit 80 Cent je Aktie für das abgelaufene Geschäftsjahr plane das Unternehmen nun eine fast halbierte Ausschüttung im Vergleich zum Vorjahr. Diese liege aber am oberen Ende der Markterwartung. Vorbörslich zeigt sich die Aktie wenig bewegt. Das Konzernergebnis summierte sich auf einen Verlust von 16,8 Millionen Euro nach einem Gewinn von 45,9 Millionen Euro im Vorjahr, weil die Corona-Pandemie den Wert der Portfoliounternehmen einkrachen ließ. Der Nettovermögenswert fiel verglichen mit dem Vorjahr um 10,6 Prozent auf 422 Millionen Euro – auch das eine Folge der Corona-Krise. Die Deutsche Beteiligungs AG ist ein Private-Equity-Konzern mit einem Schwerpunkt auf Industrieunternehmen. Die wurden von der Pandemie hart getroffen.

Redaktion onvista / dpa-AFX

Foto: raigvi / Shutterstock.com

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