onvista-Börsenfuchs: Sprache der Börsenprofis verrät Unsicherheit

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Hallo Leute! Die Börsen bleiben wacklig. Die Stimmung ist wechselhaft. Und die Aussichten? Zum Wochenende gibt’s üblicherweise jede Menge Analysen, Meinungen und Vorhersagen der professionellen Strategen. Die verarbeiten unterschiedliche Methoden, wie man das Geschehen an den Märkten beurteilen kann. Ihr wisst, meine Freunde, dass dementsprechend auch unterschiedliche Ergebnisse herauskommen (können). Manchmal sind sogar gegensätzliche Prognosen dabei.

Momentan haben wir eine (wie ich finde) ganz besondere Situation: Profis und Privatanleger müssen mit einer ungewohnten Vielfalt von Einflüssen leben. Und die sind überwiegend internationaler Natur. Kaum sieht es so aus, als könne die Corona-Pandemie bald überwunden werden, schockt Russlands Präsident Putin die ganze Welt mit seinem brutalen Angriff auf die Ukraine. Nicht nur diese beiden historischen Krisen machen deutlich, was Digitalisierung und Globalisierung bedeuten. Denn die unerwartet hohe Inflation, die Geldpolitik der Notenbanken und die Sorgen über die weitere konjunkturelle Entwicklung sind „grenzüberschreitende“ Herausforderungen, die miteinander verwickelt sind.

Am Ende dieser Woche stelle ich eine weitere Gemeinsamkeit fest: Mehrere namhafte Häuser (Banken, Investmentgesellschaften) haben offensichtlich Probleme bei der präzisen Beschreibung der Börsenlage und -aussichten. Denn ungeachtet der inhaltlichen Unterschiede wird die verwendete Sprache zu einer Verständnishürde für private Anleger. Es geht hin und her mit Stimmungscharakterisierungen, in die (schlecht sortiert) vorsichtig optimistische Perspektiven, aber auch Warnungen eingebaut werden. Selbst nach mehrfachem Lesen wusste ich oft nicht, was der Volkswirt oder Analyst erwartet bzw. dem Anleger empfiehlt. Wie das? Ein Signal für die komplexe und komplizierte Welt und zudem ein typische Erscheinung für größte Unsicherheit über die weitere Entwicklung. Im Folgenden nur ein paar wichtige Sätze aus der Wochenvorschau einer von mir geschätzten Frankfurter Bank.

Deutschland Ifo-Geschäftsklimaindex. Der Krieg in der Ukraine tobt unvermindert weiter. Die Preise explodieren und belasten die Konsumenten sowie die Unternehmen, sofern diese die höheren Kosten nicht weitergeben können. Gleichzeitig sehen wir erste Spuren von Lieferausfällen in Folge des Krieges und der Sanktionen. Auch von den chinesischen Corona-Lockdowns droht weiteres Ungemach. Im März hatten sich die Ifo Geschäftserwartungen für Deutschland schon in Rekordtempo eingedampft und viele dieser Belastungen vorweggenommen. Im April dürften sie weiter nach unten adjustiert werden. Da es den Unternehmen derzeit noch einigermaßen gut geht, sollte die Abwärtskorrektur der Ifo Lagebeurteilung nur milde ausfallen. Doch auch das wird sich in den kommenden Monaten ändern (Montag, 25. April 2022)

USA Bruttoinlandsprodukt. Geht der US-Wirtschaft schon zu Beginn der geldpolitischen Straffung die Luft aus? Das Bruttoinlandsprodukt dürfte im ersten Quartal nur sehr schwach angestiegen sein. Die inoffiziellen Berechnungen zum monatlichen Verlauf, die allerdings nur bis Februar vorliegen, zeigen, dass es in den Teilaggregaten privater Konsum, Lagerinvestitionen und Außenhandel erhebliche Ausschläge nach oben wie auch nach unten gegeben hat. Diese Ausschläge sind teilweise auf Corona-bedingte Probleme bei der Saisonbereinigung zurückzuführen. Neben einer erhöhten Prognoseunsicherheit erschweren diese Schwankungen spürbar die Interpretation der Veränderungsrate (Donnerstag, 28. April 2022).

Euroland Verbraucherpreise. Die Inflationsrate im Euroraum dürfte im April mit 7,4 % gegenüber dem Vorjahr unverändert hoch geblieben sein. Die drastischen Preisanstiege von Benzin, Diesel und Heizöl nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine haben sich zum Teil zwar wieder zurückgebildet. Doch dürften sich die Preiserhöhungen bei Erdgas und Elektrizität fortgesetzt haben. In der Kernrate erwarten wir eine weitere Beschleunigung auf 3,2 %. Vor allem bei Industriegütern werden die gestiegenen Kosten für Energie und Materialien in großem Umfang weitergegeben. Zudem dürften die Lockerung der Corona-Beschränkungen und die in diesem Jahr späten Osterferien zu etwas stärkeren Preiserhöhungen bei saisonabhängigen Dienstleistungen geführt haben (Freitag, 29. April 2022)

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