Dax: Wenn der gute Glaube mit Füßen getreten wird – alle 40 Werte im Minus – Was tun, wenn die Kanonen donnern?

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Bis zuletzt hatten eigentlich alle Anleger geglaubt, dass Wladimir Putin zur Vernunft kommt und nicht in die Ukraine einmarschiert. Dieses Hoffen an das Gute im Menschen, ist mal wieder von einem verblendeten Despoten mit Füßen getreten worden. Aus der entsandten „Friedensarmee“ ist jetzt eine „Angriffsarmee“ geworden. Nach Angaben des ukrainischen Grenzschutzes haben russische Panzerkolonnen im Gebiet Luhansk bei Krasna Taliwka, Milowe und Horodyschtsche von russischem Territorium aus die Grenze überschritten. Ein Akt, der die Welt in Atem hält und die Aktienmärkte in die Tiefe drückt.

„Ein furchtbarer Tag für die Ukraine und ein dunkler Tag für Europa“

Der russische Angriff sei „durch nichts zu rechtfertigen“, erklärt Bundeskanzler Olaf Scholz heute Morgen in Berlin. Deutschland verurteile „diesen rücksichtslosen Akt“ des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf das Schärfste. „Unsere Solidarität gilt der Ukraine und ihren Menschen.“ Russland müsse die Militäraktion sofort einstellen. Scholz kündigte noch für den Lauf des Tages eine enge Abstimmung mit den Partnern in der G7, der Nato und der Europäischen Union an.

Es wird Sanktionen hageln

US-Präsident Joe Biden, die westlichen Verbündeten und die Nato verurteilten Putins Vorgehen scharf und kündigten weitere Sanktionen an. Außenministerin Annalena Baerbock (Gründe) hat nach dem russischen Angriff auf die Ukraine schärfste Sanktionen gegen Russland angekündigt. „Wir werden das volle Paket mit massivsten Sanktionen gegen Russland auf den Weg bringen“, sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstag in Berlin nach einer Sitzung des Krisenstabes im Auswärtigen Amt. Dazu werde sich Deutschland international mit der Europäischen Union, der Nato sowie den stärksten Wirtschaftsmächten im G7-Format abstimmen.

Börsen tauchen ab

Russlands Angriff auf die Ukraine hat die internationalen Börsen zu Handelsstart auf Talfahrt geschickt. Der Dax fiel kurzfristig unter die Marke von 14.000 Punkten. Mittlerweile hat sich der deutsche Leitindex bei 14.160 Punkten etwas stabilisiert. Wirklich gute Nachrichten stehen durch die Tat von Wladimir Putin total im Abseits. Die Deutsche Telekom schloss 2021 mit erheblichen Zuwächsen ab und übertraf mit ihrem operativen Ergebnis und dem freien Mittelzufluss die eigenen und auch die Analystenschätzungen. HeidelbergCement meldete dank gut laufender Geschäfte einen auf die Aktionäre entfallenden Überschuss von knapp 1,8 Milliarden Euro, nachdem hohe Abschreibungen im Vorjahr einen milliardenschweren Verlust verursacht hatten. Daimler setzte sogar noch eins obendrauf und erhöhte nach guten Zahlen die Dividende deutlich.

Mercedes Benz: Zahlen, die einen besseren Tag verdient hätten – Dividende wird kräftig angehoben

Allerdings nützen die ganzen guten Nachrichten nichts. Alle 40 Dax-Titel liegen im Minus. HeidelbergCement ist aktuell mit einem Minus von 7 Prozent Schlusslicht im Dax. Beiersdorf und Symrise kommen mit einem Verlust von etwas mehr als einem Prozent noch am glimpflichsten davon.

Nur kühle Kopf meistert solche Phasen

Zocker, die in den vergangenen Tagen auf russische Aktien gesetzt haben, trifft es heute besonders hart. Zum Beispiel knickt die Aktie von Gazprom heute um rund 30 Prozent ein. Hier zeigt sich wieder einmal, dass ein hohes Risiko in vielen Fällen nicht belohnt wird.

Chart Gazprom 2 Jahre

Wer ruhiger, also eher mit konservativen Werten unterwegs ist, der wird heute mit Sicherheit auch überwiegend auf rote Vorzeichen im Depot im Depot blicken, aber die dürften deutlich niedriger sein, wie bei Gazprom. Als Beispiel wäre hier Mercedes Benz zu nennen. Die sehr guten Zahlen und die deutlich Erhöhung der Dividende gehen heute im Markt unter. Trotzdem müssen die Anleger in die Zukunft schauen und da ist der russische Markt sicherlich nicht einer der wichtigsten für Mercedes. Daher dürfte sich das gute Jahresergebnis in den kommenden Tagen und Wochen noch im Aktienkurs niederschlagen.

Depot durchforsten

Mercedes ist aus den genannten Gründen ein gutes Beispiel dafür, wie Anleger ihr Depot jetzt checken sollten. Wie wichtig ist der russische Markt für das Unternehmen und wie schwer könnte es von Sanktionen betroffen sein. Uniper ist ein Beispiel dafür, wie es nicht laufen sollte. Direkt zum Handelsstart fielen sie bis auf 27,70 Euro und damit den tiefsten Stand seit Dezember 2020. Zuletzt erholten sie sich und gaben noch um 13,1 Prozent auf 28,910 Euro nach, womit sie weiter Schlusslicht im MDax sind. Der Stromerzeuger macht einen erheblichen Anteil des Geschäfts in Russland und ist Mitfinanzierer der auf Eis gelegten Gaspipeline Nord Stream 2. Laut Analyst Guido Hoymann vom Bankhaus Metzler sind die Risiken „schlicht unkalkulierbar“. Der Kursverlauf zeigt, dass die ersten Schnäppchenjäger schon wieder zugreifen. Im Kurs ist allerdings noch nicht das endgültige aus von Nord Stream 2 eingepreist. Bis jetzt nur eine Verzögerung der Inbetriebnahme. Sollte ein endgültiges Aus kommen, dann könnten ein weiterer steiler Abstieg folgen. Die Anleger gehen hier nach wie vor wieder ein hohes Risiko ein.

Chart Uniper 2 Jahre

Banken im Blick bei Sanktionen und Anleihegeschäften

Bei den kommenden Sanktionen dürfte auch die Bankenbranche im Fokus stehen. Zum einen dürften bei dem ein und anderen Finanzinstitut Konten eingefroren werden zum anderen wird wohl auch der Handel mit russischen Anleihen bald Geschichte sein. Ganz hart dürften die Sanktionen russische Banken treffen, denen der Zugang zum europäischen Markt wohl abgeschnitten wird. Wie sehr es die europäischen Finanzinstitut trifft, wird sich wohl erst in den kommenden Monaten zeigen. Die Deutsche Bank hat sich mit dem Szenario schon ausführlich beschäftigt und wird nicht eiskalt erwischt.

Eigene Notfallpläne greifen jetzt

Das Frankfurter Geldhaus sei zutiefst besorgt angesichts des Angriffs auf ein souveränes europäisches Land und darüber, dass die Grenzen in Europa in Frage gestellt werden, erklärte ein Banksprecher am Donnerstag auf Anfrage. Selbstverständlich halte sich das Institut an politischen Entscheidungen und Sanktionen. „Wir haben uns auf verschiedene Szenarien vorbereitet und Notfallpläne erstellt“, sagte der Sprecher. Die Deutsche Bank hat ihr Engagement in Russland seit 2015 deutlich reduziert. Trotzdem verliert das Papier heute mehr als 7 Prozent.

Augen zu und durch

Wer sein Depot nach den oben genannten Kriterien durchforstet hat, der dürfte sicherlich etwas ruhiger schlafen, muss sich aber trotzdem auf einen weiterhin volatilen Markt einstellen. So hart es auch klingen mag: Die Börse hat jetzt das Thema Putin eingepreist. Aber damit sind immer noch nicht alle dunklen Wolken vom Tisch. Da wäre noch das Vorgehen der amerikanischen Notenbank gegen die hohe Inflation im Land. Ein nachhaltiger Trend lässt sich daher erst Ende erstes Quartal / Mitte zweites Quartal erkennen. Bis dahin sollten Anleger Ruhe im Depot bewahren und die Schwankungen aussitzen. Erfahrene Anleger können zudem versuchen kleinere Bewegungen über Derivate zu spielen. Damit steigt das Risiko allerdings wieder deutlicher, da die Märkte aktuell sehr schwer zu greifen sind.

Öl?

Der Ölpreis ist durch die neue Situation in der Ukraine in die Höhe gestiegen. Ein Barrel der Nordseesorte Brent kosten aktuell 105 Dollar – der höchste Preis seit 2014. Hier könnten Anleger auf höhere Preise spekulieren. Bis alle Sanktionen auf dem Tisch liegen könnten die Preise noch ein Stück anziehen. Allerdings dürfte das Potenzial einer solchen Spekulation nicht mehr ganz so hoch sein.

–>> Hier finde sie einen Überblick über die Entwicklung der Rohstoffe

Gold?

Anleger flüchteten heute in das gelbe Edelmetall. Eine Feinunze Gold (rund 31,1 Gramm) kostete im frühen Handel 1949 US-Dollar, das ist der höchste Stand seit Januar 2021. Auch hier dürfte der Preis in den nächsten Tagen noch ein Stück weiter in die Höhe gehen. Dies kann ebenfalls mit Derivaten gespielt werden. Gold dürfte noch ein gutes Stück mehr Potenzial haben. Hier sollte jeder Anleger nach seinem Risikogeschmack entscheiden. Mit Xetra-Gold spielen Anleger die Entwicklung des Goldpreises eins zu eins. Wer etwas meh Salt in der Suppe braucht der sucht sich beim onvista Derivate-Finder eine Produkt mit einem Hebel auf den Goldpreis aus. Hierbei sei erwähnt, dass höhere Hebel das Risiko der Spekulation erhöhen und auch ein Totalverlust des Einsatzes drohen könnte.

–>> Hier geht es zum Derivate-Finder von onvista

Nicht heißlaufen

Auch wenn wir das Thema Derivate ins Spiel gebracht haben, bitte lassen sie nicht die Gier die überhand gewinnen und steigen jetzt mit hochspekulativen Optionsscheinen in den Markt ein. Die „Buy the dip“-Mentalität, die wir vor allen Dingen 2021 gesehen haben, dürfte vorbei sein. Solange die Fed nicht ihren Kurs klar definiert hat und das Thema Inflation in den Griff bekommen wird, werden die Aktienmärkte anfällig bleiben für Rücksetzer. Daher behalten Sie bitte bei allen Entscheidungen ein kühlen Kopf mit Weitsicht.

Von Markus Weingran

Foto: onvista

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