onvista-Börsenfuchs: Kann unsere Wirtschaft am chinesischen Wesen genesen?

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Hallo Leute! Das sind irgendwie komische Tage. Heute kann man Licht und Schatten nicht nur wegen des Kuddel-Muddel-Aprilwetters besonders klar erkennen: Ich habe die Nachrichtenlage schon bis Mittag eher als Beklemmung empfunden. Deshalb gerät mein ewiger Optimismus (ich denke an Wirtschaft und Börse) wenigstens kurzfristig ins Wanken.

Wer Fakten und Argumente der heutigen Bundestagsdiskussion verfolgt hat, kann ein Scheißgefühl kriegen, weil die Zweifel an einer rasch wirksamen und wirkungsvollen Corona-Bekämpfung eher noch zunehmen. Und davon hängt doch fast alles ab. Zeitgleich erreicht der Dax einen neuen historischen Höchststand – angefeuert durch bullische Nachrichten aus Ami-Land und China. Deren Wachstumsraten (insbesondere die chinesischen) werden wir nicht kriegen. Aber es stellt sich andererseits die Frage, ob unser zerfleddertes Europa nicht zum Verlierer zwischen den Ost-West-Polen wird.

Müssen ängstlich sein? Ich plädiere zwar dauernd für Gelassenheit – Ihr soll also cool bleiben. Okay, die meisten Profis ticken ganz ähnlich: Mir sind seit Wochen nicht mehr so viele optimistische Analysen und Prognosen auch für Europa (!) auf den Schirm geflattert wie heute. Die Strategen argumentieren fast ausnahmslos mit den positiven Einflüssen durch Amis und Chinesen. Nur hat deren wirtschaftlicher Erfolg hausgemachte Ursachen, die nicht automatisch auf uns abfärben.

Chinas Wirtschaft hat die Corona-Krise weitgehend überwunden und ist mit einem Rekordwachstum ins neue Jahr gestartet. Wie das Pekinger Statistikamt mitteilte, legte die zweitgrößte Volkswirtschaft in den ersten drei Monaten um 18,3 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres zu. Es handelt sich um den größten Sprung seit Beginn der quartalsweisen Auswertung vor gut 30 Jahren. Der ungewöhnlich starke Zuwachs erklärt sich damit, dass die chinesische Wirtschaft im vergangenen Frühjahr wegen der Pandemie stark eingebrochen war. Damals kam das bevölkerungsreichste Land der Welt für mehrere Wochen beinahe komplett zum Stillstand.

Chinas Regierung verfolgte eine „Null-Covid-Strategie“: Ein rigoroser Lockdown und scharfe Einreisekontrollen führten dazu, dass – von kleineren lokalen Ausbrüchen abgesehen – bereits seit gut einem Jahr nur noch sehr wenige Corona-Fälle auftreten. Seitdem befindet sich die Wirtschaft auf Erholungskurs. Doch gibt’s dafür nicht nur anerkennden Applaus, denn auch skeptische Volkswirte namhafter Banken bei uns beziehen Position: Angesichts der strukturellen Fragilität der chinesischen Wirtschaft, einschließlich der schleppenden Produktivität, sowie der geopolitischen Unsicherheiten behalten wir jedoch weiterhin eine allgemein konservative Sicht auf China. Wie gesagt, eine Minderheitsstimme.

Ich bleibe für Chinas Aktien grundsätzlich weiter fest gestimmt. Doch solltet Ihr darauf vorbereitet sein, meine Freunde, dass es auch dort wieder einmal zu einer ausgeprägten Schwächephase kommen kann – wann und warum auch immer. Ihr solltet deshalb wissen, wie man in seinem Depot auf die „Notbremse“ treten kann. Denn wenn die Märkte der beiden Großmächte in die Knie gehen (ich sehe das nicht am Horizont!), wird sich auch unser Dax erst einmal abseilen.

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