Kutzers Zwischenruf: Taiwan wird die nächste Bewährungsprobe

Hermann Kutzer · Uhr
Quelle: fizkes/SHutterstock.com

Das kann kein Mensch gebrauchen, schon gar nicht die Börsianer. Zunehmende Spannungen (verbunden mit Drohungen) zwischen China und den USA sorgen für Nervosität rund um den Globus. Doch ist die Taiwan-Frage nicht mit dem Ukraine-Konflikt vergleichbar. Ein Aspekt unter mehreren: Die beiden größten Großmächte kennen ihre Stärken und Schwächen, wissen damit auch, wo sie nicht unabhängig von politischen und Handelspartnern ihre Interessen vertreten können. Wichtig: Man ist im Konflikt nicht so unberechenbar wie Moskau. Dennoch wird die Weiterentwicklung der amerikanisch-chinesischen Beziehungen auch für die Kapitalmärkte zu einer Bewährungsprobe. Nur bricht deshalb an den Börsen nicht gleich Panik aus. Im Gegenteil, Aktienfans betrachten die moderate Unsicherheit vielleicht sogar als Gelegenheit, um seine Bestände weiter aufzubauen – mutmaßlich preisgünstig.

Das würde auch zu einer Zwischenbilanz 2022 der internationalen „Fundflow“-Daten passen, die Morningstar jetzt vorgelegt hat. Denn die globalen Mittelflüsse zeigen, dass die Investoren Kurs halten. Trotz turbulenter Märkte gerieten die Anleger im ersten Halbjahr nicht in Panik. Sie bevorzugten schon 2021 Risikoanlagen, und 2022 stellt bisher trotz der schwierigen Marktbedingungen keine vollständige Umkehr des Trends dar. Während Abflüsse in allen Anlageklassen vorherrschen, war die Abflussrate im Vergleich zu früheren Volatilitätsperioden moderat. So gab es in keiner Anlageklasse Anzeichen einer „Kapitulation“. Während die wichtigen Anlageklassen im Jahr 2022 bisher negative Renditen verzeichneten, haben Investoren insgesamt kein großes Volumen abgezogen. Grund: Das Motiv „There Is No Alternative (to stocks)“, alias TINA, dominiert immer noch. Die Zinssätze bleiben relativ niedrig, die Inflation ist hoch und es gibt keine offensichtliche alternative Risikoanlage, die einen Ausweg bietet.

Die Experten des Analyse- und Ratinghauses liefern noch eine andere Erklärung für das Fehlen von Anlegerpanik: Portfolios sind heute mehr denn je durch unterschiedliche Programme gesteuert werden. Hierzu gehören in den USA beispielsweise das 401(k)-System sowie Model Portfolios oder auch Target Date Funds, die in Europa und Kanada nach wie vor beliebt sind. Investitionen in diese Vehikel erfolgen regelmäßig und automatisch, und die Strategien werden immer wieder neu ausbalanciert, um ihre festgelegten Anlagerichtlinien einzuhalten. Von kurzfristigen, taktischen Änderungen wird bekanntlich allgemein abgeraten. Und die meisten Anleger folgen dem Rat und verzichten auf zu hektische Portfolioanpassungen, beobachtet Morningstar.

Sollte sich dieses Bild nicht wesentlich ändern, lassen meine Sorgen wegen eines wieder nachlassenden Aktieninteresses in Deutschland als Folge von Krisen, Kriegen und Katastrophen stark nach. Denn immer mehr Bundesbürger begreifen, wie wichtig und sinnvoll ein ganz langfristiges Aktieninvestment ist – auch in brisanten Zeiten.

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