Kutzers Zwischenruf: ZEW, Ifo und danach – Verdüstern neue Konjunkturwolken die Börsenstimmung?

Hermann Kutzer · Uhr

Schrittweise Entspannung im Corona-Alltag, zunehmende Anspannung der wirtschaftlichen Entwicklung – die Börse hat nach dem Crash eher die positiven Signale honoriert. Das kann sich im Verlauf des zweiten Quartals ändern, wenn sich die Veröffentlichungen fundamentaler Unternehmensdaten und Konjunkturprognosen weiter verschlechtern sollten. Ich halte dies für wahrscheinlich. Deshalb sollten Sie, geschätzte Anleger, wachsam bleiben! Denn neue Rückschläge am Aktienmarkt sind nicht auszuschließen.

Mit besonderer Spannung können wir der Bekanntgabe des neuen Ifo-Indikators am Montag entgegensehen. Interessant wird vordergründig sein, wie sich das Meinungsbild mit dem kürzlich veröffentlichten ZEW-Indikator vergleicht. Denn zwischen den Einschätzungen der Finanzmarktanalysten (ZEW-Umfrage) und den deutschen Unternehmen (Einkaufsmanagerindizes) scheint eine Welt zu liegen: Während das ZEW-Klima dank euphorischer Erwartungen spürbar angestiegen ist, konnten sich die Einkaufsmanagerindizes – vor allem in der Industrie – nur leicht verbessern. Die tatsächliche Erholung läuft bisher offenbar weitaus zäher als es an den Finanzmärkten wahrgenommen wird. Typische Einschätzung durch das Research der DekaBank: „Vor diesem Hintergrund erwarten wir nur eine leichte Verbesserung des Ifo-Geschäftsklimas im Mai.“

Die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland sind im Mai 2020 zum zweiten Mal in Folge angestiegen. Sie liegen nun bei 51,0 Punkten, 22,8 Punkte höher als im Vormonat. Zwar hat sich die Beurteilung der konjunkturellen Lage weiter leicht verschlechtert. Doch ist die Zuversicht gewachsen, dass es ab Sommer zu einer konjunkturellen Wende kommen wird.

Zur Methodik: An der Umfrage im Rahmen des Finanzmarkttests des ZEW – Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung vom 11.05.–18.05.2020 haben sich 202 Analysten und institutionelle Anleger beteiligt. Sie wurden nach ihren mittelfristigen Erwartungen bezüglich der Konjunktur- und Kapitalmarktentwicklung befragt.

Ganz anders klang der letzte Ifo-Indikator vor rund vier Wochen: Die Stimmung unter den deutschen Unternehmen ist katastrophal. Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist im April auf 74,3 Punkte abgestürzt. Dies ist der niedrigste jemals gemessene Wert. Einen stärkeren Rückgang hat es noch nicht gegeben. Das ist vor allem auf die massive Verschlechterung der aktuellen Lage zurückzuführen. Die Unternehmen blickten zudem noch nie so pessimistisch auf die kommenden Monate. Die Coronakrise trifft die deutsche Wirtschaft mit voller Wucht.

Auch dazu die Methodik: Das Ifo-Geschäftsklima ist ein vielbeachteter Frühindikator für die konjunkturelle Entwicklung Deutschlands. Er basiert auf ca. 9.000 monatlichen Meldungen von Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes, des Dienstleistungssektors, des Bauhauptgewerbes, des Großhandels und des Einzelhandels. Die Unternehmen werden gebeten, ihre gegenwärtige Geschäftslage zu beurteilen und ihre Erwartungen für die nächsten sechs Monate mitzuteilen.

Welche Umfragen werden sich als treffsicherer erweisen, Finanzmarktexperten (ZEW) oder Wirtschaftsunternehmen (Ifo)? Ich bleibe noch konjunkturskeptisch und tippe deshalb auf erneut eher düsteren Ifo-Index. Auch könnte die Börse von zunehmenden amerikanisch-chinesischen Spannungen überschattet werden. Morgens wird’s also spannend!

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