Markt-Update: Europäische Indizes legen kräftig zu – Deutsche Bank senkt für Logistik-Branche den Daumen, Jenoptik weiter auf Talfahrt

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Europas wichtigste Aktienmärkte haben nach dem vielversprechenden Wochenauftakt am Dienstag weiter zugelegt. Nachgebende Ölpreise und Hoffnungen auf eine Lösung im Ukraine-Konflikt ließen die Kurse steigen. Der EuroStoxx 50 gewann gegen Mittag 2,39 Prozent auf 3980 Punkte. Der Dax kletterte mit einem Plus von 1,9 Prozent in die Nähe der 14.700 Punkte Marke.

Der französische Cac 40 stieg um 2,43 Prozent auf 6749,33 Punkte, der britische FTSE 100 war mit 0,96 Prozent auf 7545,19 Punkte nicht ganz so stark und reagierte damit auf die verhaltene Entwicklung der Öl- und Rohstoffwerte.

„Die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine und die stark rückläufigen Rohölpreisnotierungen haben den Marktteilnehmern etwas Optimismus gegeben“, stellte Marktexperte Andreas Lipkow von Comdirect fest. Allerdings dürfte eine Lösung des Ukraine-Konflikts alles andere als leicht werden. So hat Russland ungeachtet der Verhandlungen die Fortsetzung seiner Angriffe in der Ukraine angekündigt.

„Keine Bezahlung – kein Gas“

Zudem hängt das Damoklesschwert der russischen Gaslieferungen weiter über Europa. Nach der von der EU weitgehend abgelehnten Bezahlung von Lieferungen in Rubel hat Kremelsprecher Dmitri Peskow mögliche neue Schritte Russlands angekündigt. „Keine Bezahlung – kein Gas“, sagte Peskow nach Angaben der Staatsagentur Tass. Moskau wolle die Antwort der EU abwarten und dann die nächsten Schritte festlegen. „Wir beabsichtigen aber auf keinen Fall, uns als Wohltäter zu zeigen und Westeuropa kostenloses Gas zu liefern“, betonte Peskow.

Autowerte vorn, Öl- und Rohstoffwerte unter Druck

An der Spitze der Gewinner lag der in den vergangenen Wochen volatile Autosektor, der in Abhängigkeit von der Gesamtmarktentwicklung meist starke Kursausschläge nach oben oder unten zeigt. Technologiewerte profitierten von den guten Vorgaben der Wall Street, wo die Nasdaq ihre Erholung fortgesetzt hatte. Bankenwerte knüpften an die Vortagesgewinne an und gehörten ebenfalls zu den Favoriten.

Öl- und Rohstoffwerte lagen dagegen im hinteren Teil des Feldes. „Das Energieberatungsunternehmen Energy Aspects hat wegen des Anstiegs der Corona-Infektionszahlen in Shanghai und in anderen Regionen Chinas seine Prognose für die chinesische Ölnachfrage im März um 700 000 Barrel pro Tag und im April um 600 000 Barrel pro Tag nach unten revidiert“, merkte Analyst Carsten Fritsch von der Commerzbank dazu an. „Damit sorgt die chinesische Zero-Covid-Politik – wenn auch unfreiwillig – für eine gewisse Entspannung am Ölmarkt.“

Sanofi unter Druck

Auch die defensiven Pharmawerte gehörten nicht zu den Favoriten. Der französische Pharmakonzern Sanofi hatte mit dem US-Biotechunternehmen IGM Biosciences zwar einen potenziell milliardenschweren Kooperationsvertrag für Medikamente gegen Krebs und entzündliche Erkrankungen geschlossen, doch die Aktie verlor 0,7 Prozent. Die erhöhte Prognose für den Spitzenumsatz des Neurodermitis-Medikaments Dupixent liege unter der Konsensschätzung, begründete Analyst Richard Vosser von JPMorgan die Verluste.

Deutsche Bank stuft ab: Logistikbranche verliert an Attraktivität

Nachdem die Corona-Pandemie mit weltweiten Lieferkettenproblemen und zu geringen Frachtkapazitäten der Logistikbranche in die Hände gespielt hat, könnte der Krieg in der Ukraine nun belasten. So warnt Analyst Andy Chu von der Deutschen Bank in einer Studie zu Logistikunternehmen vor einer drohenden konjunkturellen Eintrübung. Einstige Gewinner könnten nun unter Druck kommen.

Der Ukraine-Konflikt hat nach Ansicht des Analysten zwar keinen unmittelbaren Einfluss auf die Anbieter von Frachtdienstleistungen, doch die konjunkturellen Folgen deuteten derzeit auf eine Eintrübung hin. Die Prognosen für die Bruttoinlandsprodukte weltweit signalisierten eine schwächere, wenn auch nicht rezessive Entwicklung. Das bedeute Druck auf die Verbraucherausgaben.

Vor diesem Hintergrund rückt der Analyst von seiner positiven Einschätzung der Logistikbranche ab und nimmt eine neutrale Haltung ein. Zurückhaltend ist Chu bei Unternehmen mit hohen Fixkosten und starker Konzentration auf Europa. Optimistischer ist er dagegen für Firmen, die weltweit aktiv sind und durch Übernahmen ihren Wert steigern können.

Anhand dieser Kriterien empfiehlt der Analyst Deutsche Post und DSV weiter mit „Kaufen“, wobei er das Kursziel für die Post von 59 auf 54 Euro senkte.

Maersk, Kühne & Nagel sowie Hapag-Lloyd schneiden nicht ganz so gut ab. Hier rät Chu nur noch zum „Halten“ und zieht damit die Kaufempfehlung zurück. Die Royal Mail Group stuft er sogar „Kaufen“ auf „Verkaufen“ ab.

Jenoptik weiter auf Talfahrt – Analysten: Ausblick konservativ

Bei Jenoptik hält am Dienstag nach der Vorlage vollständiger Jahreszahlen der Abwärtstrend an. Die Aktien büßte als SDax-Schlusslicht knapp siebeneinhalb Prozent auf 27,70 Euro ein – damit nahmen sie weiter Kurs auf ihr gut drei Wochen altes Zwischentief bei 26,90 Euro. Der Technologiekonzern hat 2021 den Umsatz und vor allem die Gewinne deutlich gesteigert und will auch 2022 weiter wachsen. Wegen der zunehmenden Unsicherheit, ausgelöst unter anderem durch den Ukraine-Russland-Konflikt, soll die Dividende aber stagnieren.

Das 2022 angestrebte Umsatzwachstum von mindestens 20 Prozent erscheine angesichts des rekordhohen Auftragsbestands sehr konservativ, kommentierte Warburg-Analyst Malte Schaumann. Ähnlich äußerte sich Peter Rothenaicher von der Baader Bank, der den Ausblick inklusive des 18-prozentigen Margenziels (Ebitda) etwas unter seinen Erwartungen sieht.

onvista/dpa-AFX

Titelfoto: Vintage Tone / Shutterstock.com

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