Kutzers Zwischenruf: Vor euphorischen Aktienmärkten sei gewarnt!

Hermann Kutzer · Uhr

Kommen die führenden westlichen Volkswirtschaften doch schneller als erwartet aus dem aktuellen Tief? Nimmt man nur die Aktienkurse, dann sieht es tatsächlich so aus. Auch gibt es vereinzelte Stimmen, die schon bald auf eine baldige Erholung der Konjunktur setzen – beginnend noch im laufenden Jahr und mit mehr Elan dann 2021. Allerdings sind Zweifel berechtigt. Auch unabhängig vom Verlauf der Pandemie (und erst recht im Fall einer zweiten Corona-Welle) kann die Rezession länger andauern – statt einem „V“, „U“ oder gestreckten „W“-Muster ist auch ein „L“ nicht auszuschließen.

Erfahrene Technische Analysten stellen klopfschüttelnd fest: Gesund ist etwas anderes. Die Gegebenheiten müssen aber so akzeptiert werden. So kann ich Martin Utschneider (Donner & Reuschel) nur unterstützen, wenn er mir heute schreibt: „Die konjunkturelle Ist-Situation ist fatal und die wirtschaftlichen Aussichten für das zweite Quartal sind keinesfalls besser. Die Liquiditäts- und Fiskalprogramme stützen eine marode Wirtschaft und lassen den Dax nun charttechnische Jubelsprünge fabrizieren.“

Und das trotz einer schlechten Stimmung unter den institutionellen Akteuren, wie die wöchentliche Sentiment-Umfrage an der Börse Frankfurt ergeben hat. Während allerorten Erleichterung hinsichtlich der sich abflauenden Corona-Pandemie festzustellen ist, werden gleichzeitig negative Nachrichten weitgehend ausgeblendet. Dennoch haben die Großanleger in den vergangenen Tagen an ihren bärischen Engagements festgehalten und diese teilweise sogar erhöht, während Privatanleger partiell entgegengesetzt reagiert haben.

Gleichzeitig sind von prominenter Seite aber noch düstere Prognosen für die Wirtschaft verbreitet worden. So rechnet die Europäische Zentralbank (EZB) mit einem „massiven Konjunktureinbruch.“ Die Wirtschaft der Eurozone dürfte in diesem Jahr um 8 bis 12 Prozent schrumpfen. Prognoseszenarien, die von einer geringeren Schrumpfung ausgingen, sind nach dem Urteil der Währungshüter mittlerweile überholt. Ähnlich denkt das Berliner DIW-Institut, das einen Konjunktureinbruch von mehr als 10 Prozent für das laufenden Quartal in Deutschland erwartet und danach nur eine langsame Belebung sieht. Schließlich kommen von einer der wichtigsten Branchen düstere Andeutungen: Die Corona-Krise trübt die Aussichten für die deutsche Chemieindustrie. Der Branchenverband VCI gab jetzt seine Prognose für 2020 auf und nennt nun keine konkreten Ziele mehr: „2020 wird ein schwieriges Jahr für die chemisch-pharmazeutische Industrie.“

Ich stehe ausdrücklich zu meiner Warnung vor zu frühen, zu euphorischen Aufwärtsbewegungen des Aktienmarkts. Mein Bauchgefühl bleibt ungut (vorsichtig formuliert). Doch werde ich später meine übertriebene Skepsis gerne eingestehen, wenn sich herausstellen sollte, dass die Börse zu recht die Erholung der Wirtschaft vorweggenommen hat. Schön wär’s ja.

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