Neuer Credit-Suisse-Präsident legt Strategie früher als erwartet vor
SCHWEIZ-CREDIT-SUISSE:Neuer Credit-Suisse-Präsident legt Strategie früher als erwartet vor

Zürich (Reuters) - Ziemlich genau ein halbes Jahr nach dem Amtsantritt von Verwaltungsratspräsident Antonio Horta-Osorio legt die krisengebeutelte Credit Suisse die Karten auf den Tisch.
Die Schweizer Großbank will am Donnerstag im Anschluss an die Veröffentlichung der Quartalsbilanz auf einem Investorentag die mit Spannung erwarteten Ergebnisse ihrer Strategie-Überprüfung vorlegen. Experten erwarten organisatorische und auch einzelne weitere personelle Änderungen. Einen massiven Umbau erachten sie dagegen als unwahrscheinlich.
Als Horta-Osorio, zuvor Chef der in Schieflage geratenen britischen Lloyds, Ende April zum Credit-Suisse-Präsidenten gewählt wurde, sprach er Klartext: Eine Krise wie bei dem Schweizer Institut habe er bisher noch nicht erlebt. Er bezog sich dabei auf den Kollaps des Hedgefonds Archegos Capital, der die zweitgrößte Schweizer Bank fünf Milliarden Franken kostete, und die Notabwicklung von zusammen mit Greensill geführten Fonds. Dazu kam die Beschattung eines früheren Spitzenmanagers, über die Konzernchef Tidjane Thiam im Vorjahr gestolpert war, sowie ein Bestechungs- und Betrugsverfahrens in Zusammenhang mit Krediten an Mosambik. "Vor uns liegen schwierige Zeiten und harte Entscheidungen", sagte der Portugiese damals.
Über einen besonderen Ausschuss nimmt Horta-Osorio für einen Verwaltungsrats-Präsidenten ungewöhnlich viel Einfluss auf das Tagesgeschäft. Im Zentrum steht für ihn ein Kulturwandel und die Stärkung des Risikomanagements. Die Aktionäre wählten seitdem zwei Risiko-Experten in den Verwaltungsrat. Die Geschäftsleitung soll Anfang nächsten Jahres mit zwei Spitzenmanagern von Goldman Sachs verstärkt werden. Die Anleger haben sich bisher nicht überzeugen lassen: Während der europäische Bankenindex seit Ende Februar ein Viertel an Wert gewann, rutschte der Kurs der CS-Aktie um ein Viertel ab.
INVESTMENTBANKING BLEIBT WOHL
Am Donnerstag folgt die Präsentation der Strategie auf einer Anleger-Konferenz in London. Die Veröffentlichung erfolgt früher als erwartet, die Bank hatte bisher einen Zeitraum bis Ende des Jahres in Aussicht gestellt. An der Ausrichtung auf die Vermögensverwaltung für Millionäre und Milliardäre dürfte sich nichts ändern. Zur Schärfung der Strategie hatten Analysten von Bank of America aber eine Aufspaltung des Instituts ins Spiel gebracht. In der gegenwärtigen Aufstellung sei das Ziel einer Eigenkapitalrendite von zehn Prozent nicht zu schaffen, mit einem Ausstieg aus dem Investmentbanking dagegen schon. Doch andere Experten und auch Firmeninsider halten einen solchen Schritt für unwahrscheinlich; zu wichtig sei ein eigenes Investmentbanking insbesondere für die superreichen Kunden. Auch ein Verkauf von Teilbereichen wie dem Asset Management, größere Zukäufe oder auch eine Fusion mit einem anderen Institut sind für die Bank gegenwärtig offenbar kein Thema. "Die Credit Suisse muss zuerst ihre Hausaufgaben machen, bevor sie irgend etwas anderes in Erwägung ziehen kann", sagte ein Insider.
Dagegen dürfte der Konzern die Organisation vereinfachen und damit die verbleibenden Änderungen Thiams wieder rückgängig machen. Im Zentrum steht dabei das Kerngeschäft mit reichen Privatkunden. So könnte die Bank die bisher auf drei Divisionen verteilte Vermögensverwaltung in einer Sparte zusammenfassen, wie die Nachrichtenagentur Reuters im Juni berichtet hatte. Das Finanzportal "Finews" berichtete kürzlich ebenfalls über diese Pläne. Die Führungsspitze der Einheit sei noch nicht bestimmt. Als möglicher externer Kandidat gelte der frühere Credit-Suisse-Manager Francesco De Ferrari, so "Finews".
Auch weitere Management-Wechsel seien möglich, wie Insider sagen. Konzernchef Thomas Gottstein ist davon wohl ausgenommen, ihm stärkte Horta-Osorio im September den Rücken. Er sei der richtige Mann für die strategische Neuausrichtung der Bank, sagte der Präsident in einem Interview.