Kolumne von Alexander Mayer

Darum sind 500.000 Dollar für einen Bitcoin nicht wünschenswert

decentralist.de · Uhr
Quelle: AlyoshinE/Shutterstock.com

Das Pendel für Bitcoin steht wieder auf bullisch. Nachdem der Kurs im Jahr 2023 von 16.000 auf 45.000 Dollar stieg, herrscht der Optimismus im Krypto-Markt vor und die Analysten-Prognosen für 2024 können sich sehen lassen. 

Bullische Preisziele für 2024

Zu den größten Pessimisten gehört die Investment-Bank JPMorgan, die eine faire Bewertung von 45.000 Dollar für Bitcoin sieht. Die Investment-Bank Berenberg hingegen visiert ein Kursziel von 56.000 Dollar bereits um das Halving im April herum an. James Butterfill, Head of Research von Coinshares, dem größten Krypto-ETP-Anbieter in Europa, hat gegenüber CNBC ein Kursziel von 80.000 Dollar genannt. Er sieht eine anstehende Erhöhung der Engagements von Vermögensverwaltern in Bitcoin als einen der Haupt-Preistreiber, in Kombination mit einer sich abzeichnenden lockeren Geldpolitik für 2024.

Die Londoner Bank Standard Chartered hat zuletzt ihr Kursziel von über 100.000 Dollar für 2024 bekräftigt und sieht vor allem die Zulassung mehrerer Spot-Bitcoin-ETFs als bullischen Faktor. Das Finanzanalyse-Unternehmen Fundstrat geht noch weiter und hält sogar einen Preis von 180.000 Dollar bereits um das Halving herum für möglich. Die Kombination aus dem Halving-Effekt und einer ETF-Zulassung, die zu einer enorm steigenden Nachfrage bei gleichzeitig verringertem Angebot führen, ist das Hauptargument für die These von Fundstrat.

Noch weiter gehen einige hochkarätige Investoren mit ihren Prognosen: Die beiden US-Milliardäre Tim Draper und Mike Novogratz haben bereits des Öfteren Kursziele von 250.000 bis 500.000 Dollar für Bitcoin in den Raum gestellt und nennen unter anderem die sich verändernde geldpolitische Landschaft als Grund. 

Cathie Wood, CEO von Ark Invest, ist ebenfalls im Lager der extremen Bullen und hält einen Bitcoin-Kurs von über 600.000 Dollar im Jahr 2024 aufgrund der anhaltenden Adaptionskurve für möglich, die durch einen ETF weiter angetrieben werden könnte. Das Venture Capital Unternehmen CoinFund ist ebenfalls in der Riege der größten Bullen und hält aufgrund einer anhaltenden Dollar-Abwertung und fallender Zinsen einen Anstieg von Bitcoin auf 250.000 bis 500.000 Dollar in diesem Jahr für möglich, da Bitcoin stark invers mit diesen beiden Dingen korreliert.

Die Preisziele im Kontext der Marktkapitalisierung

Sollte Bitcoin dieses Preisniveau wirklich in nächster Zeit erreichen, würde das die Marktkapitalisierung der Kryptowährung auf einen Wert von annähernd 10 Billionen Dollar anheben und damit in die Nähe der Marktkapitalisierung von Gold. Es wäre mehr als eine Verzehnfachung seiner derzeitigen Marktkapitalisierung von knapp 900 Milliarden Dollar. 

Bitcoin ist zwar für seine extreme Performance bekannt, doch mit Blick auf die Vergangenheit erscheint eine weitere Verzehnfachung der Marktkapitalisierung eher unorganisch. In seinem ersten großen Bullrun zwischen 2011 und 2013 ist Bitcoin von einer Marktkapitalisierung von etwa 24 Millionen Dollar auf in der Spitze 13,6 Milliarden Dollar geklettert. Das entspricht ungefähr einem 540x. Im Bullrun zwischen 2015 und 2017 hat der Anstieg ein 165x betragen, von 2 Milliarden auf in der Spitze 330 Milliarden Dollar. Im zurückliegenden Bullrun lag die Spanne zwischen etwa 70 Milliarden im Tief bis auf etwa 1,3 Billionen Dollar in der Spitze, was ungefähr einem 18x entspricht.

Die deutliche Verringerung des Multiples ist logisch, da für jeden Anstieg ein Vielfaches mehr an Kapital notwendig ist. Langfristig ist eine Marktkapitalisierung im Bereich von 10 Billionen Dollar für Bitcoin nicht unmöglich, doch in diesem Zyklus würde es nicht dem bisherigen Wachstumspfad entsprechen.

Was würde ein Preis von 500.000 Dollar für Bitcoin bedeuten?

Damit Bitcoin in so kurzer Zeit einen so extremen Anstieg seiner Marktkapitalisierung erfahren kann, wäre deutlich mehr nötig als reine Spekulation an den Märkten. Die Attraktivität von Bitcoin als Investment-Vehikel müsste dazu aus fundamentalen Gründen steigen und würde die Geschwindigkeit der derzeitigen Adaption – die bereits exponentiellen Charakter hat – noch deutlich übertreffen. 

Der Bitcoin-Preis ist in den letzten Jahren aus zwei Gründen gestiegen. Zum einen, weil Bitcoin als Konzept weltweit immer bekannter wird und die Anwendung kontinuierlich steigt. Zum anderen, weil Bitcoin in der Finanzwelt angekommen ist und vermehrt als Spekulationsobjekt verwendet wird. Aufgrund seiner digitalen Limitierung in Kombination mit seinem autonomen Charakter ist Bitcoin besonders gut geeignet, von der fortlaufenden Geldmengenausweitung zu profitieren. Wir sehen derzeit eine hybride Form sowohl eines Risk-Off- als auch eines Risk-On-Charakters bei Bitcoin, da die Absicherung gegen die wachsenden Probleme im Finanzsystem und der spekulative Teil bei einem Investment in Bitcoin Hand in Hand gehen.

Sollte der Bitcoin-Kurs auf 500.000 Dollar und höher in den nächsten ein bis zwei Jahren steigen, dürfte die Ursache vor allem darin liegen, dass die geldpolitischen Exzesse weiter aus dem Ruder gelaufen sind. Es wäre eine Spiegelung der anhaltenden Geldmengenausweitung einerseits und dem schwindenden Vertrauen in das Dollar-System andererseits. Dieses Argument gilt bereits jetzt für Bitcoin, doch ein solch rapider Anstieg in einem so kurzen Zeitraum könnte nur bedeuten, dass die systemischen Probleme an einen Punkt geraten, der eine Kapitalflucht in eine Alternative wirklich dringend macht.

Bei einem Bitcoin-Kurs von 500.000 Dollar Ende 2024 oder Anfang 2025 wäre das Dollar-System wahrscheinlich noch lange nicht am Ende. Es wäre jedoch ein ganzes Stück näher an diesen Punkt gerückt. Finanzkrisen aus der Vergangenheit haben gezeigt, wie schnell sich eine Abwärtsspirale in einem System entwickeln kann, dessen Verbindlichkeiten nur zu einem Bruchteil mit echten Werten gedeckt sind. Zudem wären 500.000 Dollar in einem solchen Szenario, bemessen in tatsächlicher Kaufkraft, bei weitem nicht mehr das, was sie heute noch sind. 

Ein Bitcoin-Preis von 500.000 Dollar bis zum Ende des Jahrzehnts wäre daher aus meiner Sicht deutlich wünschenswerter, da dies wahrscheinlich einen wesentlich weniger harten Übergang in eine tokenisierte digitale Welt und eine Rückkehr in ein gedecktes Geldsystem darstellen würde. Ein Umbau des derzeitigen Finanzsystems ist notwendig, da die Probleme Überhand nehmen und die Allgemeinheit am meisten darunter leidet, während wenige Wirtschaftsakteure besonders davon profitieren. Doch ein Umbau dieses Ausmaßes benötigt wesentlich mehr Zeit. Sollten die optimistischsten Prognosen für diesen Bullrun eintrefen, würde aus meiner Sicht Grund zur Sorge bestehen. Umso mehr scheint es sinnvoll, etwas Bitcoin im Depot zu haben. Unter Eigenverwahrung versteht sich.

Denken Sie langfristig!

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