Sixt: Chefwechsel als Beginn einer neuen Ära – das Ziel: profitabelster Autovermieter der Welt – so bewerten die Analysten die Aktie jetzt

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Bei Deutschlands größtem Autovermieter Sixt startet eine neue Ära: Der langjährige Firmenlenker Erich Sixt räumt seinen Posten und übergibt an seine Söhne Alexander und Konstantin. Und die wollen nicht nur dafür sorgen, dass der Autovermieter auf dem Markt überlebt, sondern sogar einen drauflegt. Was bei Sixt los ist, was die Aktie macht und was die Analysten sagen.

So ist die Lage des Unternehmens

2021 begann für den Pullacher Autovermieter mit einem kleinen Minus: Unterm Strich machte der Konzern in den ersten drei Monaten des Jahres einen Verlust von zehn Millionen Euro. Das ist sogar ein etwas größeres Minus als noch im Vorjahresquartal. Die Konkurrenz hat es allerdings noch schlimmer erwischt: So musste Hertz Insolvenz anmelden und Avis und Europcar machten mehr als 500 Millionen Euro Verlust. Der Umsatz der ersten drei Monate von Sixt sank um ein Drittel auf 330 Millionen Euro. Das erste Quartal ist laut Sixt aber traditionell das schwächste des Jahres.

Mit den neuen Corona-Lockerungen und den fortschreitenden Impfkampagnen weltweit zeigte sich der vor wenigen Tagen ausgeschiedene Firmenlenker Erich Sixt bei seiner letzten Rede als Vorstandschef optimistisch: Heute „sind wir eher am Ende des Tunnels“, aber „noch ist die Corona-Krise nicht überwunden“. In den USA sei die Nachfrage schon im März explosionsartig angesprungen und sei jetzt bereits fast auf dem Niveau von 2019.

Vor allem in den Urlaubsregionen zieht die Nachfrage nach Mietwagen kräftig an. Doch weil Autohersteller mangels Chips nicht genügend Fahrzeuge liefern und die Vermieter entsprechend ihre Flotten nicht schnell genug wieder aufstocken können, gehen die Preise ins Unermessliche hoch – und Sixt kassiert, was der Markt hergibt. „Wir werden so hochgehen, wie es uns der Markt erlaubt und was wir den Kunden gegenüber verantworten können“, sagte Sixt.

Und dennoch: Eine Prognose traut sich der Vorstand nicht abzugeben. Aber „wenn die Lufthansa Jumbos nach Mallorca schickt, sieht man, wo die Reise hingeht“.

Die Söhne des Machers, Alexander und Konstantin, wollen als Duo nun den 1912 gegründeten Familienkonzern in vierter Generation weiter digitalisieren und zum profitabelsten Autovermieter der Welt machen. In ein paar Jahren wollen sie in den USA eine Milliarde Dollar Umsatz erwirtschaften. Außerdem treiben sie die Zusammenführung und digitale Vernetzung von klassischer Autovermietung, Car-Sharing und Auto-Abo voran.

Mit dem Generationswechsel an der Spitze ist für Erich Sixt aber noch lange nicht Schluss. Künftig will er als Vorsitzender des Aufsichtsrats seinen Söhnen auf die Finger schauen. Er sei dann im „Teilzeit-Ruhestand“, sagte er. Und seine Söhne? „Sie bringen neuen Schwung in das Unternehmen.“

So sehen die Analysten die Aktie

Die sieben seit Mai im dpa-AFX-Analyser erfassten Experten sind sich bei Sixt uneinig. Vier Analysten plädieren zum Kauf der im SDax notierten Stammaktien, zwei zum Halten, die Baader Bank rät zum Verkauf. Deren Analyst Christian Obst begründet seine beibehaltene Einstufung mit der weiter hohen Unsicherheit, mit der sich Sixt konfrontiert sehen müsse. Zudem hätte der Autovermieter trotz einer Besserung von Nachfrage und Erträgen im März einen schwachen Jahresstart hingelegt.

Benjamin Pfannes-Varrow von der Privatbank Berenberg betont, die Aktien des Autovermieters hätten zuletzt stark vom Nachfrage-Boom in den USA sowie von der Hoffnung auf eine ähnliche Entwicklung in Europa profitiert. Auch sei das Unternehmen gut aufgestellt, um aus der Corona-Krise mit Marktanteilsgewinnen hervorzugehen. Allerdings seien die Aktien bereits recht hoch bewertet, weshalb er keine Kaufempfehlung mehr ausspreche.

Ähnlich äußerte sich sein Kollege Constantin Hesse von der Investmentbank Jefferies: Bei dem Autovermieter verbessere sich aktuell die Geschäftsdynamik, allerdings bildeten die Markterwartungen diese Erholung bereits recht gut ab.

Hoffnungsvoller zeigte sich Dirk Schlamp von der DZ Bank. Er könnte sich vorstellen, dass der Sixt-Vorstand zur Jahresmitte hin seine Jahresziele aktualisiert. Für Schlamp gibt es wegen der sich abzeichnenden Markterholung einen Kaufgrund für Sixt-Papiere. Und auch Michael Kuhn von der Deutschen Bank hofft auf einen „heißen Sommer“. Dem durchschnittlichen Kursziel von rund 128 Euro ist die Aktie bereits recht nah.

So läuft die Aktie

Trotz der weiter schwierigen Rahmenbedingungen für den Autovermieter können die Pullacher erfreut auf den Aktienkurs schauen. Ende Mai war die Stammaktie mit knapp 133 Euro so teuer wie noch nie; seitdem ist der Kurs wieder etwas zurückgefallen und lag zuletzt bei etwas mehr als 120 Euro.

Damit kann sie aber verglichen zum Vorkrisenniveau ein Plus von gut 20 Prozent vorweisen. Die Wertsteigerung seit dem Corona-Tief im März 2020 ist umso bemerkenswerter: Seither hat die Sixt-Aktie um gut 255 Prozent zugelegt.
Damit haben sich die Anteilsscheine deutlich besser entwickelt als die des Konkurrenten Europcar, für die es seit März 2020 stetig bergab ging. Seit Monaten verharrt der Europcar-Kurs unter einem Euro – vor der Krise war es noch mehr als das Doppelte.

Verglichen mit dem US-Konkurrenten Avis Budget Group sieht die Entwicklung dagegen eher mau aus. Zwar ging es auch für diese im Corona-Tief steil von knapp 48 Dollar auf rund 10 Dollar runter. Doch seither hat sich der Kurs erstaunlich gut entwickelt. In den vergangenen Monaten kommt Avis Budget Group auf ein Plus von 220 Prozent, während Sixt gut 55 Prozent zugelegt hat. Europcar hingegen büßte um mehr als zwei Drittel ein.

Die Pullacher kommen damit auf eine Marktkapitalisierung von knapp 4,9 Milliarden Euro und damit in etwa so viel wie der US-amerikanische Konkurrent Avis Budget Group. Der französische Autovermieter Europcar bringt dagegen nur rund zwei Milliarden Euro auf die Waage.

Sixt ist bereits seit 1996 an der Börse notiert – es gibt etwas mehr als 30 Millionen Stammaktien und knapp 17 Millionen Vorzugspapiere. Von den Stammaktien gehören einer Aufstellung der Nachrichtenagentur Bloomberg rund 58 Prozent der Familie Sixt. Das Paket ist etwas mehr als zwei Milliarden Euro wert.

onvista/dpa-AFX

Titelfoto:  Ken Wolter / Shutterstock.com

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