Wirecard: Sonderbericht lässt Fragen offen – Aktie in der Spitze über 20 Prozent im Minus – CEO Braun um Schadensbegrenzung bemüht

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Mit Veröffentlichung des KPMG Sonderberichts wird die letzte Woche verwendete Formulierung „keine substanziellen Feststellungen“ klarer. Wirecard muss wohl nicht mehr an die zuletzt veröffentlichten Geschäftsberichte ran, allerdings bleiben weiterhin einige Fragen offen. Warum haben zum Beispiel Drittpartner bei der Aufklärung der Vorfälle nicht mitgeholfen und warum lagen nicht alle Dokumente im Orginal vor?

Es bleiben einige Fragen offen

Wer den 74-seitigen Prüfungsbericht von KPMG durchackert, der trifft schon auf ein paar Stellen, wo einige Fragezeichen stehen bleiben. So kommt Wirecard bei dem Punkt „Verzögerte Lieferung von Unterlagen“ nicht gerade sehr gut weg:

„Zur Auftragsdurchführung sind folgend Umstände zu berichten:

# Die Wirecard AG hat von KPMG im Verlauf der Untersuchung angeforderte Dokumente teilweise nicht bzw. erst mehrere Monate nach Anforderung geliefert, wodurch sich die Untersuchung insgesamt verzögerte.

# Die Wirecard AG hat einzelne vereinbarte Interview-Termine mit wesentlichen Wirecard-internen Ansprechpartnern mehrfach verschoben, wodurch ebenfalls erhebliche Verzögerungen der Untersuchungshandlungen entstanden.

# Einzelne, im Rahmen der ursprünglichen, dem Auftraggeber zu Beginn der Untersuchung zur Kenntnis gebrachte Untersuchungshandlungen konnten mangels verfügbarer Dokumente bzw. IT-Systemzugänge nicht bzw. nicht in der ursprünglich vorgesehenen Weise durchgeführt werden.

#  Bei den KPMG vorgelegten Dokumenten handelte es sich nahezu ausschließlich um elektronische Kopien, deren Authentizität nicht überprüft werden konnte.

# Für die Übergabe von Transaktionsdaten zumindest für die Jahre 2016 und 2017 bedurfte es der Unterstützung durch die TPA-Partner, die jedoch bisher ausblieb.“

Anleger schießen die Aktie aus dem Depot

Nachdem die Ankündigung des Sonderberichts, der „keine substanziellen Feststellungen“ gefunden hatte, für die Anleger eine Art Freispruch in der Sache war, scheinen sie die Lage heute etwas anders einzuschätzen. Nachdem die Aktie in der Spitze über 20 Prozent verloren hat, meldet sich auch Vorstandsvorsitzder Markus Braun zu Wort und versucht die Gemüter zu beruhigen. Allerdings auch wieder in der gewohnten schwammigen Wirecard-Art. So wird der Vorstandsvorsitzende zum Beispiel bei dpa-AFX mit folgenden Aussagen zitiert:

# Es gibt keinen Grund, an den Beträgen oder Kontoständen zu zweifeln

# In drei Bereichen ist der KPMG Bericht final

# An keiner Stelle des KPMG Bericht „Schweres Finding“

# Bilanz PK / Jahresabschluss 2019 verzögert sich wegen Corona um wenige Wochen

Es ist schon etwas traurig, dass der Wirecard-Chef nach einem Sonderbericht, der eigentlich Klarheit bringen sollte, ganz schnell zur Tat schreiten muss, um die Anleger zu beruhigen. Das zeigt, dass er eben doch nicht so klar ist, wie es Vorstandschef Markus Braun hinstellt. Es bleiben Zweifel und dass zeigt die Reaktion der Anleger heute ganz deutlich. In der Spitze ging es über 20 Prozent abwärts.

Auch das der Jahresabschluss wegen der Coronapandemie verschoben werden muss, ist nicht ganz einleuchtend. Warum schaffen alle anderen Dax-Mitglieder es, nur Wirecard nicht. Die Deutsche Bank zum Beispiel schaffte es schon vor dem angepeilten Termin Eckdaten zu veröffentlichen.

Zum Schluss das altbekannte Muster

Natürlich hat Markus Braun nicht vergessen, auf das operative Geschäft hinzuweisen. Das scheint so ein bisschen das Allheilmittel zu sein, wenn die restlichen Beschwichtigungen nicht reichen. Allerdings dürfte die Aussage „Q1 liege im Rahmen der Erwartungen“ die Anleger heute nicht großartig beruhigen. Selbst bei der Beschwichtigung durch den Vorstandsvorsitzenden bleiben Fragen offen.

„Wenige Wochen“ – wie lang genau ist das?

„In Rahmen der Erwartungen“ – ist das genau die Mitte?

Unterm Strich bleibt festzuhalten, dass Wirecard es mal wieder nicht geschafft hat, dass Vertrauen der Anleger richtig zu gewinnen. Erneut gibt es  Zweifel und die könnten in den kommenden Tagen und Wochen eine erneute Angriffsfläche für negative Berichterstattungen rund um Wirecard bieten.

Von Markus Weingran

Foto: Homepage Wirecard

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