Heiko Böhmer: Von der Kunst, eine Aktie zu verkaufen

Heiko Böhmer · Uhr
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Der Austausch mit anderen Investoren bringt einen wirklich weiter. Dies ist eine der zentralen Erkenntnisse meiner USA-Reise, bei der ich in New York und Omaha wirklich viele spannende Gespräche geführt und eben auch Investoren getroffen habe.

Nun steht in Omaha immer die Hauptversammlung von Berkshire Hathaway und damit Warren Buffett im Fokus. Doch im Umfeld des Hauptversammlungs-Wochenendes finden viele weitere spannende Events statt, bei denen es leicht ist, ins Gespräch zu kommen und oft neue Erkenntnisse für das eigene Grundverständnis zu erlangen.

Das möchte ich hier am Beispiel der Frage- und Antwortsession von Vitaliy Katsenelson aufzeigen, der neben seiner Tätigkeit als Vermögensverwalter auch viele Artikel und Bücher veröffentlicht, in denen er weit über den normalen Investmentrahmen hinausgeht. Doch als Investor lohnt es sich immer über den Tellerrand hinauszublicken – besonders wenn es um die psychologischen Aspekte des Investierens geht, die ich an dieser Stelle schon häufiger aufgegriffen habe.

Für Katsenelson ist Investieren auf gar keinen Fall ein normaler Nine-to-five-Job, bei dem man morgens am Arbeitsplatz erscheint und abends auscheckt und einfach nach Hause geht. „Als Investor denkt man die ganze Zeit an das Thema“, so Katsenelson in der Frage- und Antwortrunde. In Omaha hatte er zum Frühstück in ein örtliches Brauhaus eingeladen und mehr als 100 Investoren waren der Einladung gefolgt. Das war für Katsenelson keine Überraschung: „Wenn man Value-Investoren ein kostenloses Frühstück bietet, dann kommen sie auch.“ Auf jeden Fall bot es eine interessante Möglichkeit, mit anderen Investoren ins Gespräch zu kommen.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Verkauf?

Einen Punkt möchte ich noch besonders herausstellen. Für Katsenelson ist das Verkaufen schwieriger als das Kaufen von Aktien. Genau hier stehen auch Value-Investoren oft vor einer großen Herausforderung, denn hier nehmen Käufer Aktien mit einer hohen Sicherheitsmarge auf den kalkulierten Inneren-Wert ins Depot. Dann geht es darum geduldig zu sein und darauf zu setzen, dass die Aktie den kalkulierten Wert auch erreicht.

Doch was folgt dann? Geht es nach der reinen Lehre des klassischen Value-Investings müsste die Aktie dann auch verkauft werden. Oft genug kommt es aber gar nicht dazu, gerade weil die Aktien über eine lange Zeit mit einer niedrigen Bewertung und einem Abschlag zum inneren Wert gehandelt werden.

Investoren sind hier schon oft in die sogenannte Value-Falle getappt: Was nutzt es, wenn ein Investor eine Unterbewertung sieht, der breite Markt aber nicht? Dann können solche Aktien auch sehr lange Zeit auf einem niedrigen Niveau notieren.

In beiden Fällen – also wenn der faire Wert erreicht ist oder wenn er auch nach längerer Zeit nicht erreicht wird – müssen Investoren ihre These zu dieser Aktie auf den Prüfstand stellen und dann vielleicht auch verkaufen.

Im Endeffekt gibt es dabei laut Katsenelson zwei maßgebliche Fragen für Investoren: Was zeichnet die Qualität des Unternehmens jetzt aus und was ist das Unternehmen auf Sicht der nächsten vier bis fünf Jahre wert? Mit den passenden Antworten auf diese Fragen sind Investoren erst einmal gut gerüstet.

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