onvista Börsenfuchs: Die Prognosen für 2022 sollen Mut machen

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Hallo Leute! Ich hab Euch vorgewarnt. Jetzt ist’s so weit: Die Schätzungen und Vorhersagen zur Wirtschafts- und Börsenentwicklung werden an die aktuellen Erkenntnisse angepasst. Nicht zum ersten Mal in diesem Jahr. Man könnte auch sagen „Die Korrekturen werden korrigiert“. Das hat so gut wie nix mit der vierten Corona-Welle zu tun (noch nicht), sondern mit dem nahenden Jahreswechsel. Denn die letzten Wochen vor dem Ultimo sind traditionell Prognosezeit. Da hagelt es förmlich Ausblicke aller Art: eher allgemeine, aber auch konkrete Vorschauen mit vielen Zahlen und Empfehlungen für die Anleger. Dieses Jahr fällt auf, dass Wirtschaft und Börsen nicht in die gleiche Richtung gehen, zumindest nicht in gleichem Tempo. Das erschwert den klaren Blick nach vorn. Umso mehr sind in diesen Tagen Prognosen angesagt, die einem fürs neue Jahr Mut machen.

Das gilt (zumindest mit Einschränkung) für die Aussicht auf Geldwertstabilität. Nachdem die in den zurückliegenden Monaten auf beiden Seiten des großen Teichs überraschend stark gelitten hat, wird auf allen Ebenen kontrovers diskutiert, ob das längerfristig gilt oder nur vorübergehend. Das Mannheimer ZEW hat jetzt Finanzmarktexperten dazu befragt. Ergebnis: Die derzeit sehr hohen Inflationsraten bei den Verbraucherpreisen im Eurogebiet sollen in den nächsten zwei Jahren zwar allmählich zurückgehen, werden in diesem Zeitraum aber deutlich über der Zielmarke der EZB von 2 Prozent prognostiziert. Probleme bei internationalen Lieferketten, Rohstoffknappheit und hohe Energiepreise sollen bis 2023 als Inflationstreiber an Bedeutung verlieren. Der Einfluss der Lohnentwicklung auf die Inflationsraten im Eurogebiet wird dagegen insbesondere für das Jahr 2022 deutlich größer beurteilt als in vergangenen Erhebungen.

Für das laufende Jahr 2021 betragen die Inflationsprognosen im Durchschnitt 3,2 Prozent. Die Inflationsraten sollen in den nächsten zwei Jahren zwar allmählich zurückgehen, doch wird für das Jahr 2022 im Mittel eine Preissteigerung von 2,7 Prozent erwartet. Für das Jahr 2023 liegt die durchschnittliche Prognose bei 2,2. Ein nicht geringer Teil der befragten Finanzmarktexperten kann sich für beide Jahre aber auch Inflationsraten über 3 Prozent vorstellen. Aha.

Und was wird die Europäische Zentralbank machen und wann? EZB-Präsidentin Christine Lagarde schließt eine Zinserhöhung im Jahr 2023 nicht mehr aus. In einer Anhörung vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments erinnerte Lagarde an ihre Aussage vom 3. November, dass eine Zinserhöhung 2022 angesichts der Erwartungen der EZB und ihrer Forward Guidance sehr unwahrscheinlich sei. Bin gespannt, ob das dabei bleibt.

Einen anderen Blickwinkel liefern die Strategen der Deutsche Bank: Immer mehr Marktteilnehmer glauben offensichtlich, dass die Ami-Notenbank Fed die Risiken einer dauerhaft höheren Inflation unterschätzt und zu ihrer Eindämmung früher als geplant die Zinswende einleiten muss – möglicherweise bereits im Juli 2022. Auch eine Erhöhung des Tempos, mit dem die Fed ihre monatlichen Anleihekäufe reduziert – auch „Tapering“ genannt –, wird diskutiert. Wie die Fed mit dieser Situation umgeht, dürfte die Märkte zumindest bis zu ihrer letzten Sitzung dieses Jahres Mitte Dezember beschäftigen. Dazu die Empfehlung: Aktienanlegern könnten mögliche Kursrücksetzer günstigere Einstiegsmöglichkeiten bieten. Okay, das kann selbst der Laie unter den Privatanlegern kapieren.

Auch die folgende Zusammenfassung einer internationalen Marktbetrachtung soll Mut machen – nur liest sie sich nicht gerade leicht verständlich: „Übergeordnet sollten die günstigen bewerteten Value-Aktien, insbesondere Zykliker, in einem reflationären Umfeld einen Vorteil haben. Während vor allem die Wachstumstitel überproportional von den sinkenden Renditeniveaus der letzten zehn Jahre profitiert haben, dürften gerade diese wiederum am stärksten unter einem steigenden Renditenniveau leiden. Der potenzielle Gegenwind, der von steigenden Anleiherenditen ausgeht, dürfte für Value-Aktien somit deutlich schwächer ausfallen als für Wachstumstitel. Insbesondere bei sehr teuer erscheinenden und teilweise heute noch unprofitablen Wachstumstiteln besteht aus unserer Sicht ein erhöhtes Rückschlagspotenzial. Aber auch bestimmte Wachstumsthemen können Chancen bieten…“

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