ROUNDUP: Unternehmer Kühne bietet Beteiligung an HHLA an - Senat lehnt ab

dpa-AFX · Uhr

HAMBURG (dpa-AFX) - Der Unternehmer Klaus-Michael Kühne hat die Führung der Hamburger HHLA scharf kritisiert und zugleich seine Bereitschaft zu einer größeren Beteiligung an der Hafengesellschaft signalisiert. "Ich mache mir ernsthaft Sorgen um den Hafen: Er ist schlecht strukturiert, schlecht gemanagt und kann mit der Konkurrenz in einigen anderen Seehäfen nicht mithalten", sagte der in der Schweiz lebende Milliardär (86) dem "Hamburger Abendblatt" (Mittwoch). Die Hamburger Hafen und Logistik AG ist zu 69 Prozent im Besitz der Stadt Hamburg.

Seine Holding, zu der außer der Kühne+Nagel-Gruppe auch Beteiligungen an Hapag-Lloyd und der Lufthansa gehören, würde gern eine größere Investition tätigen. "Dafür würde ein Hafenterminal sehr gut passen", sagte Kühne und fügte hinzu: "Ich überlege mir, ein offizielles Übernahmeangebot für die HHLA-Aktienmehrheit zu machen, weiß allerdings, dass es bei der Stadt zurzeit kaum Anklang finden wird." Senatssprecher Marcel Schweitzer sagte dazu am Mittwoch: "Wir können bestätigen, dass der Senat nicht beabsichtigt, die Mehrheit der HHLA an Investoren zur Verfolgung privater Geschäftsinteressen zu verkaufen."

Dem HHLA-Vorstand liege kein Angebot von Kühne vor, teilte eine Unternehmenssprecherin mit. Zum Zustand des Konzerns sagte sie: "Trotz der weltwirtschaftlich insgesamt schwierigen konjunkturellen Lage steht die HHLA auf solider Basis und hat auch unter den aktuell herausfordernden Bedingungen ihre Resilienz unter Beweis gestellt." Der Konzern investiere kontinuierlich und zielgerichtet in die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens sowie in den Ausbau seines europäischen Netzwerks. Die Terminals im Hamburger Hafen zählten in puncto Nachhaltigkeit und Automatisierung zu den modernsten in Europa.

Der Aktienkurs der HHLA, der nach dem Börsengang 2007 zeitweise bei über 60 Euro gelegen hatte, bewegt sich derzeit bei knapp über 10 Euro. Der für den Hafen wichtige Containerumschlag sank im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich. Insgesamt seien von Januar bis Juni 3,8 Millionen Standardcontainer (TEU) über die Kaikanten gegangen, hatte die Hafen Hamburg Marketing im August mitgeteilt. Das sei ein Minus von 11,7 Prozent. Finanzvorständin Tanja Dreilich hatte ihren Posten zum 30. Juni nach nur sechs Monaten niedergelegt.

Verhandlungen über eine Fusion der Containerterminals von HHLA und Eurogate waren im vergangenen Jahr vorerst auf Eis gelegt worden. Die beiden Unternehmen hatten seit Frühjahr 2020 darüber gesprochen, die acht Containerterminals beider Unternehmen in Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven in einer Gemeinschaftsfirma zu bündeln. Im vergangenen Juni hatten die HHLA und der chinesische Staatskonzern Cosco eine Beteiligung an einem Container-Terminal besiegelt. Nach Zustimmung der Bundesregierung unterzeichneten beide Seiten Verträge über eine Minderheitsbeteiligung von 24,99 Prozent am Terminal Tollerort.

SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf schrieb auf der Plattform X, früher Twitter: "Danke für das "Angebot", Herr Kühne, aber einen Ausverkauf der HHLA wird es nicht geben. Thema durch." Kienscherf fragte zugleich: "Wo bleibt eigentlich u.a. die Oper? Wenn Herr Kühne wirklich etwas für Hamburg tun möchte, gibt es sicherlich viele andere sinnvolle Möglichkeiten..."

Kühne, der auch Großmäzen des Hamburger Sportvereins ist, hatte im Mai 2022 mit dem Vorschlag für Furore gesagt, eine neue Oper in der Hansestadt bauen zu wollen. Dafür sollte das denkmalgeschützte Opernhaus an der Dammtorstraße abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Der Vorschlag stieß in der Stadt auf wenig Gegenliebe. Mittlerweile möchte Kühne die Oper nach Medienberichten auf einem freien Areal in der HafenCity errichten. Auch dazu gibt es von der Kulturbehörde bisher keine Stellungnahme. Es dürfte für die Stadt jedoch schwierig werden, zwei Opernhäuser zu unterhalten.

"Hamburg ist kein Selbstbedienungsladen für in der Schweiz ansässige Milliardäre", sagte die wirtschafts- und hafenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Miriam Putz. Die HHLA sei bei der Stadt in sehr guten Händen. Die Drohkulisse eines Abstiegs des Hafens entbehre jeglicher Realität. Das Thema der Terminalbeteiligungen spiele in den Plänen des Senats selbstverständlich eine Rolle. "Wir legen also mitnichten die Hände in den Schoß, sondern arbeiten tagtäglich vertrauensvoll mit den hier in Hamburg stets präsenten Unternehmen und Personen an einer nachhaltigen Zukunft des Hafens", betonte die Grünen-Politikerin.

Nach Ansicht des wirtschaftspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Götz Wiese, zeigt die Kritik von Kühne, dass die Reedereien die Lust verlieren, Hamburg anzulaufen, und der rot-grüne Senat nicht genug tut, um den Hafen weiterzuentwickeln. "Kühnes klare Positionierung sollte dem Senat zu denken geben - und dort nicht erneut auf taube Ohren stoßen", mahnte Wiese.

Der hafenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, Norbert Hackbusch, meinte: "Herr Kühne spricht aus, was in Hamburg fast alle wissen - nur der Senat nicht: Der Hamburger Hafen ist in einer Krise." Die Linke sei jedoch gegen einen Verkauf der HHLA. Kühne gehe es um Rendite für seinen Konzern, nicht darum, der Stadt zu helfen.

Die AfD-Fraktion begrüßte Kühnes Vorstoß, sofern es um eine größere Minderheitsbeteiligung an der HHLA gehe. "Einer Mehrheitsbeteiligung stehen wir allerdings skeptisch gegenüber, weil eine vollständige Privatisierung des Hafens ein zu radikaler Einschnitt wäre", sagte der hafenpolitisches Sprecher Krzysztof Walczak.

Die FDP-Landesvorsitzende Sonja Jacobsen betonte: "Wichtig ist vor allem, dass endlich eine Debatte über neue Impulse für den Hamburger Hafen beginnt." Die Liberale vermutete: "Der Senat hat Klaus-Michael Kühne womöglich auch deshalb abblitzen lassen, weil es an eigenen Ideen für die Zukunft des Hafens mangelt."/gw/bsp/DP/ngu

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